Kann so ein Burnout aussehen / Kann man ein Burnout vortäuschen?
Eine Bekannte von uns (47 J., geschieden, keine Kinder) ist seit April 2016 wegen Burnout krankgeschrieben und wird seitdem in einer Tagesklinik behandelt (im Moment vorläufig bis September, eine erneute Verlängerung ist wahrscheinlich).
Mein Freund und ich sind hier etwas geteilter Meinung: ich versuche immer noch – wobei es mir zunehmend schwer fällt – mich in sie hineinzuversetzen und versuche; ihre Probleme zu verstehen. Andererseits denke ich dann immer häufiger: Sie hat doch gar keine (ernstzunehmenden)! Muss nur IHREN Lebensunterhalt bestreiten, hat KEINE Kinder, muss sich KEINE Sorgen machen über deren Krankheiten, schlechte Noten oder Nichtversetzung. Hat NICHT ständig die Zeit im Nacken, wenn man z. B. zu spät von der Arbeit kommt, das Kind schon vor der Tür warten könnte, der eine vom Judo abgeholt werden muss und der andere eigentlich schon beim Handball sein müsste.
Hat einen gesicherten Job, arbeitet sonst Vollzeit, muss sich finanziell keine Gedanken machen und kann sich wahrscheinlich nicht vorstellen, von einem oder 1,5 Gehältern zwei Erwachsene und zwei Kinder (oder noch mehr) versorgen zu müssen. Braucht sich um ihre spätere Rente mal keine Sorgen machen, weil sie immer Vollzeit gearbeitet hat. Bei uns Müttern sieht das schon anders aus…
Mein Freund – und viele andere, die ich kenne – sind ist vor diesem Hintergrund mit ihrem Verständnis schon lange am Ende, vor allem deshalb, weil es ihr immer dann schlecht geht, wenn es um ihren Arbeitsplatz geht: Die Kollegen sind ALLE blöd, ihre Leistung wird nicht anerkannt, es ist einfach alles negativ. Überhaupt ist ihre ganze Lebenseinstellung und Haltung zu vielem grundsätzlich negativ, was sich auch an ihrem ganzen Auftreten bemerkbar macht und weshalb sie im allgemeinen nicht sehr beliebt ist und nur wenige Freunde hat. Viele haben sich jetzt mit der Zeit auch von ihr abgewendet, was sie natürlich wieder darin bestätigt, wie unbeliebt sie ist. Ich weiß, dass viele aber auch einfach genervt sind, mitanzusehen, wie sie den Lebensunterhalt von jemand mit einer schwer greifbaren psychischen Krankheit, der nicht arbeitet, mit finanzieren.
Wenn es darum geht, in den Urlaub zu fahren (damals noch mit ihrem Mann vor der Scheidung) oder um Erzählungen vom Urlaub, blüht sie auf, und schlagartig geht es ihr für einen Moment besser.
Mein Freund ist der Meinung, dass Sie den Burnout sowieso nur vortäuscht, um nicht arbeiten zu müssen.
Meine Frage an euch: Was meint ihr? Kann so ein Burnout aussehen? Oder kann man das tatsächlich so lange vortäuschen? Wenn nicht, kann man so etwas überhaupt heilen?
9 Antworten
Auch ein Depressiver hat Momente, in denen es ihm gut geht, das ist kein Anzeichen dafür, daß er simuliert.
Typisch für eine Depression ist die Schwarzseherei, nahezu alles wird negativ gesehen. Und die Unfähigkeit, sich Konzentrieren zu können, gepaart mit ständiger Erschöpfung.
Eure Bekannte ist jetzt 47, geschieden und hat keine Kinder.
Da ist einiges vorhanden, was eine Depression auslösen kann.
Gescheitete Ehe, unerfüllter Kinderwunsch, jüngere Kolleginnen im Büro, die selbst Karriere machen wollen und ältere Kolleginen als Störfaktor betrachten, alternde Eltern und möglicherweise noch ungelöste Probleme aus der Kindheit.
Das kann auch einen Menschen, der bisher gut funktioniert hat, die Füße wegziehen. Und ich meine funktioniert, nicht gelebt!
Wichtig für die Gesundung ist ein respektvoller und achtsamer Umgang mit solchen Menschen, dann haben sie auch eine Chance, wieder gesund zu werden. Aber das kann lange dauern.
Wer in einer Depression feststeckt, erinnert sich an Zeiten, wo es ihm gut ging, aber er kann sich nicht vorstellen, daß es ihm je wieder gut geht.
Ich glaube nicht, daß eure Bekannte ihre Depression vortäuscht. Dazu ist das Krankheitsbild zu komplex.
Als Außenstehender ohne eigene Erfahrung ist es nahezu unmöglich, sich vorzustellen, was in dem Kranken vorgeht.
Ich hoffe auf Euer einfühlsames Verhalten gegenüber Eurer Bekannten.
Nur so besteht eine Chance, daß sie wieder gesund wird. Kritik ist absolut kontraproduktiv.
Giwalato
Danke für die vielen Hinweise und Tips!
Wie gesagt, ich versuche noch, sie zu verstehen und motiviere sie zu gemeinsamen Aktivitäten (Theaterbesuch, Gitarre spielen, Inliner laufen, das liebt sie).
