Geburtsstillstand im Beckeneingang
Wie gefährlich ist dieser?
Was wisst ihr darüber?
Grüße aus Bonn
6 Antworten
Bin in der Geburtshilfe tätig...
Ein Geburtsstillstand an sich ist ja eine relative Indikation für eine Geburtsbeendigung und deren Gefahren dürfen nicht unterschätzt werden. Mütter mit Geburtsstillständen, brauchen besonders gute Überwachung und Unterstützung seitens des Personals.
Geburtsstillstände sind psychisch sehr oft stark belastend, den das Ziel der Wehen sollte ja sein, dass das Kind kommt. Außerdem führen Stillstände, trotz regelmäßiger Wehentätigkeit zu schweren Erschöpfungszuständen.
Es ist immer wichtig zu wissen, wo steht die Geburt still? Wieviele Stunden Wehen hatte die Gebärende bisher? Wie ist das Allgemeine Befinden der Gebärenden? Droht eine unmittelbare Gefahr für Mutter oder Kind?
Die Geburt kann an verschiedenen Beckenebenen im Geburtskanal still stehen. Dazu zählt z.B.: Der Beckeneingang , die Mitte und der "Ausgang" .
Steht die Geburt im Beckeneingang still ist es einfach sehr oft der Fall, dass der Kopf des Kindes einfach zu groß ist für das Mütterliche Becken, oder ein verengtes Becken vorliegt.
Es gibt da ein bestimmtes Beckenmaß, das ist die "Conjugata Vera" , diese sollte bzw. muss mind. 11 cm betragen. Während der Schwangerschaft und des Geburtsvorganges erweitert sich diese um ca. 0,5 cm.
Es gibt leider auch Frauen bei denen sich da nichts erweitert, d.H. die Conjugata bleibt starr "bestehen".
Das Geburtsgeschehen ist ein sehr komplexes Geschehen, schon kleine Abweichungen von der "Norm" können dazu führen das sich der Geburtsvorgang verzögert.
z.B.: Bei einer Conjugata Vera von etwa 10 cm, ist eine Natürliche Geburt sehr schwierig bis unmöglich. also ein Geburtshindernis.
Ja, der Kopf ist sehr anpassungsfähig und das Mütterliche Becken dehnbar, aber nur in Maßen!
Ebenso kann die Spontangeburt schwierig werden bei einem Geburtsgewicht über 4000 g. Es kann aber es muss nicht so sein.
Bei einem Geburtsstillstand im Beckenausgang ist fast immer eine Wehenschwäche Schuld, die dann mit Wehenbeschleuniger behandelt wird.
Da muss man aber wiederum sagen das das nicht ungefährlich ist, die Dosierung muss perfekt stimmen, das Kind muss diese Wehenmittel "vertragen" und erdulden. und die Wehenverstärker haben Zeitbegrenzung! Ewig lange kannst du das nicht machen.
Besonders dann nicht, wenn es trotz der Beschleuniger innerhalb kurzer Zeit zu keinem Fortschritt kommt, dann muss man sie schnell wieder abstellen!
Der Allgemeinzustand der Gebärenden ist wie oben erwähnt sehr sehr wichtig!. Frauen die erst wenige Stunden in den Wehen liegen haben bessere Karten, dass der Stillstand behoben wird, als Frauen die bereits 18 Stunden Wehen haben. Wenn du den Ärzten und Hebammen vermittelst, dass "du nicht mehr kannst", schauen die nicht lange zu, und werden die Geburt beenden. Ebenso haben sie Angst, dass du dann bei den Presswehen also dem Endspurt nicht mitpresst, weil du viel zu erschöpft bist. Vielleicht auch noch eine Pda erhalten hast, und der Pressdrang komplett ausgeschalten ist. Wenn du aussiehst wie "ein Leichnam kurz vor der Beerdigung kommt das nicht gut rüber, denn die Verantwortung für ein Fortführen der Geburt trägt immer der Arzt.
