Alkoholkrankheit bei ausschließlichem Wochenend-Konsum - ist das möglich??
Hallo zusammen!
Ich habe mich in letzter Zeit ausgiebig über die Alkoholkrankheit informiert, da ich mittlerweile befürchte, selbst eines Tages davon betroffen zu werden (oder es schlimmstenfalls bereits zu sein....). Und zwar konsumiere ich seit meinem 20. Lebensjahr fast jedes Wochenende Alkohol -und seit meinem 25. nicht nur "fast" an jedem, sondern wirklich an JEDEM. (Mittlerweile bin ich 32). Bis jetzt hab ich mich aber vehement gegen den Gedanken gewehrt, ein Alkoholproblem zu haben.
Gründe, die gegen eine Alkoholerkrankung bei mir sprechen, wären:
1) Ich trinke NIE unter der Woche, auch nicht das berühmte "Feierabendbier" oder das "Gläschen Wein" zum Mittagessen. Da ich unter der Woche zeitlich sehr eingespannt bin, komm ich auch gar nicht auf den Gedanken bzw. verspüre auch kein Verlangen nach Alkohol. Und selbs, wenn ich die Zeit dazu hätte, z.B. im Urlaub, komme ich nicht auf den Gedanken, Alkohol zu trinken - es ist also wirklich ein reines "Wochenend-Phänomen".
2) Die Dosis hat sich in all den Jahren NICHT wesentlich gesteigert. Zwischen meinem 20 und 25. Lebensjahr bin ich zwar von ca. 4 Flaschen Bier (0,5l) auf bis zu 6 Flaschen gekommen - doch seit dem 25. Lebensjahr ist diese "Obergrenze" von 6 Flaschen Bier an einem Wochenende so gut wie nie überschritten worden (und wenn doch, dann könnte ich diese wenigen Ausnahmen in den 7 Jahren an den Fingern einer Hand abzählen).
Für ein Alkoholproblem spricht allerdings Folgendes:
1) Wenn ich am Wochenende meine "Ration" von 5-6 Flaschen nicht bekomme (sei es, zusammen mit Kollegen auf einer Kneipen-Tour oder auch nur abends vor dem Fernseher), dann fehlt mir irgendwie was...
2) Ich bin prinzipiell nicht imstande, nur kleine Mengen Alkohol zu konsumieren - aber das war eigentlich schon immer so,seit ich mit dem "Wochenend-Trinken" angefangen hab. Irgendwie hat es sich bei mir unterbewußt eingeprägt, Alkohol ausschließlich als Rauschmittel und nicht als Genußmittel zu konsumieren. D.h. wenn ich z.B. ein Bier trinke, dann muß ich auch hinterher ein zweites und ein drittes trinken. Dieses typische Suchtmerkmal gab es bei mir wie gesagt schon immer.
Mir ist natürlich klar, dass es im Internet Selbsttests für Alkoholiker in Hülle und Fülle gibt - doch irgendwie sind sie für mich aufgrund meines spezifischen Trinkmusters nichtssagend....Beispielsweise hat in den 12 Jahren meines Trinkens so gut wie keine Dosissteigerung stattgefunden, die ja ein typisches Suchtmerkmal wäre - andererseits ist der typische Kontrollverlust bereits nach einer Flasche Bier da; 1-3 Flaschen sind bei mir eigentlich nie genug - die "Alkoholsättigung" tritt bei mir erst frühestens so nach der 4. Flasche ein.
...Was meint ihr: kann man in meinem Fall schon von einer echten Alkoholkrankheit sprechen? ...und mit "echt" meine ich: mit ernsthaften strukturellen Veränderungen im Gehirn? Oder bin ich einfach "nur" leicht psychisch abhängig? (Ich persönlich würde eher zur 2.Antwort tendieren)
Viele Grüße, Mark
4 Antworten
Hallo Mark32,
du machst dir Gedanken und beschäftigst dich mit deinem Alkoholkonsum. Das ist auf jeden Fall schon mal sehr positiv und spricht für dich. Ich schreibe dir als hinterbliebende Ehefrau eines Mannes der mit 45 Jahren an den Folgen seiner Alkoholkrankheit gestorben ist.
Ich finde deinen Konsum schon recht riskant ohne dir jetzt Vorwürfe machen zu wollen. Denn die Verantwortung für (d)ein (gesundes) Leben trägst du selbst. Und da du dich ja schon ausgiebig beschäftigt hast mit dem Thema Alkoholkonsum/Sucht weißt du sicherlich, dass du ein erhöhtes Risiko hast an Leberverfettung, Reflux, Bauchspeicheldrüsenentzündung, verschiedenste Krebsarten ( z.B. Zungen-/Leber/Speiseröhrenkrebs), Diabetes, Empfindungsstörungen der Nervenbahnen, Hepatitis usw. zu erkranken.