Viele haben ihr Verständnis aber leider schon aufgegeben und sie abgeschrieben...
burnout ist eine krankheit.
keine ansichtssache. nach deiner beschreibung hat die bekannte die typischen burnout-symptome.
ich nehme mal an, sie macht in der klinik eine verhaltenstherapie. allerdings würde ich bei der schwere der symptome fast denken, dass sie zwischenzeitlich in einer stationären kur besser aufgehoben wird, weil sie aus der ganzen situation mal herauskommen würde.
leute mit einem burnout sind ganz normal - sie haben halt einen burnout.
je nach schweregrad kann ein burnout mehrere monate bis jahre dauern.
und danach muss dann von dem betroffenen das ganze soziale umfeld wieder aufgebaut werden. ein burnout macht einsam und es ist schwer, da wieder rauszukommen.
das leben nach dem burnout beinhaltet viele stolperfallen, die rückfälle begünstigen. probleme mit dem selbstbewusstsein, probleme mit der konfliktbewältigung, probleme mit beruflichen rückschlägen, ein neuer freundeskreis muss aufgebaut werden, weil der alte durch die krankheit verloren gegangen ist. dazu kommt meist auch noch die suche nach einem neuen job. oft gestaltet es sich vorteilhaft, was ganz anderes zu machen.
die suche nach den wirklichen ursachen eines burnouts ist sehr schwierig und zeitaufwendig. erst dann kann gegen die ursachen angegangen werden.
häufig kommen dann auch noch zeitweise depressionen, schlaflosigkeit und "kaschierungssymptome" wie die von borderline oder psychosomatische störungen hinzu, welche häufig so dominant sind, dass ärzte sie für klinisch halten und diese bevorzugt behandeln, anstatt das grundproblem anzugehen. aus den psychosomatischen können dann auch schwerwiegende echte körperliche schäden werden, weil oft von ärzten nicht wahrgenommen wird, dass manche psychosomatischen symptome auch körperlich behandelt werden müssen.
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wer selbst noch keinen burnout hatte, kann sich auch nicht in jemanden hineinversetzen, der einen akuten burnout hat.
einfach deshalb, weil mit alltagslogik ein burnout nicht nachvollziehbar ist.
auch das auseinanderleben mit ihrem mann und die nachfolgende scheidung deiner bekannten können ein zeichen dafür sein, dass der burnout sich im prinzip schon jahrelang angekündigt hat, bis er akut wurde.
Vielen Dank für die vielen interessanten Informationen. Ganz vieles von dem, was du schreibst, passt haargenau auf diesen Fall, wenn ich so darüber nachdenke...
Ich finde es leicht respektlos wie alle mit ihr umgehen oder behaupten sie würde das vortäuschen.
Ein Arzt hat ihr das diagnostiziert. Er hat sich mit ihr beschäftigt und ist ausgebildet um zu erkennen ob es nun wahr ist oder vorgetäuscht. Wenn er meint es sei ein Burnout, dann sollte man das erst Mal glauben oder aber eine zweite Meinung einholen und nicht nach seiner eigenen imaginären Ausbildung zum Psychologen urteilen ohne sich wirklich mit der Frau beschäftigt zu haben, denn das führt zu nichts.
Was sind große Probleme und was sind kleine Probleme? Was für dich ein riesen Problem ist, ist für andere nicht ernstzunehmend und total unwichtig, genauso andersrum. Soll heißen, für SIE (und um sie geht es!) sind die Probleme groß. Vielleicht ist es für sie das größere Probleme eben keine Kinder zu haben, keinen Ehemann und keine Familie die sie so unterstützt, dass es ihr das Gefühl gibt geliebt zu sein.
Vielleicht wäre es angebracht für euch, Informationsabende zu besuchen zu dem Thema Umgang mit den Personen die an solchen Erkrankungen leiden.
Du weisst ja nicht die Hintergründe dieser Person. Vielleicht wurde sie im Internet gemobbt? Vielleicht sind die Eltern schwer krank?Und es gibt auch Menschen, die Problemen im Leben weniger gut umgehen können als andere. Ich würde also das Burnout nicht ganz ausschliessen.
Aber ob man ein Burnout vortäuschen kann? Ich habe selber wenig Erfahrung im Medizinischen Bereich, aber ich denke, dass die Ärzte schon erkennen ob es ein richtiges Burnout war.
Und auf die Frage ob man das heilen kann: Ein bekannter von mir hatte mal ein Burnout, weil er das Geschäft seines Vaters übernehmen sollte, er aber nicht wollte. Dieser ganze Entscheidungsstress ist dann in einem Burnout ausgeartet. Aus dem jungen fitten Mann wurde ein Haufen Elend, der schwer Übergewichtig und geistig am Ende war. Er konnte nach einer langen Zeit schon wieder Arbeiten gehen, aber dieses Ereignis trug immerwährende Schäden mit sich. 100% geheilt wird man meiner Meinung nach nie.
Meine Theorie: Sie wollte unbewusst ein Burnout für die Aufmerksamkeit und die Ferien. Und es ist bekannt wie viel der Kopf bei einer Krankheit ausmacht. Wenn man sich selbst immer einredet man hätte gleich ein Burnout, dann kann es sein, dass man wirklich eins hat.
Aber naja, ich bin auch nur ein normaler Mensch, und kein Arzt, der dir meine Gedanken geschrieben hat.
Du beschreibst neben deiner Eifersucht ein Bilderbuch-Burnout.
Grund sind meist psychische Probleme welche scheinbar vorhanden sind.
Die Kollegen sind ALLE blöd, ihre Leistung wird nicht anerkannt, es ist einfach alles negativ.
Das ist doch ein Warnsignal nicht?
Doch, ich kenne die Hintergründe dieser Person einigermaßen. Ich bin eine von wenigen von früher, als sie noch verheiratet war, noch was mit ihr unternimmt. Viele haben sich abgewendet.
Und ihre Eltern sind nicht schwerkrank. Sie hat sich aber von ihrer ganzen Verwandtschaft (Eltern, Bruder, Onkel, Tante,...) abgekapselt und hat keinen Kontakt mehr, obwohl sie teilweise im gleichen Ort wohnen... Echt traurig, ich möchte so nicht leben.