Auffallend ist auch die hohe Rate an Re-Sectios nach Geburtsstillständen. In der heutigen Zeit wird zwar geprisen, das ein Kaiserschnitt nicht bedeutet, dass auch das zweite Kind so geboren werden muss , die Realität sieht aber leider anders aus. Eine erfolgreiche VBAC (Spontangeburt nach KS) gelingt nur in ca. 10-20% der Fälle. Es müssen alle Umstände passen. Sectionierte Patientinnen dürfen keine Wehenbeschleuniger bekommen, da sie der hohen Gefahr einer Uterusruptur ausgesetzt sind. Eine Uterusruptur zählt zu den sehr schlimmen und gefürchteten Komplikationen in der Geburtshilfe, da sie oft zu spät erkannt wird und das Kind oder die Mutter manchmal verstirbt. Kaiserschnittmütter müssen ans 24 h CTG und haben nicht so viel Bewegungsmöglichkeit wie Mütter die in der Vergangenheit Natürlich geboren haben. In die Badewanne lassen dich die wenigsten Ärzte; Die Zeitbeschränkung einer VBAC liegt bei ungefähr 7-8 Stunden, was die ganze Situation nicht vereinfacht. Die Gefahr einer Sauerstoffmangelversorgung und einer ev. Behinderung ist ebenso erhöht.
Fazit: Geburtsstillstände sind oft sehr schwer einzuschätzen, da man nie genau weiß woran der Stillstand liegt und es meist nur erahnen kann. Entscheidet sich der Geburtshelfer fürs Weitermachen, trägt er auch die Verantwortung wenn etwas passiert.
Manchmal verzögert sich die Geburt aber auch aufgrund innerer Blockaden. Angst vor der Geburt kann dazu führen, das sich der Muttermund nicht mehr weiter öffnet, und man das Kind dadurch nicht "rauslassen" kann. Man muss sich vollkommen öffnen können dann öffnet man sich auch unten. Sehr oft ist es auch die falsche Umgebung in der sich die Gebärende befindet. Kommt die Gebärende dann an einen sicheren und geborgenen Ort, schreitet die Geburt dann manchmal doch noch fort.
Alles Gute ich hoffe ich habe geholfen!
Da bei der Frage, ob ein Kind durch das mütterliche Becken passt, sowohl Größe und Form des Beckens als auch die Größe des Kindes eine Rolle spielt und es außerdem unter der Geburt zu einer Formänderung des kindlichen Kopfes zur Anpassung an den Geburtskanal kommt, ist es zur Diagnose eines Mißverhältnis nicht ausreichend einfach das Becken mit einem Beckenzirkel zu vermessen, was eine einfache und bei einer ambulanten Vorstellung problemlos durchführbare Untersuchung wäre. Das Vermessen des Kindes alleine kann ein Mißverhältnis nicht sicher vorhersagen. Es gibt Frauen, die bekommen 4500g schwere Kinder ohne Probleme und andere bei denen tritt ein 3000 g schweres Kind nicht ins Becken ein, weil eben das Becken zu eng oder die Form des Beckens die Ursache ist. Eine Röntgenuntersuchung, die sowohl Becken als auch Kind darstellen kann ist wegen der Strahlenbelastung nicht angezeigt. Die beste Vorhersage eines Mißverhältnis kann heute mit Hilfe einer Kernspinuntersuchung getroffen werden, die es ermöglicht mütterliches Becken und Kind ohne Strahlenbelastung zu vermessen. Es gibt aber auch hier zwei Haken. Zum einen ist diese Untersuchung so teuer, (ca. 700 Euro) dass keine Krankenkasse sie zur Beantwortung dieser Frage bezahlt, zum andern berücksichtigt auch diese Methode nicht die Dynamik der Geburt, bei der es eben zu einer Formanpassung des Kopfes an den Geburtskanal kommt. Die Schädelknochen können sich während des Geburtsvorganges verschieben! Letztendlich wird man ev. Probleme also erst aus dem Geburtsverlauf ableiten können. Bereits in der Schwangerschaft Untergewichtige und eher "schwächliche" Frauen, sowie "Mädchen unter 18 Jahren", haben ebenso ein erhöhtes Risiko für KS-Schnitte, außerdem haben sie oft nicht die nötigen Reserven und Kräfte die für eine Natürliche Geburt benötigt werden. In der Geburtshilfe heißt es: "Man sollte die Sonne nicht zweimal bei einer Gebärenden aufgehen lassen", was soviel bedeutet "Eine Geburt sollte die 18 Stunden Grenze nicht überschreiten". Frauen sind die Einfühlsameren und geduldigeren Geburtshelferinnen, als Männer:), aber die Zahl der Männer in der Geburtshilfe überwiegt.
Anmerkung:
"Geburtsstillstände" kommen zum Glück nicht so oft vor, (ca. 5% der Geburten) im Monat sehe ich bei ca. 100 Geburten, die ich begleite 1-2 :).