Ich meine, dass es durchaus möglich ist, sich eine Alkoholkrankheit "zu erarbeiten", auch wenn der Konsum ausschließlich am WE stattfindet. Und auch, wenn du nun "schon" 12 Jahre lang deinen Konsum nicht gesteigert hast. Es ist manchmal nur ein ganz kleiner Schritt, nur eine winzige Begebenheit, eine kleine Veränderung in deinem vllt sicheren Leben und schon wird der Übergang zum Trinken in der Woche fließend. Am Ende steht man da und fragt sich: Wie konnte mir das nur passieren?
Doch du hast auch einen ganz großen Plus-Punkt. Du erkennst dein Verlangen nach Alkohol und bist plötzlich verunsichert, ob dein Konsum nicht schon krankhaft ist. Das schafft nicht jeder. Die Entscheidung, etwas zu verändern an deinem Trinkverhalten, kannst nur du allein fällen. Das erhöht deine Erfolgschancen ganz enorm. Aber es ist durchaus legitim andere nach ihrer Meinung zu fragen. Und meine Gedanken gehen schon recht eindeutig in die Richtung, dass du schon stark gefährdet bist.
Ein Vorschlag von mir: Geh doch mal ein paar Abende in eine Gruppe der AA's oder auch zu anderen Gruppen, in denen Alkis von ihren Erfahrungen erzählen. Du kannst dort ruhig das gleiche von dir erzählen wie hier im Forum. Und auch gleich klar machen, dass du nicht für ewig in diese Gruppe gehen möchtest sondern nur 3 oder 4 Abende. Das wird dir niemand übel nehmen. Kosten tut es nichts außer ein wenig Zeit.
Ich wünsche dir alles Gute! LG von polar66
Hallo Mark32,
dass sich ein Teil von dir noch vehement zur Wehr setzt gegen die Vorstellung ein Alkoholproblem zu haben, kann ich gut nachvollziehen. Denn so geht es sehr vielen Menschen, die überlegen, ob sie eine Selbsthilfegruppe besuchen oder nicht. Dieser 1. Schritt ist für viele nicht einfach. Deshalb möchte ich dich ermutigen, doch einmal eine dieser vielen Gruppen zu besuchen. Du kannst dort auch erstmal nur zuhören und du brauchst keinerlei Verpflichtungen einzugehen. Ich bin selbst oft in einer Angehörigengruppe gewesen und war so froh, über alles offen reden zu können. Du schaffst das! LG von polar66
Hallo Mark 32!! Ich glaube das es sich bei dir vorwiegend um psychische Abhängigkeit handelt (dafür spricht für mich das du unter der Woche keinen Alkohol trinkst) Leider ist es in unserer Gesellschaft schon so das man als Aussenseiter gilt und sich auch vielfach dafür rechtfertigen muß weshalb man keinen Alkohol trinken möchte. Meine Familie weiss mittlerweile das ich keinen od. so gut wie keinen Alkohol trinke und deshalb wird mir bei irgendwelchen Feierlichkeiten zwar Alkohol angeboten aber auch kommentarlos hingenommen wenn ich sage: Danke für mich nicht! Ich habe aber schon mehrfach feststellen müssen das irgendwo in Gesellschaft od.bei fremden Menschen das Glas Sekt "einfach dazugehört" und meist ein Nein nicht sofort akzeptiert wird. Dann heisst es gleich: Sei nicht so" und "Spielverderber" Irgendwie finde ich es schon sehr traurig das die Menschen scheinbar ohne nicht mehr feiern od. lustig sein können aber das ist meine persönliche Meinung und jeder muß es so machen wie er es für richtig hält.
Das ist eine Sucht, aber nicht unbedingt eine Alkoholsucht. Ich würde schon sagen, dass es psychisch abhängig ist. Du bist ein Mensch, der nicht stopp sagen kann. Du brauchst das Trinken nicht, aber wenn du trinkst, dann (übertrieben), bis es alle ist. So wie dir ergeht es vielen Biertrinkern, ich kenn auch einige, die so trinken. Es sollte dir bewusst sein, dass dies immer eine Gratwanderung ist, der Weg in den Alkoholismus geht manchmal schneller, als man denkt und selbst, wenn es nicht so ist, sind solche Mengen an Alkohol nie gut. Deshalb reduziere deine Menge und trinke zwischendurch Wasser oder Saftschorlen. Iss ausreichend, denn auch das spielt eine große Rolle.
Und denke immer daran: Du bist das Maß der Dinge und es geschieht nur, was du zulässt.
