Ist der Normalwert des Blutdrucks bei einem Spastiker höher?

2 Antworten

Vom Beitragsersteller als hilfreich ausgezeichnet

Wow, was für eine knifflige Frage!

Das wäre mal ein Thema für eine Doktorarbeit!

Nun, versuchen wir uns da durch zu wursteln.

Ich versuche das an drei Punkten festzumachen.

Erstens:

Der arterielle Blutdruck hängt nicht von der Peripherie ab, sondern ist eine Grösse, die von der Herzleistung und der Windkesselfunktion der Aorta abhängig ist. Wenn wir zugrundelegen, dass es sich um einen herz- und gefässgesunden Menschen handelt, gibt es also keinen Unterschied im Blutdruck eines Menschen mit oder ohne Spastik.

Zweitens:

Die Methode:

Die Methode des Messens des arterielle Druckes nach Riva Rocci beruht auf suprasystolische Kompression des Weichteils, das heisst , das Gewebe muss zunächst so stark zusammengedrückt werden, bis kein Blut mehr über die Arterien durchfliesst, dann entsteht der erste Klick beim Abhören mit dem Stethoskop über der Ellenbeuge, wenn der Druck abgelassen wird, bis das erste Mal Blut wieder durchfliesst, das ist der systolische Wert.

Und hier beginnt das Problem: einen kontrahierten Muskel so zusammenzudrücken, erfordert mehr Druck.

Diese Methode versagt also bei stark angespannter Muskulatur , denn es wird ein unnötig erhöhter Druck gebraucht. Somit darf diese Methode genaugenommen so nicht angewandt werden um die tatsächlichen Grösse des arterielle Druckes zu bestimmen.

Würde man eine andere Methode wählen, die direkte Messung mittels einem Sensor direkt in der Arterie, unterscheidet sich der Druck nicht von dem eines anderen Menschen ohne die Spastik.

Und jetzt kommt drittens:

Es macht einen Unterschied, wie ausgeprägt die Spastik ist. Bei einer moderaten Spastik bei der man nur durch die Untersuchung den erhöhten Muskeltonus feststellen kann ,verfälscht den Messwert kaum, als eine Spastik, die kaum zu überwinden ist oder sogar schon zu Kontrakturen geführt hat.

Ergo:

der arterielle Blutdruck beim Spastiker ist nicht erhöht, mangels Alternative wird eine Methode gewählt, die aber nicht richtig durchgeführt werden kann, weil sie nur gedacht ist für einen entspannten Arm. Somit entspricht der gemessene Wert nicht dem tatsächlichen Wert. Das muss man berücksichtigen.

Hier wäre mal tatsächlich ein Handgelenksmessgerät genauer, weil wir an dieser Stelle ja keine wesentliche Muskulatur haben, deren Druck erst überwunden werden muss ( auch wenn ich sonst nicht so viel halte von diesen Geräten).

Fazit: ein Problem der Methode und nicht des eigentlichen Blutdruckes!

D'accord?

Woher ich das weiß:Berufserfahrung
Leopatra 
Beitragsersteller
 11.03.2021, 09:03

WOW, ich danke dir herzlich für deine Mühe!!!

Die Messung mit einem Handgelenksmessgerät ist leider ebenso unmöglich, weil die Spastik in beiden Armen so stark ausgeprägt ist, dass das Gerät sofort Error meldet.

Gehört habe ich mal davon, dass eine Messung auch am Fußgelenk zulässig wäre. Kannst du dem zustimmen?

Somit entspricht der gemessene Wert nicht dem tatsächlichen Wert.

Vermutlich überhöht?

neurodoc  11.03.2021, 17:49
@Leopatra

Vielen Dank für den Stern.

Ja, die Werte wären falsch erhöht demnach.

Ob das Gerät so funktioniert, müsste man beim Hausarzt im Vergleich testen....

Mit diesem speziellen Thema und vielen anderen kennt sich die Selbsthilfegruppe der Spastiker sicherlich gut aus. Du findest sie auf der Seite von NAKOS.

Nein. Manschettenblutdruckmessung ist nie eine zuverlässige Methode. Egal ob Spastiker oder nicht. Es gibt bessere. Fällt mir spontan der Name nicht ein. Wenn ich recht erinnere hatte 3SAT mal eine Sendung dazu. Wenn sie da nicht mehr in der Bibliothek ist schaue bei youtube danach. 

Spasmen können auch sogenannte normale Menschen haben. Und bezogen auf Deine Frage hängt es tatsächlich davon ab wo die Spasmen auftreten. 

Zu Blutdruck allgemein noch ein paar Gedanken. 

Der Blutdruck ist das Thermometer für das eigene Ich. Ist dieses unbewusst zu stark - vielleicht wegen erlebter Mangelerscheinungen, also um diese auszugleichen - steigt der Blutdruck von Natur aus. 

Bei Sportlern sinkt der Blutdruck weil der Körper - in der Regel nicht nur er - gut bis sehr gut trainiert ist. 

Die Höhe des Blutdrucks wird durchaus durch Ernährung beeinflusst. Und, folgend aus der vorhergegangenen Tatsache, aus der allgemeinen Lebensführung. 

Blutdruck sollte niemals alleine betrachtet und behandelt werden denn die Ursachen sind vielfältig.