Benzoentzug, totaler Quatsch?

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Du hast im Grunde Recht mit dem was du schreibst. Geringe Dosen Benzodiazepine sind langfristig alles andere als schädlich (viel weniger als Zigaretten oder Alkohol) und ein Entzug ist keine medizinische Notwendigkeit! Warum viele Ärzte mittlerweile doch der langfristigen Verordnung von Benzodiazepinen kritisch entgegenstehen hat komplexe Gründe.

  • sorgloser Umgang mit Benzodiazepinen und Opiaten in der Vergangenheit und viele Abhängige
  • Missbrauch in hohen Dosen vorallem in der Drogenszene und mitunter Todesfolgen (im Mischkonsum, solo nicht) und Beschaffungskriminalität
  • Benzos als Stimmunsregulator zu missbrauchen und psychische Sucht, Dosissteigerung, Konsum anderer Drogen & Arzneimittel - wobei das auch nicht auf alle zutrifft

Wenn das NICHT zutrifft und man Benzos nicht missbraucht sondern nur therapeutisch einnimmt, dann ist ein erzwungener Entzug tatsächlich unnötig. Dann stehen "nur" die Nebenwirkungen (Müdigkeit, Alltagsbeeinträchtigung, etc.) dem gegenüber.

Aber bei nicht wenigen geht der Gebrauch in Missbrauch über. Ist ja normal, ist ja auch ne angenehme Sache.

Gruß Chillersun

DocHouse981  25.03.2017, 22:51

Das ist in der Tat eine weit verbreitete Meinung unter Medizinern.

Gemäß den neusten Studien greift sie m.E. leider zu kurz. 

Die dauerhafte Einnahme eines BZD auch im Rahmen einer Low-Dose-Dependency hat langfristig negative Folgen. Dabei beachte man: 

1.) Bezüglich der sedierenden, hypnotischen und muskelrelaxierenden Wirkung der BZD stellt sich eine Toleranz ein, nicht jedoch gegenüber der anxiolytischen Wirkung (d.h. bei manchen Angsterkrankungen kann eine langfristige Therapie indiziert sein). 

2. 3-Stufen-Modell von Holzbach: In der 1. Phase kommt es zur Toleranzentwicklung wie oben beschrieben und langfristig zu einer sog. „Wirkumkehr“. In Studien hat sich gezeigt, dass die körperliche Gegenregulation etwas überschießend ist, so dass bei gleicher Dosierung langfristig relative Entzugserscheinungen auftreten, die oft als Verschlechterung der Grundkrankheit missinterpretiert werden. In der 2. Phase folgt eine diskrete Dosiserhöhung, dabei bildet sich das sog. „Apathie-Syndrom“ heraus mit affektiver Indifferenz, fehlender körperlicher Energie und kognitiv-mnestischen Defiziten (wird vom Pat. meist selbst nicht wahrgenommen). In Phase 3 (wenn zusätzliche Quellen verfügbar sind) kann dann eine Hochdosisabhängigkeit entstehen (muss aber nicht).

3. Die Geschichte der Pat. kann durchaus auch (jetzt lediglich aus den von ihr gemachten Angaben) als Entzugskrampfanfall gewertet werden (Phase 1 mit Wirkumkehr, diese kann sich auch nach Jahrzehnten erst einstellen!), die Umstellung auf und Erhöhung von Rivotril als Reaktion darauf (Phase 2).

4. Ein BZD-Entzug ist bei Low-Dose-Dependency aus ärztlicher Sicht stets und in jedem Alter sinnvoll und möglich, für eine Langzeiteinnahme besteht meist keine Indikation/Nutzen, die Belastung eines Entzugs wird überschätzt, die Langzeitnebenwirkungen unterschätzt. 

Allerdings muss man unter Würdigung des Gesamtzustands des Patienten eine Nutzen-Risiko-Analyse vornehmen und über die Pharmakologie und die Vorgehensweise beim Entzug genau Bescheid wissen (How to), denn falsch durchgeführte gescheiterte Entzüge können traumatische Erinnerungen hinterlassen, die einen weiteren Versuch erschweren. 

Niemals sollte ein Entzug erzwungen werden. Der Patient sollte im Rahmen einer motivierenden Gesprächsführung selbst ggf. bestehende Beeinträchtigungen erkennen, viele berichten eine Befindensbesserung nach dem Entzug. 

(Vgl. Holzbach, R.: Der Benzodiazepientzug und seine Behandlung. Suchttherapie 2006; 7: 97-106 - 

Ashton, H.: Benzodiazepines - How they work and how to withdraw. http://www.benzo.org.uk)

 Also,was soll der Quatsch, Benzos in geringen Mengen ohne Dosissteigerung zu entziehen.

Zum Beispiel um wieder klar zu denken und nicht ständig "leicht beduselt" durch die Gegend zu laufen. 
Oder ohne den ständigen Gedanken: Habe ich noch genug von dem Sauzeugs oder muss ich mir wieder meine Happy Pills besorgen.

Trogon 
Beitragsersteller
 02.09.2016, 19:25

Rivotril ist ein Anti- Epilepsie Medikament. Wer andere nicht verträgt MUSS es nehmen. Valium nehme ich natürlich nicht mehr.  Nach 5 Jahren täglicher Einnahme von 10 mg Valium oder 1 mg Tavor Null Wirksamkeit. Placeboeffekt sonst nix.

