Mehr Vorsorge als Thema?

Ziel von TERRE DES FEMMES ist eine Gesellschaft jenseits des Patriarchats und damit auch eine Gesellschaft, in der Frauen selbstbestimmt über ihr Leben, ihren Körper und damit auch ihre Reproduktion entscheiden können. Wir fordern kostenlose Verhütungsmittel und kostenlose Abgabe der „Pille danach“.

Das Recht auf reproduktive und sexuelle Gesundheit und Selbstbestimmung schließt aus dieser Perspektive auch das Recht auf den Abbruch einer ungewollten Schwangerschaft ein. In einer demokratischen Gesellschaft muss Frauen diese Option zur Verfügung stehen, eingeschlossen eine adäquate Qualität der medizinischen Versorgung, der Beratung und Information zum Schwangerschaftsabbruch.

Nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation sterben jährlich 295.000 Frauen während der Schwangerschaft und bei der Geburt. Verfrühte Schwangerschaften und Frühverheiratung führen zu hoher Mortalitätsrate während der Schwangerschaft und Entbindung bei unter 18-jährigen Müttern. Weiterhin fehlt ein ganzheitlicher Ansatz bei der Gesundheitsversorgung von Frauen und Mädchen. Es herrscht Mangel an geschlechtsspezifischer Forschung und Datenanalyse, sowie an finanziellen Ressourcen.

Frauen können und müssen die Entscheidung eine Schwangerschaft fortzusetzen oder abzubrechen selbst treffen und dafür Verantwortung übernehmen.

Deshalb fordern wir bezüglich des Schwangerschaftsabbruchs:

• die ersatzlose Streichung der Paragrafen 218/219 aus dem Strafgesetzbuch und des Paragrafen 12 aus dem Schwangerschaftskonfliktgesetzes (SchKG), in dem eine Mitwirkung der ÄrztInnenschaft an einem Schwangerschaftsabbruch freigestellt ist
• uneingeschränkten Zugang zu einem Schwangerschaftsabbruch nach freier Entscheidung der Frau;
• kostenlose, qualifizierte und freiwillige Beratungsangebote bei ungewollter Schwangerschaft
• auf dem Stand der medizinischen Entwicklung orientierte Durchführung eines Schwangerschaftsabbruchs und Wahlfreiheit bezüglich der Methode;
• wohnortnahe, flächendeckende, kostenlose Versorgung als medizinische Basisleistung der Krankenkassen;
• Ausbau des Angebots an unabhängigen Beratungsstellen zur Verhütung, Vorsorge und Schwangerschaft;
• kostenlose Verhütungsmittel und kostenlose Abgabe der „Pille danach“ sowie einen gleichberechtigten Zugang zu Informationen und Leistungen für Menschen mit Migrationshintergrund und für Geflüchtete;
• Verpflichtung aller medizinischen Fakultäten und Ärztekammern zur Integration theoretischer und praktischer Inhalte in der Frage des Schwangerschaftsabbruchs in Studium und FachärztInnenausbildung;
• sowie die Wiedereinrichtung voll ausgestatteter Lehrstühle für Endokrinologie und Reproduktionsmedizin an allen Universitäten.

Zunächst einmal:

besonders ne Abreibung zahlt die Kasse aber die Spirale nicht 

Das ist nicht richtig. Eine Abtreibung ist grundsätzlich keine Kassenleistung, es sei denn, es handelt sich um eine Abtreibung mit kriminologischer oder medizinischer Indikation.

Und die Spirale sowie andere Verhütungsmittel werden tatsächlich von der Kasse bezahlt und zwar, bis die Frau 22 Jahre alt ist.

Je nach Krankenkasse werden bestimmte Verhütungsmittel auch noch später von der Kasse übernommen, wenn es zu therapeutischen Zwecken verschrieben wurde (zB. die Pille bei Endometriose).

Ähnliches gilt für die Pille danach. Sie ist zwar rezeptfrei erhältlich, aber wenn man sich trotzdem vorher ein Rezept beim Arzt holt, wird die PiDaNa bis zum 18. Geburtstag komplett von der Kasse bezahlt und bis zum 20. Geburtstag fällt nur eine Zuzahlung von 5€ an.

In einem Punkt stimme ich dir allerdings zu: es sollte durchaus besser aufgeklärt werden. An den Fragen hier im Forum sieht man eindeutig, dass sehr viele junge Mädchen zwar die Pille schlucken, aber von ihrer Wirkungsweise null Ahnung haben. Da ist es dann kein Wunder, wenn zB Einnahmefehler nicht korrigiert werden.

Wieso spricht man eigentlich die ganze Zeit von Abtreibung aber nie davon wie teuer dieVerhütungsmittel sind?

"Zu teuer " ist Ansichtssache. Aber du hast recht damit, dass es Frauen gibt, die aus Kostengründen auf Verhütung verzichten. Generell kann man sagen, dass die Wahrscheinlichkeit mit niedrigem Einkommen und niedriger Bildung steigt, dass auf Verhütung aus Kostengründen verzichtet wurde. In einer sehr ausführlichen Studie gaben 22,4% der befragten Frauen mit einer schlechten finanziellen Situation an, sie hätten schon einmal auf die Verhütung mit Pille oder Spirale verzichtet.

s.S. 133f:Frauenleben3_Langfassung_Onlineversion.compressed.pdf (sexualaufklaerung.de)

Im übrigen gibt es aber auch Verhütungsmittel, die gar nichts kosten. Für NFP nach sensiplan braucht man zB nur ein Basalthermometer und ein wenig Disziplin (aber auch hier muss man über seinen Körper und seine Funktionen aufgeklärt sein). Kondome gibt es ab 50Cent das Stück. Ja, sie sind nicht kostenfrei, aber das ist ja doch ein deutlicher Unterschied zu den 500€, die das Einsetzen einer Spirale kosten kann.

Davon abgesehen, weiß ich, dass zB in Berlin (und auch in vielen anderen Kommunen, bzw. Landkreisen) auch nach dem 22. Geburtstag die Kosten für Verhütung übernommen werden, wenn die Frau einen Antrag beim Gesundheitsamt stellt und unter einer bestimmten Einkommensgrenze liegt.

Weiterhin gibt es ausführliche Studien darüber, dass mindestens die Hälfte der Frauen, die ungewollt schwanger wird, verhütet hat - wenn auch offensichtlich nicht fehlerfrei. Und da sind wir wieder beim Punkt Aufklärung.

Also, ja: grundsätzlich stimme ich dir zu. Es sollte viel mehr als bisher aufgeklärt werden, es ist erschreckend, wie wenig zum Teil viele Frauen und auch Männer über Verhütung und Fruchtbarkeit wissen. Sicherlich kann man damit auch ungewollte Schwangerschaften verhindern.

Komplett wirst du aber Abtreibungen auch mit Aufklärung und kostengünstiger Verhütung nie verhindern können. Und es sollte auch kein Argument für ein weitreichendes Abtreibungsverbot sein, dass es ja kostenlose Verhütungsmittel gegeben hätte. Ungewollte Schwangerschaften entstehen aus vielen unterschiedlichen Gründen und nur weil du zwei davon eliminierst, wird es trotzdem noch ungewollte Schwangerschaften geben. Und es muss deshalb auch weiterhin die Möglichkeit geben, straffrei unter medizinisch einwandfreien Bedingungen abzutreiben.