Bei Haushaltsunfällen schneller als erlaubt ins Krankenhaus fahren?
Ich weiß das man in bestimmten Situationen schneller als die erlaubten Km/h Zonen anzeigen, fahren darf. Beispielsweiße wenn die Gattin kurz vor der Entbindung steht oder bei Bedrohung.
Meine Tochter ist vor kurzem aus der Schaukel gefallen & mit dem Gesicht auf den Beton aufgeschlagen, ich bin mit gut und gerne 160 km/h außerorts ins Krankenhaus gefahren. Vor einem Jahr hab ich mir fast den Finger abgeschnitten, da ist meine Frau ebenfalls mit sehr hoher Geschwindigkeit ins Klinikum mit mir gedüst. Noch einige weitere Dinge sind bereits passiert wo wir die erlaubten KMH bei weitem überschritten haben. (Krankenwagen hätte in allen Fällen zu lange gebraucht) Ist es auch in solchen Fällen erlaubt derart schnell zum Krankenhaus zu fahren? Wie sieht das rechtlich aus, wenn eine Strafe droht, fällt diese dementsprechend milder aus?
Danke im Voraus
9 Antworten
Prinzipiell darfst du als Bürger die geltenden Gesetze und Bestimmungen natürlich nicht überschreiten. Wenn du es doch tust, weil ein Notfall vorliegt, kann es sein, dass du damit straffrei durchkommst. Dies regelt Paragraph 34 des StGB: rechtfertigender Notstand. Darin ist geregelt, dass jemand der Gesetze überschreitet um ein höheres gut zu retten (zB ein Leben oder die Gesundheit) dann straffrei ausgeht, wenn er im Zuge dieser Bemühungen Gesetze überschreitet. Ein super Beispiel ist der Ersthelfer, der eine Herz-Lungen-Wiederbelebung durchführt. Dabei handelt es sich eindeutig um eine Körperverletzung, denn man bricht dem Betroffenen mit hoher Wahrscheinlichkeit viele Rippen und tut ihm ziemlich weh. Dies ist aber notwendig, um sein Leben zu retten. Ähnlich könntest du argumentieren, wenn du eine Person wegen eines Notfalls mit hoher Geschwindigkeit in ein Krankenhaus fährst, allerdings gibt es hierbei ein Problem: um den rechtfertigenden Notstand in Anspruch nehmen zu können ist es zwingend erforderlich, dass der von dir gewählte Weg der in dieser Situation einzige richtige war. Also sprich, die Gefahr für die Gesundheit oder das Leben eines anderen Menschen muss so akut und so groß sein, dass keine andere Maßnahme mehr hilft, als die Geschwindigkeit massiv zu überschreiten. Und diese Grenze ist tatsächlich die, wo es meistens schwierig wird. Du hast gesagt, dass ein Krankenwagen in allen Fällen nicht rechtzeitig da gewesen wäre. Ist das so? Woher willst du das wissen? Bist du Arzt? Weißt du, wie weit der nächste Krankenwagen entfernt gewesen wäre? Das werden die Fragen sein die dir im Zweifelsfall ein Richter stellt. Und wenn du dann nicht sicher sagen kannst, dass die Entbindung exakt 7,5 Minuten bevorstand, ein Krankenwagen aber mit Anfahrt und Rückfahrt 8,5 Minuten gebraucht hätte, dass die Betreuung der Schwangeren im Krankenwagen schlechter gewesen wäre als bei dir im Auto und dass du auch noch die nötige Fachkenntnis gehabt hättest, eine Geburt nötigenfalls auf der Fahrt durchzuführen-dann siehst du alt aus. Das heißt, die Antwort auf deine Frage lautet: theoretisch darf man Gesetze übertreten, um ein höheres Gut zu retten und geht straffrei aus. Die Hürden hierfür sind allerdings recht hoch und man kann nicht einfach so sagen, dass der Schnitt in den Finger anders nicht hätte zu retten sein können, als mit 130 durch eine verkehrsberuhigte Zone vor einer Schule zu knallen.
Und noch ein Kommentar: du wirst deines Lebens nicht froh, wenn du bei so einer Aktion ohne Blaulicht und Martinshorn ein Kind überfährst, das deine Geschwindigkeit nicht richtig einschätzen kann. Mal ganz plakativ gesagt. Dann nützt dir dann auch der gerettete Zeigefinger nichts
In meinen Fällen hatte ich zuvor gleich den Krankenwagen kontaktiert, der jedoch nicht in der Nähe von meinem Wohnort war. Die Dame am Telefon gibt ja Auskunft wo der Wagen sich gerade befindet, so konnte ich wissen das ich mit dem Auto schneller bin. Gedanken über die Versorgung während der Fahrt habe ich mir allerdings schon gemacht, alleine als Fahrer ist das natürlich ein Problem, sollte mit der verletzen Person etwas während der Fahrt sein. Ich denke auch deswegen werde ich das nächste mal den Rettungswagen warten.
