Warum fällt uns Warten so schwer?

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Ich würde sagen, es liegt nicht daran, dass man nicht zur Ruhe kommen kann etc. Denn zur Ruhe zu kommen, sich zu entspannen, zu meditieren, "nichts zu tun" (bewusst, zur Entspannung) ist etwas ganz anderes als Warten. Warten bedeutet, immer auf Habachtstellung zu sein: Passiert gleich etwas? Wann passiert etwas? Wann muss ich bereit sein?
Man kann gerade nicht ausspannen, weil man nicht weiß, wann er weitergeht. Das gilt für Staus, Warten an der Kasse, Warten auf Verabredungen, die nicht rechtzeitig da sind usw.

Das gilt etwas weniger fürs Warten beim Arzt. Da schaffen es viele, zu lesen, zu schreiben, sich anderweitig produktiv und leise zu beschäftigen oder ihren Gedanken nachzuhängen. Im Wartezimmer muss man nicht auf Habachtstellung sein, man kann ganz entspannt seine Tasche nehmen, wenn man aufgerufen wird und kann nichts verpassen.

Wer kennt das Warten auf den Bus, der zu spät kommt? Kommt der noch? Kommt der gleich? Da hinten ist etwas Rotes, ist er das? Was, wenn ich jetzt zu spät komme, bekomme ich Ärger? Was, wenn der nächste Bus auch ausfällt? Usw. In so einer Situation kann man sich nicht entspannt mit einem Buch hinsetzen oder mal die Oma anrufen, man muss aufpassen, dass z.B. der Bus nicht vorbei fährt und rechtzeitig bereit stehen. Dabei entspannt wohl fast keiner.

Warten ist eine ungeplante Leerzeit mit ungewisser Dauer.

Entspannung ist eine geplante Leerzeit mit relativ bekannter Dauer. Bei der Entspannung weiß ich, was ich machen möchte und wo ich sein möchte, beim Warten muss ich an einem vorgeschriebenen Ort (Stau, Kasse, Haltestelle) sein und habe eben gerade NICHTS anderes zu tun. Fange ich an der Kasse an, mit dem Handy zu spielen, werde ich angemotzt, wenn ich nicht schnell genug die Lücke vor mir fülle. Überhaupt ist die Zeit für Beschäftigungen meist zu kurz, wenn ich das Handy auspacken würde, müsste ich es schnell wieder einpacken, bevor ich bezahlen soll. Die Zeit ist nicht objektiv lang - meist nicht länger als 5 bis 10 min - sondern subjektiv, weil die Tätigkeit nicht interessant ist und uns daher die Zeit in der Schlange extrem lange vorkommt. Wir müssen stehen, aufpassen, wann es weitergeht, wissen nicht, wie lange der Kunde vor uns braucht und ärgern uns dann, wenn er länger braucht, als wir erwarteten, weil wir die erwartete Zeit eingerechnet haben, die längere Wartezeit aber ungeplant und ungewiss ist und nicht beeinflusst werden kann - wir sind also ausgeliefert in einer Situation, in der wir uns schwer sinnvoll ablenken können.

Die Tücke des Wartens ist die Aufmerksamkeit, die eine langweilige Tätigkeit wie Stehen und langsam Weitergehen oder Sitzen, ohne etwas zu tun zu haben, uns abverlangt.

Das Genervtsein entsteht aus dem Verlust über die Kontrolle unserer Tätigkeiten und der Unkenntnis über die Dauer dieser Leerlaufperiode.

Kinder können oft gut warten, weil/ wenn sie sich beschäftigen können. Sie fangen dann, scih Geschichten oder Spiele auszudenken oder werden anderweitig kreativ - und verpassen ihren Einsatz, wenn die Wartezeit vorüber ist, worüber die Erwachsenen oft frustriert sind. Erwachsene machen daher meist in Wartezeiten nicht und so steigt ihr Frust.

Wer Wartezeiten produktiv nutzt, etwa mit der Tagesplanung für den nächten Tag, Überlegungen für anstehende Geburtstagsgeschenke, Urlaubsplanung, Überlegungen zu einem möglichen Roman oder Computerspiel etc. - also kreativ wird, ohen zu stören oder die Wartezeit der anderen zu verlängern, ist oft weniger bis gar nicht frustriert.

