Einen Erstickten wiederbeleben?
Hallo,
wenn eine erwachsene oder jugendliche Person zu ersticken droht, dann sollte man ja den Heimlich Handgriff anwenden.
Aber was wenn die Person schon erstickt ist und tot ist. Dann sollte man mit der Herzdruckmassage beginnen, oder? Was passiert dann mit dem Fremdkörper der sich in der Luftröhre befindet? Wird der bei der Herzdruckmassage gelockert und kann dann im Mund entfernt werden?
LG
4 Antworten
Erstmal: Ersticken und Ersticken ist nicht das Gleiche. Der Heimlich-Handgriff nützt nur dann etwas, wenn ein Fremdkörper die Atemwege verstopft... aber nicht, wenn die Atemwege zugeschwollen sind. Auch daran kann man ersticken.
Der Heimlich-Handgriff ist eine Oberbauchkompression: Du drückst in den weichen Bauch, um das Zwerchfell gen Brustkorb zu drücken und so einen Überdruck in der Lunge zu erzeugen, der den Fremdkörper nach draußen befördert (habe ich bisher einmal gemacht, klappte bestens). Dadurch, dass der Bauch weich ist, ist das Verletzungsrisiko relativ gering (aber vorhanden!), du bekommst aber auch nicht so viel Druck auf die Lunge, wie anderweitig möglich wäre.
Und völlig richtig: Wenn die Person das Bewusstsein verliert (und du erwartungsgemäß keine normale Atmung feststellst), beginnst du mit der Wiederbelebung. Dabei führst du zuerst 30x die Herzdruckmassage durch.
Die Herzdruckmassage heißt nicht ohne Grund auch Thoraxkompression... das heißt, du drückst den Brustkorb zusammen. Und dahinter ist direkt die Lunge. Das heißt, du drückst nichts Weiches zusammen, das in alle Richtungen ausweichen kann, sondern erzeugst direkt Druck in der Lunge. Damit bekommst du mehr Druck hin als mit der Oberbauchkompression, was normalerweise den Fremdkörper ausreichend lockert, dass Luft rein und raus geht. Allerdings brichst du dem Patienten dabei sehr wahrscheinlich einige Rippen, weshalb diese Maßnahme nicht angebracht ist, wenn man noch Alternativen hat.
Wenn das nicht ausreicht, um den Fremdkörper zu entfernen, machst du trotzdem weiter... ein Grundprinzip der Ersten Hilfe ist "keep it simple". Und solange der Mensch vor dir nicht bei Bewusstsein ist und nicht normal atmest, führst du die Wiederbelebung durch. Bis der Rettungsdienst da ist.
Solange man noch wiederbelebt, gilt eine Person übrigens noch nicht als tot. Tot ist sie erst, wenn (durch medizinische Fachkräfte) festgestellt ist, dass man nichts mehr machen kann. Dann verbietet sich die Wiederbelebung aus Gründen der Pietät.
Wenn die Person bereits tot ist, nutzt die Herzdruckmassage auch nichts mehr.
Sind noch Lebenszeichen vorhanden, der Patient aber bewusstlos, darf der Heimlich Handgriff nicht angewandt werden. In diesem Fall wird mit der Herz-Lungen-Wiederbelebung begonnen. Steckt bei Bewusstlosigkeit ein Fremkörper in den Atemwegen, der die Sauerstoffzufuhr komplett behindert, kann man während der Massnahmen zur Herz-Lungen-Wiederbelebung nur hoffen, dass der Notarzt schnell eintrifft.
Sind noch Lebenszeichen vorhanden, der Patient aber bewusstlos, darf der Heimlich Handgriff nicht angewandt werden.
Bewusstlosigkeit + fehlende normale Atmung (was beim Bolusgeschehen die Regel sein wird) führt in der Ersten Hilfe automatisch zur Wiederbelebung. Und nichts anderem.
Welche Lebenszeichen erwartest du von jemandem, der bewusstlos ist und nicht atmet? Gut, in den ersten 1-2min könnte es noch Schnappatmung geben, aber würdest du wirklich jeden Rettungsversuch unterlassen, nur weil sich die Person erwartungsgemäß nicht mehr bewegt?
Wie unser Trainer beim BG-Kurs letztens sagte: ob der Verunfallte tot ist, entscheiden nicht Sie. Ausser Sie sind Arzt und können den Tod auch unter Eid bezeugen
Die aktuellen Leitlinien des ERC von 2015 sagen folgendes:
- Die Person hat etwas verschluckt ABER der Husten ist effektiv und laut und die Person kann sprechen (fragen, "haben Sie einen Erstickungsanfall?")= leichte Verlegung, der Helfer macht NICHTS, außer die Person zum weiteren Husten zu ermutigen und auf Verschlechterung zu achten, bis der alarmierte Rettungsdienst eintrifft.
- Der Husten ist leise und ineffektiv, die Person kann nicht sprechen, wird im Verlauf um die Lippen herum blau und Bewusstseinsgetrübt= schwere Verlegung, der Helfer beugt den Oberkörper der Person nach vorne und verabreicht bis zu 5 kräftige Schläge mit der flachen Hand zwischen die Schulterblätter, dadurch kann der Fremdkörper schon ausgeschieden werden und wenn nicht, dann kommen bis zu 5 Oberbauchkompressionen und wenn auch das nichts hilft, beides im Wechsel bis entweder der alarmierte Rettungsdienst eintrifft, der Fremdkörper ausgestoßen wurde oder die Person das Bewusstsein verliert, dann wird nach aktueller Leitlinie tatsächlich mit der Reanimation begonnen. Durch die Herzdruckmassage wird ein höherer Druck in den Atemwegen erzeugt als durch das Heimlichmannöver, sodass der Fremdkörper eher ausgestoßen wird. Sollte tatsächlich ein Fremdkörper ausgeworfen werden, Atmung kontrollieren und entweder mit der Reanimation fortfahren, bis Lebenszeichen auftreten oder die Person wenn sie normal atmet in die Seitenlage bringen und beobachten.
Bei Atemstillstand wird sofort mit Massage und Beatmung angefangen. Das ist immer vorrangig.
Dass sich der Gegenstand löst, kann sein.