DerNeueimBlock  02.09.2016, 19:28
@Trogon

Du denkst ernsthaft dass Valium/Tavor nicht wirksam ist?

Trogon 
Beitragsersteller
 02.09.2016, 19:42
@DerNeueimBlock

Beispiel die bekannten Antidepressiva SSRI. Citaprolam, Fluoxetin etc. 

am Anfang wundermedikamente, mittlerweile hat man bei Tests herausgefunden, dass Placebos sehr, sehr oft die selben Wirkungen haben, aber nur ohne Nebenwirkungen, die teilweise heftig sind bei ADs.

Placebos sind ja nur zuckerpillen, trotzdem der Glaube versetzt Berge.........

Trogon 
Beitragsersteller
 02.09.2016, 19:55
@Trogon

Außerdem nahm ich Valium immer am Abend. Das High hab ich eh verschlafen. Okay Valium hat einen lange Halbwertzeit. 1 mg lorazepam vorm schlafen ist noch harmloser. 

onomant  02.09.2016, 19:58
@Trogon

Nach 5 Jahren täglicher Einnahme von 10 mg Valium oder 1 mg Tavor Null Wirksamkeit. Placeboeffekt sonst nix.

Das nennt sich Toleranzentwicklung

https://de.wikipedia.org/wiki/Toleranzentwicklung

dass Placebos sehr, sehr oft die selben Wirkungen haben

Nur wenn ein Medikament eine deutlich höhere Wirksamkeit hat als ein Placebo bekommt es überhaupt eine Zulassung.

Zusammenfassend kann man sagen, dass du sowohl von Benzos als auch von Antidepressiva wohl nicht viel Ahnung hast.

Trogon 
Beitragsersteller
 02.09.2016, 20:20
@onomant

Das mit dem Placebo Effekt von Ads fand man ja erst viel später heraus. Prozac ( Fluoxetin ) machte in den neunzigern einen jährlichen Milliardenumsatz. 

Jetzt werden immer mehr selbstmorde, amoklaüfe von Personen bekannt die unter dem Einfluss von SSRIs stehen/standen. U.a der Amokläufer von M.

mairse  02.09.2016, 21:07
@Trogon

Also Benzos sind ganz sicher keine Placebomedikamente. Dass bei manchen Menschen Placebos ähnlich anschlagen mag sein, aber dass heißt nicht dass das eigentlich Medikament deswegen keine Wirkung hat. Ob es zu einem Placeboeffekt kommt, kommt auf die Erwartungshaltung des Patienten an, richtige Medikamente wirken aber auch so (mal wenige Fälle ausgenommen die bestimmte Medikamente nicht vertragen/nicht darauf anspringen).

Die Wirkung von Valium ist eigentlich schon sehr deutlich, natürlich haut sie einen nicht um bei 10mg, aber das soll sie ja auch nicht. Die Tavorwirkung bemerken deshalb soviele nicht, weil Tavor fast ausschließlich angstlösend ist, jedoch so gut wie nicht sedierend. Unter Tavoreinfluss ist man etwas enthemmter, bemerkt das aber selbst meist nicht. In hören Dosen bemerkt man die Wirkung aber auch sehr. Und jeder der schonmal eine Panikattacke mit Tavor überwunden hat weiß wie stark dieses Medikament sein kann.

Trogon 
Beitragsersteller
 03.09.2016, 10:10
@mairse

Für meine Mutter war das Valium die logische Weiterentwicklung der nicht ungefährlichen Babiturate, also Schlaftabletten. Wäre niemals auf die Idee gekommen  sie tagsüber zu nehmen.

Jetzt weiß ich natürlich dass es Schwachsinn war. Aber wer wegen  einer Valium oder Tavor am Abend stationär in Entzug gehen soll....

Noch größerer Schwachsinn. 

Manche gesunde Menschen nehmen ein Benzo ja schon zum Frühstück zusammen mit Kaffee. Ein Upper, Koffein und ein Downer gleichzeitig ist ja totaler Schwachsinn..... Bzw Speedball in der Drogenszene.

Speedball ist die gleichzeitig intravenöse Gabe von heroin und Kokain. Wirkung soll kurzfristig supertoll sein. Aber daran sind schon viele verstorben, da heroin länger wirkt als koks.

Bei Wirklich Kranken mit Panikattacken etc.... sieht die Sache mit der Benzo Einnahme tagsüber, möglichst kurzfristig natürlich gaaaaaanz anders aus, das ist ja wohl klar.

So einfach ist es nun auch wieder nicht.

Natürlich hast du grundsätzlich und unter pharmakologischen Gesichtspunkten Recht. Benzodiazepine sind praktisch ungiftig und schädigen den Körper nicht. Leber und Nieren bleiben gesund.

Aber, und das ist ein großes Aber: Benzodiazepine vermindern auch in therpeutischen Dosierungen die Reaktionsfähigkeit, zum Beispiel im Straßenverkehr und im Arbeitsleben, und zwar auch dann, wenn man daran gewöhnt ist. Du merkst das selbst nicht, aber man kann es messen.

Das kann für die betreffende Person und auch für die Umgebung gefährlich werden. Die muskelentspannende Wirkung erhöht außerdem die Gefahr für Stürze bei älteren Menschen.

Insofern ist auch eine "low dose"-Abhängigkeit ohne Dosisteigerung eine gesundheitliche Gefahr für den betreffenden Menschen.