Warten tut man dann, wenn eine Zeitspanne ungewollt länger dauert, als man gedacht hat und einkalkuliert hat. Je länger diese Zeitspanne andauert, je unklarer es ist wie lange sie noch dauern wird, als umso mühsamer wird sie wahrgenommen. Man ist so quasi ständig auf dem Sprung, man wartet, und nichts geschieht. Man macht dafür meistens andere Menschen verantwortlich, welche Schuld daran seien, dass man warten muss. Manchmal ist es so, oftmals aber auch nicht. Warten kann man lernen indem man diese Zeit als Gewinn betrachtet und nicht als Verlust.

Hallo!

Oft ist es so, dass die Leute zu ungeduldig sind. Ich vermute stark, dass das an dieser "zack, zack"-Mentalität liegt, laut der immer alles schneller und schneller gehen muss und nix schnell genug ist.

Viele lernen es von "coolen", chronisch gestressten Eltern auch nicht anders & kriegen es in einer zusehends leider egozentrisch gepolten Gesellschaft nur so mit ----> ich, ich, ich, mein Wille zählt und das bitte an aller-aller-allererster Stelle & alle anderen mit ihren Wünschen und Anträgen sind unwichtig und können hinten anstehen, Hauptsache ich, ich, ich^^ davon kann man freilich halten, was man will, aber ich habe genau diese Situation in meiner Altersklasse sehr oft erlebt (Jahrgang 1990/91).

Ich persönlich empfinde die Warterei nur dann als unangenehm, wenn ich unter Zeitnot stehe und bspw. spät dran bin, aber noch einen wichtigen Anruf erwarte, den ich unbedingt noch annehmen muss -----> ist mir im Job vor einigen Wochen mal so gegangen, aber das ist Gott sei Dank eher die Ausnahme.

Diese Gemütlichkeit habe ich von meinem Opa vorgelebt bekommen, er war wie ich bin & ich bin kein Langsamer, aber einer, der nix von künstlichem Gestresse hält. Wer sich ständig aufregt und immer gleich total fahrig und aufgekratzt auf Grund läuft, schadet auf Dauer nur seiner Gesundheit & seiner Psyche und soooo wichtig kann nix sein. Der Mensch stresst sich in den meisten Fällen aus falschem Ehrgeiz und aus Angst was zu verpassen nur selber. An der deutschen Mentalität kann das auch liegen, ich weiß es nicht aber es spielt möglicherweise mit rein.

Ich weiß auch nicht ob es sich bei meiner Lebensweise zeigt, dass ich aus einer osteuropäischen Familie stamme.

Urlewas  18.05.2018, 23:28

...schuld sind die Eltern? Glaub ich nicht. Meine Kinder (wenig jünger als Du) sind nämlich wesentlich ungeduldiger als ich. Wir als Eltern versuchen ihnen ständig, die „kreative Langeweile“ schmackhaft zu machen, aber gegen den Strom der Zeit unserer Gesellschaft kommt man nicht an. Er reißt unsere Kinder mit sich fort.

rotesand  18.05.2018, 23:38
@Urlewas

Ich sage mal so: Die Jungen machen es meistens den Alten nach, außer wenn sie komplett rebellieren. So ist zumindest meine eigene Beobachtung.

Mir geht das nur so, wenn ich nicht viel Zeit habe. Ansonsten bin ich ein sehr geduldiger Mensch bzw. habe das Warten auf gewisse Dinge aufgegeben.

ich denke es könnte an der Geduld oder auch daran liegen, wie Zeit empfunden werde. manche Personen warten gerne, andere hätte zeitlicheren Stress und dann gäbe es noch überpünktliche Personen wie mich, welche danna cuh mal 2 Stunden auf befreundete Leute warten (und bei Termine oder Besuche sich Stunden zuvor schon bereit fühlen, den Gegenüber zu empfangen und dieser wäre erst noch sich am Weg befindlich).

demnach denke ich, dass nicht jede Person das Warten unpositiv empfinden würde.