Bekommt man bei der Mensur einen Schutz bei der Nase?
Ich beziehe mich auf Akademikerverbindungen (wie zB. B! Olympia) und nicht pennale Verbindungen, wo man oft oberkörperfrei ficht. Der Mann rechts (Bild) hat ja gar keinen Schutz auf der Nase, aber kann da nicht durch einen Schlag der ganze Nasenknorpel entstellt werden?
2 Antworten
Nein.
Die Brille reicht doch.
Du wirfst da einiges durcheinander. Ich bin aktiver Student einer pflichtschlagenden Studentenverbindung aus Frankfurt, habe selbst ebenfalls auf Mensur gestanden und versuche mal etwas Licht ins Dunkel zu bringen.
- Oberkörperfrei wird in gesamt Deutschland nicht gefochten, ist auch meines Wissens nach in jedem Waffenring (ein Zusammenschluss von pflichtschlagenden Bünden die sich örtlich relativ nah stehen - dieser Waffenring reguliert Feinheiten was gewissen Regeln auf Mensur angeht und sucht für die Paukanten Gegner, die wichtigsten Regularien gibt für die Mensur gibt aber meist der Dachverband vor der Verbindungen vor) Incommentgemäß. Oberkörper freies fechten kenne ich nur von Säbel-Partien, da dort der Oberkörper die erlaubte Trefferfläche ist (in Deutschland wird nur noch mit Korb- und Glockenschlägern gefochten und die Trefferfläche ist ausschließlich der Kopf des Gegenüber). Da Säbelpartien mit viel Pech lebensgefährlich ausgehen können z.B. bei einem versehentlichen Schlag der die Lunge oder das Herz des Gegenüber "punktiert"^^, sind diese in Deutschland >verboten<. In Österreich gibt es noch einige wenige die noch gelegentlich auf Säbel fechten, aber selbst dort ist das meines Wissens nach keine Pflicht.
- Was die Schutzbekleidung angeht: Die Mensur-Brille die du dort auf dem Bild siehst, besteht aus mehreren zusammengesetzten Einzelteilen. Zum Einen hast du den "Brillenteil" der auch vor den Augen vergittert ist. Die Riemen sind meist noch mit dem sogenannten "Ohrenleder" verbunden. Ebenfalls Teil der Brille, ist das sogenannte "Nasenblech". Dies kann man abschrauben und es mag sicher schon verschärfte Partien auch heute noch geben, die auf das Nasenblech verzichten um die Partie noch risikoreicher zu gestalten, aber das habe ich in DE noch nicht erlebt und ich habe weit mehr als 100 Partien gesehen - in jedem unserer Bundesländer.
Die Schutzbekleidung besteht in der Regel, bei einer scharfen Mensur (ich spreche an dieser Stelle aus Sicht des Frankfurter Waffenrings) aus:
- Mensur-Brille (+ Ohrenleder, + Nasenblech - heißt alles was am Kopf hervorsteht und theoretisch von einer Klinge "abgeschlagen" werden könnte, ist geschützt.
- "Hackenfänger" (Ein Paukhandschuh, der am Hinterkopf vom Brillenriemen fixiert wird. Dieser soll den Hinterkopf schützen, wobei dort auch in der Regel keine Treffer landen).
- mehrere Hals-Bandagen, die groß genug sein müssen um den gesamten Hals zu umschließen und bis zum Kinn reichen. Diese werden dermaßen fest gezurrt, dass es eigentlich unmöglich ist am Hals (was selbstverständlich sehr gefährlich wäre) getroffen zu werden.
- eine Kettenbrünne, dies ist quasi eine letzte Hals-"Bandage", die über die bereits angesetzten Bandagen gezogen wird und da sie aus Stahl ist, die Bandagen vor eventuellen Schäden schützen.
- Kevlar Weste für den Oberkörper
- Kettenhemd (langärmelig) für den Oberkörper
- Schutzbekleidung für die Beine(meist eine Art fester, dicker Leder"rock" mit Kevlarelementen, der die Beine abdeckt)
- Armstulp am Waffenarm (schützt den Arm der die Klinge führt, der freie Arm wird auf den Rücken genommen)
- Mensurhandschuh (versteht sich)
- Mensur-Schläger (also die scharfe Waffe)
Heißt, ganz dumm formuliert: Selbstverständlich werden auch bei den Mensuren im Jahre 2017 noch regelmäßig Leute von der Klinge des Gegenüber getroffen. Dies blutet auch, die Klingen sind in etwa so scharf wie in Küchenmesser, aber natürlicher schwerer und werden schnell geführt.
ABER: Es kann im Prinzip NICHTS getroffen werden, was gefährlich wird. Sollte man getroffen werden, gut, dann hat man einen Schnitt am Kopf. Dieser wird vor Ort sofort von einem Arzt vernäht (Ärzte sind Anwesend bei Mensuren) und von 90% der Treffern, sieht man 1-2 Jahre später wenig bis gar nichts mehr. Das Gefahr einer blutenden Verletzung ist bei einer Mensur nicht höher oder gefährlicher als zum Beispiel das Boxen. Wenn man ehrlich ist, dann ist boxen sogar gefährlicher, da nebst brüchen, Hämatomen, Blutgerinseln und dergleichen auch ein (wenn auch kleiner) Schaden am Hirn in Kauf genommen wird, bei jedem Schlag der mit ordentlicher Wucht den Kopf getroffen hat.
Sicher sind Mensuren etwas aufregendes, aber so mystifiziert sind diese Fechtpartien nur deshalb, weil die zivile Gesellschaft i.d.R. keine Gelegenheit, sich das mal live anzugucken und erklären zu lassen. Ich denke viele würden, nachdem sie eine Partie gesehen haben sagen, dass das weitaus weniger dramatisch ist als man sich das immer vorgestellt hat.
Bei weiteren Fragen, schreib mir gerne per PN.
Edit: Pennalverbindungen sind übrigens SCHÜLERverbindungen. Waffenehrlich bist du nur als Mitglied einer schlagenden Studentenverbindung (heißt als reiner Pennal-Korpo, würde man gar keinen Gegner zugeteilt bekommen weil man nicht fechten darf, dieses "Recht" haben nur die Studenten).