Epilepsie durch Antidepressiva ?
Hallo,
ich nehme seit ungefähr 6 Monaten Antidepressiva und habe letztens gelesen, dass dadurch epileptische Anfälle sehr häufig zu beobachten sind.
Nun habe ich Angst, dass ich das auch bekommen könnte. Ich bin 19 Jahre alt und hatte noch nie einen Anfall. Ist das Risiko hoch es zu bekommen nur durch das Medikament ? Oder müssten da schon mehrere Zusammenhänge sein, wie bspw. dass es jemand in der Familie schonmal hatte ?
Vielen Dank schonmal.
4 Antworten
Das ist sehr selten der Fall. Das tritt meistens nur auf, wenn man auf Anweisungen wie Verzicht auf serotonerge Substanzen, oder MAO Hemmern nicht einhält
Allgemein senken Antidepressiva die Krampfschwelle bzw. wird das Risiko von epileptischen Anfällen grösser... soweit korrekt. Allerdings hängt das Risiko stark vom jeweiligen Medikament ab. Denn Antidepressiva ist kein Medikament sondern ein ganze Medikamentengruppe mit Untergruppen bzw. verschiedenen Wirkungsweisen.
Bei der neueren Generation Antidepressiva, den sogenannten SSRI und SNRI sind epileptische Anfälle kaum mehr ein Problem. Selbst Menschen mit entsprechenden Vorerkrankungen haben nur äussert selten Anfälle. In schweren Fällen muss die Behandlung mit einem antikonvulsiv wirkenden Zusatzmedikament erfolgen.
Bei den älteren tri- bzw. tetrazylischen Antidepressiva sind epileptische Anfälle schon ein häufigers aber immer noch seltenes Problem. Betroffen sind vorwiegend Personen welche bereits eine entsprechende Vorerkrankung haben. In diesen Fällen erfolgt in der Regel eine Zusatzmedikation.
Auch bei den MAO-Hemmern kann es theoretisch zu Krampfanfällen kommen, doch werden diese aufgrund teilweise lebensgefährlichen Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten sowie spezifischen Lebensmitteln faktisch nicht mehr verwendet.
Das grösste Risiko bezüglich epileptische Anfälle birgt das atypische Antidepressivum Bupropion. Insbesondere wenn die Tablette zerkaut, pulverisiert oder zerteilt wird senkt dies die Krampfschwelle enorm.
Bei Risikopatienten wird häufig das Antiepileptikum (Mood-Stabilizer) Lamotrigin als Zusatzmedikament gegeben. Lamotrigin wirkt antikonvulsiv und hat im Idealfall zustätzlich eine stimmungsaufhellende/antidepressive Wirkung.
Hier eine Übersicht mit Fachinformationen über sämtliche Medikamente, welche bei Depressionen und Angststörungen angewendet werden.
Ist bei trizyklischen und ganz besonders Tetrazyklischen ADs oft schon als Komplikation aufgetreten. Die erste und zweite Generation der MAO- Hemmer ( Iproniazid bzw. Tranylcypromin) bei uns in Deutschland eh kaum noch in Verwendung. Irreversibe MAO- Hemmer (Diaetpflichtig) sind als obsolet zu betrachten.
Abwägung durch den Arzt. Evtl. Antikonvulsivum als Prophylaxe hinzugeben.
Beginnen wir damit, was empfohlen wird bei Patienten mit Epilepsie und Notwendigkeit der Behandlung mit Antidepressiva:
abgeraten wird von Clomipramin, Maprotilin und Bupropion.
Bein Menschen ohne bisherige Epilepsie: von Trazodon und Venlafaxin und vor allem eine Kombination von Antidepressiva abgeraten, weil häufiger Anfälle auftraten.
Unter Sertralin, Escitalopram und Mirtazapin kein erhöhtes Risiko für epileptische Anfälle.
Bei Epilepsiepatienten, die also zusätzlich noch Antiepileptika einnehmen, eine Notwendigkeit besteht für Antidepressiva, wird empfohlen mit SSRI zu beginnen.
Es gibt, wie Du siehst eine etwas feinere Eingrenzung des Risikos.
Es handelt sich somit um eine klare individuelle Entscheidung Deines Psychiaters oder Neurologen, auf den ich sowieso verweisen würde, wenn Dir in Bezug auf die Medikation oder Beipackzettel etwas unklar erscheint.
Es haben hier schon pharmakologische Experten schöne Antworten gegeben, ich wollte es ein wenig mehr von der klinischen Seite angehen.