Denke schon das es sein könnte. Am besten du sprichst mit deinem Hausarzt mal darüber. Oder du probierst mal ein Wochenende keinen Alkohol zu trinken. Wünsche dir das es klappt und das du davon loskommst...
Danke für deine Antwort! Mal ein Wochenede alkoholfrei zu verbringen - das hatte ich neulich auch schonmal probiert, und es klappte eigentlich auch ohne irgendwelche gravierenden Schwierigkeiten. Allerdings geht dann dieses - ich nenne es mal - "Wochenend-Feeling" verloren, ich komme mir dann an einem Samstagabend so vor, als hätten wir auf einmal Dienstag oder Mittwoch. Das wäre jetzt auch kein Weltuntergang - es drückt halt nur etwas die Stimmung in den Keller, was zum Beispiel auch bedeutet, dass ich auf Disko- oder Kneipenbesuche mit Bekannten und Freunden höchstwahrscheinlich freiwillig verzichten würde - einfach nur, weil die Grundstimmung (durch den Alkoholmangel) eben nicht passen würde. Was mich dabei allerdings brennend interessieren würde ist, ob diese bedrückte Stimmung an einem WE ohne Alkoholzufuhr an einer bereits geänderten biochemischen Gehirnstruktur liegt, oder aber einfach nur daran, dass ich eine Angewohnheit, die ich über Jahre entwickelt habe, jetzt plötzlich abrupt abbrechen will. Im ersten Fall hätte ich glaub ich ein ernstes Problem, denn dann wäre ich ja schon Alkoholiker im Anfangsstadium - im zweiten Fall aber hätte ich wohl nur so etwas, wie es wahrscheinlich auch ein leidenschaftlicher Angler hätte, der jahrelang jedes Wochenende nichts lieber tut als angeln zu gehen - und es an einem Wochenende irgendwann mal nicht tut. Aber du hast natürlich recht, dass ich - wenn ich da absolut sichergehen will - um einen Arztbesuch nicht herumkomme. Ich wollte mich halt zunächst mal ein wenig umhören, was andere von meinem Problem halten. (Und hab natürlich auch schon etwas "die Hosen voll", vor einer eventuell niederschmetternden ärztlichen Diagnose...)
Gut, vielleicht war das eine etwas ungeschickte Wortwahl von mir - denn mit Grundstimmung meine ich an dieser Stelle die "Grundstimmung zum Ausgehen an Wochenenden"; also eher so was wie eine fröhlich-ausgelassene "Feierstimmung" - die Art von Stimmung eben, in der man ist, wenn man am Wochende abends irgendwo mit Leuten ausgeht. Die ist dann eben nur mithilfe des Alkohols zu erreichen.
Für alle anderen Aktivitäten am Wochenende (mit Ausnahme des Fernsehens vielleicht) gilt das jedoch nicht. Das heißt also, wenn ich am Wochende tagsüber z.B. Fußball spiele, die Wohnung aufräume, lese oder im Internet surfe, dann bin ich dabei keineswegs schlecht gelaunt und brauche auch keinen Alkohol, um meine Stimmung zu heben. Zum Ausgehen mit Bekannten oder Freunden reicht diese "Grundstimmung" dann aber nicht mehr aus - das liegt wahrscheinlich u.a. daran, dass ich von Natur aus nicht besonders kommunikativ bin, unter Alkoholeinfluß aber sehr gesellig und kontaktfreudig werde. Und da ist es auch egal, ob in der Disko, in der Bar oder in einer gemütlichen "Runde" zu Hause vor dem Fernseher: der Alkohol muß immer dabei sein - denn falls nicht, dann macht es wenig Sinn, mich mit den Leuten zu treffen: ich sitze oder stehe dann den ganzen Abend einfach nur so rum, beteilige mich kaum an Gesprächen und starre die ganze Zeit Löcher in die Luft....:-)
Vielen Dank für deine ermunternden und zugleich auch warnenden Worte! Und was deinem Mann durch den Alkohol widerfahren ist, tut mir aufrichtig leid! Es ist schon erstaunlich und beängstigend zugleich, dass wir Alkoholkonsumenten, obwohl wir sehen, was der Alkohol den Menschen um uns herum antut, unseren Umgang und unsere Einstellung zum Alkohol trotzdem (in den allermeisten Fällen) nicht zu ändern imstande sind.