Naja... die geben eigentlich keine Auskunft... aber vielleicht hatte sie nen guten Tag. Wie dem auch sei - fahr lieber entweder einigermaßen angemessen oder nimm doch den Rettungswagen. Du machst dich sonst eventuell recht unglücklich.
So lange die Möglichkeit besteht einen Krankenwagen zu rufen und dieser nicht offensichtlich verhindert wird (z. B. durch eine aktuelle Katastrophe) dann kannst du dich nicht auf einen rechtfertigenden Notstand berufen. Der Krankenwagen wird im Gegensatz zu dir direkt vor Ort Ersthilfe leisten und den Verletzten soweit stabilisieren, dass es dann auch nicht mehr auf jede Minute ankommt.
Etwas anderes wäre es, wenn die Frau während der Fahrt Wehen bekommt und du einfach nur bis zum nächsten Krankenhaus weiter fährst. Ansonsten muss es wortwörtlich um Leben und Tod gehen, damit du dir herausnehmen kannst weitere Todesopfer auf der Straße zu riskieren.
Schneller fahren darf !nur! der Krankenwagen, Notarzt, Feuerwehr, Polizei. Deswegen sollte man im Falle einer akuten Situation immer die Rettung rufen und nicht selber fahren.
(Krankenwagen hätte in allen Fällen zu lange gebraucht)
Woher willst du das wissen??
Weil ich erst den Krankenwagen gerufen habe und die Auskunft mir dort mitteilte das er an einem anderen Standort ist. So konnte ich abschätzen das ich mit dem Auto schneller bin.
Strafe kommt trotzdem! Unfälle zuhause rechtfertigen kein zu schnelles Fahren.
Wie sollte das auch geregelt werden?
10km/h schneller erlaubt bei Brandverletzung, 20km/h schneller beim Verlust eines Fingers und 50km/h bei Schwangerschaft?
Im Einzelfall kann mit Begründung und ev. Beweisen die Strafe milder ausfallen, aber die Regel ist das nicht.
Immerhin gefährdest du mit so einer Aktion dich selbst UND die anderen Verkehrsteilnehmer.
DorktorNoth hat da schon sehr ausführlich und detailliert dargestellt was Sache ist. Ein paar Ergänzungen werde ich mir dennoch erlauben. Angenommen der Daumen ist von der Kreissäge ab. Dann ist das zunächst erst mal kein Problem. Im Gefrierbetel einpacken und den wiederum in einen anderen Beutel mit etwas Eiswasser, dann kann man den auch nach 1 oder 2 Stunden wieder anflicken.
Sicherlich ist da Not am Mann und je schneller der Finger samt Patient im OP ist, desto besser. Aber jetzt kommt´s. Stellt sich bei dem Patienten auf dem privaten Transport ein Schock ein, hast Du noch ein ganz anderes Problem. Denn ein Schock ist ein lebensbedrohlicher Zustand. Bei der Fahrt im KRKW ist jemand dabei, der entsprechend einschreiten und helfen kann. Das kannst Du sicher nicht!
Sonst kommt der Patient ggf schnell genug in´s Krankenhaus, um den Finger wieder anzuflicken, braucht aber den Finger nicht mehr, weil er tot ist.
Und eine Frau kann theoretisch auch ein Kind auf einem Kartoffelacker bekommen. Währe nicht das erste Mal! Kritisch sind dann zb Steißlagen oder wenn die Nabelschnur droht das Kind zu "erdrosseln", Blutungen.... Das kannst Du u.U. nicht bemerken und auch nicht beurteilen bzw behandeln.
Tausende solcher Beispiele könnte ich Dir nennen. Aber nur einen guten Rat dazu:
Egal wie lange es Dir vorkommen mag, bis der Notarzt oder KRKW da ist. Ruhig bleiben und überlegt, besonnen handeln, bringt Dich rechtlich nicht in Schwierigkeiten und ist für den betroffenen Patienten auch immer die klügere Entscheidung!
Und noch ein Fazit: halt dich an die Geschwindigkeitsbegrenzungen oder ruf eben doch einen Rettungswagen. Das ist die sichere Nummer. Ansonsten wirst du mit ziemlicher Sicherheit die Konsequenzen tragen müssen. Ein Tipp: in Deutschland ist im Durchschnitt in 6,5 Minuten ein Rettungswagen bei dir. Dieser kann in jedem Fall eine medizinische Erstversorgung durch nehmen, das ist nicht erst in der Klinik möglich.