Das Fatale an der ganzen Sache ist, dass man denkt, einem "selber würde das schon nicht passieren". Noch keine 4 Jahre ist es her, da hab ich mich persönlich angegriffen gefühlt, als ich aus meinem unmittelbaren Umfeld hin und wieder auf meinen Umgang mit Alkohol an Wochenenden angesprochen wurde. Es ist schon erstaunlich, wie einfallsreich man sein kann, um den eigenen Alkoholkonsum vor den anderen zu verharmlosen, zu rechtfertigen, zu bagatellisieren - das bekamen auch diejenigen zu spüren, die mich damals angesprochen hatten....denn es endete natürlich immer damit, dass ICH mit MEINER Ansicht UNBEDINGT recht behalten mußte. Jeder, der es wagte, Kritik an meinem Trinkverhalten zu äußern, wurde von mir als ein maßlos übertreibender Nörgler und "Spaßverderber" wahrgenommen und auch so behandelt. (Damals dachte ich nämlich noch, dass ich an den Wochenenden einzig und allein aus dem Grund trinke, weil's mir Spaß macht - an eine Abhängigkeit auch nur ansatzweise zu denken, geschweige denn mich damit auseinanderzusetzen, wäre mir damals NIE UND NIMMER in den Sinn gekommen!).
Diese "Spaßverderber" versuchte ich deshalb so weit wie möglich auf Distanz zu halten. Ich versuchte also mit anderen Worten all diejenigen auf Abstand zu halten, die - und jetzt kommt's - .....es eigentlich am besten mir meinten! Sogar eine Beziehung, die knapp 1,5 Jahre dauerte, ging in die Brüche, weil ich mein Fehlverhalten auf keinen Fall einsehen wollte. "Der allwöchentliche Alkoholrausch gehört nun mal zu meiner Persönlichkeit, und hat rein gar nichts mit Sucht zu tun - und wer nicht damit klarkommt, hat selber ein Problem" - so ungefähr lautete meine damalige (Pseudo-)Argumentation.
...Und jetzt, Jahre später, sehe ich plötzlich, dass der Alkoholrausch zu einem festen und unverzichtbaren Bestandteil meines Lebens geworden ist - auch wenn er nur einmal wöchentlich stattfindet. Deine Sorge, ich könnte Alkohol eventuell eines Tages mißbrauchen, um etwaige Schicksalsschläge oder Enttäuschungen im Leben damit zu "kompensieren", indem ich auch werktags unter der Woche mit dem Trinken anfange, halte ich aber eher für unwahrscheinlich. Ich habe z.B. bereits drei gescheiterte Beziehungen hinter mir (eine davon wegen meines Alkoholkonsums) - und ja, ich habe dabei tatsächlich auch zu einem Suchtmittel gegriffen, um den damit einhergehenden Schmerz zu betäuben: nämlich Nikotin. Da ich eigentlich nie ein Raucher war, funktioniert das auch ganz gut, wenn ich in extremen Streßsituationen zur Zigarette greife - vorausgesetzt, ich höre nach spätestens 2 bis 3 Wochen wieder damit auf (was bis jetzt eigentlich immer ganz gut geklappt hat). Außerdem war es mir auch bis jetzt noch nie in den Sinn gekommen, Alkohol für den Zweck zu mißbrauchen, um Schmerz oder Trauer zu unterdrücken - weil ich Alkohol eigentlich mit etwas völlig Entgegengesetztem assoziiere: wie Spaß, Freude, Hochzeitsfeiern, Geburtstage, Partys - oder kurz gesagt: dem Wochenende und der Freizeit.
Was mir allerdings die größte Sorge bereitet, ist die Frage, ob meine psychische Abhängigkeit - die ich nun eingesehen habe - bei meinem derzeitigen Konsummuster eines Tages - in 10, 15 oder 20 Jahren - nicht trotzdem in eine richtige körperliche Sucht umschlägt, oder ob (und das wäre die optimistische Variante) das aktuelle "Abhängigkeitsniveau" für immer bestehen bleiben kann, ohne sich zu verschlimmern. Dabei setze ich natürlich voraus, dass ich meine 5-6 Flaschen am Wochenende als Menge für immer beibehalte. Bis jetzt hab ich stets gedacht, dass ich dieses Niveau auf Dauer auch tatsächlich halten kann - aber nachdem ich mir in den letzten Wochen einige wissenschaftliche Artikel über die Langzeitwirkungen des Alkohols im menschlichen Gehirn durchgelesen habe, bin ich mir nicht mehr sicher....Naja jedenfalls nochmal vielen Dank für deinen Beitrag und deine Ratschläge (das mit den AA's hab ich mir auch schon überlegt, aber es gibt immer noch einen Teil in mir, der sich vehement dagegen wehrt - irgendwie kann ich es nämlich noch immer nicht fassen, dass ich tatsächlich ein Alkoholproblem haben soll - auch wenn objektiv gesehen Vieles dafür spricht...)
Viele Grüße (und nochmals mein herzlichstes Beileid),
Mark