Schnabelhufe Behandlung Schmied
Hallo! Ich weiß, es ist schon relativ spät, aber ich brauche dringend Antworten bis Morgen! Und zwar: Meine RB hat, glaube ich, Schnabelhufe (hinten, beide Hinterhufe) und morgen kommt der Schmied. Er war schon lange nicht mehr da, nachdem wir uns vor 2 Wochen im Termin vertan haben. Ihre Hufe sind alle sehr ausgefranst und ausgewachsen, wird jetzt Zeit.
Da sie Schnabelhufe hat und ich darauf hingewiesen wurde, dass ein Pferd davon Verspannungen bekommen kann (und es wahrscheinlich auch nicht gut für die Gelenke ist?) wollte ich fragen:
Wie erkennt man einen Schnabelhuf denn genau? Google hat mir leider keine guten Infos ausgespuckt
Wie behandelt man einen Schnabelhuf korrekt? Damit ich dem Schmied etwas auf die Finger schauen kann
Und was begünstigt einen Schnabelhuf?
Wenn ich bis Morgen früh genug Antworten zusammenbekommen hätte um wenigstens ansatzweise Ahnung zu haben, dann wäre ich echt dankbar!! :)
3 Antworten
"Schnabelhuf" ist wohl ein Euphemismus für eine für den Huf höchst unangenehme Spannungssituation.
Das Foto, das du da im Link geteilt hast, sieht nach einem chronischen Rehezustand mit eher mangelhafter Bearbeitung aus. Die Zehe ist lang, die Trachten schieben unter, vermutlich sind die Eckstreben viel zu lang, seitlich beult die Wand aus. Alles in allem zieht und zerrt die Hornkapsel in alle Richtungen an der Lederhaut. Im besten Fall sind solche Pferde fühlig, im schlimmsten rühren die sich keinen Schritt.
Wie man schnabelnde Zehen korrigiert, hängt ganz entscheidend vom auslösenden Faktor ab. Hat das Pferd tatsächlich Hufrehe, schieben die Trachten nur unter oder rollen sie auch ein, wie läuft es, wo läuft es, wie oft läuft es, ist die Wandanbindung gut oder ist auch die Blättchenschicht schon geschädigt, es gibt jede Menge Dinge zu beachten. Das Patentrezept dafür gibt es nicht... der Schmied wird wahrscheinlich (wenn er nach der Fesselstandstheorie arbeitet) versuchen, die Zehe deutlich zurückzusetzen, indem er sie von unten und von vorne ausdünnt - manche gehen da so weit, dass die Wand im unteren Bereich komplett entfernt wird (was von Seiten Hufstabilität einem SuperGAU gleichkommt, grade bei eh schon instabilen Hufen).
Wenn auf so einen Huf wieder ein Eisen draufkommt, wird sich an der Situation selbst mit einem sehr guten Schmied nicht viel ändern - auf Eisen kann sich der Huf nur im Trachtenbereich minimal bewegen, vorn ist alles starr. Somit reiben sich die Trachten ab, die Zehe aber nicht - dadurch werden die Trachten flacher, die Zehen immer länger, Trachten schieben unter, Seiten beulen aus, Risse entstehen. Beim nächsten Umbeschlagen (im Idealfall nach 6, in der Realität aber oft erst 12 Wochen...) wird dann wieder alles auf Soll gesetzt und in den nächsten Wochen verschiebt sichs wieder ins negative...
Ja, im Grunde schon. Ein Beschlag begünstigt eben die Entwicklung weiter ins Negative, weil er die Richtung, die schon vorgegeben wird, noch verstärkt. Ein versierter Schmied kann das evtl auch mit Beschlag verbessern, allerdings nur mit extrem kurzen Beschlagsintervallen von maximal 6 Wochen, und wie oft in der Realität umbeschlagen wird (weils teuer ist) wissen wir ja alle.
Wie gesagt, was man macht hängt von den zugrundeliegenden Faktoren ab - es gibt verschiedene Möglichkeiten, wie so ein Huf entsteht, und die sind auch verschieden zu korrigieren. Trachten in Ruhe lassen, naja, die Flügel muss man auf alle Fälle korrigieren - da liegt das Problem auch oft in den Eckstreben (die für viele Bearbeiter von der Bearbeitung her gleichbedeutend mit Trachten sind, weiß der Teufel warum). Ein Patentrezept gibt's nicht, und was genau ich an diesem Pferd ändern würde, könnte ich dir nur live sagen, wenn ich sehe wie das Pferd seine Füße benutzt - selbst auf Fotos kann ich nur sagen was in etwa die richtige Richtung wäre (kann durchaus sein, dass ich mich anders entscheide hätte ich das Pferd vor mir).
Die Auswirkungen einer zu langen Zehe mit untergeschobenen Trachten und seitlich ausbeulenden Wänden plus den Stauchungsrillen, die da in mehr oder weniger ausgeprägten Formen unweigerlich auftauchen, sind:
- zuviel Zug am Hufbeinträger an der Zehe (das ist die Lederhaut, die fest am Hufbein angewachsen ist und lamellenartig mit der Wand verzahnt ist - diese Verbindung ist nicht für schräg weghebelnde Wände gemacht)
- dadurch eine "Wandrotation" - also die Parallelität von Hufbeinrücken und Zehenwand ist nicht mehr gegeben
- dadurch ein schlechterer Halt des Hufbeins in der Hornkapsel, es besteht die Möglichkeit einer Hufbeinsenkung - das resultiert in einer dünnen Sohle und Fühligkeit (wo es dann oft heißt "mein Pferd kann nicht ohne Eisen gehen")
- die unterschiebenden Trachten zerren den Kronrand hinten nach unten, die Hornröhrchen der Wand können nicht mehr gerade wachsen und verbiegen
- dadurch legt sich auch Wandmaterial über die Sohle, die zuviel Druck erfährt und als "Gegenmaßnahme" weicheres, weniger widerstandsfähiges Horn produziert - auf dass sich das besser abreibt und weniger drückt (was nicht funktioniert, weil da ja Wand liegt und nicht Sohle)
- außerdem führen die verbogenen Hornröhrchen dazu, dass die Wand eben ausbeult, sich Spannung in der Wand nicht mehr auflösen kann und dies zu Rissen vor der Ausbeulung führt
- die drückenden Trachten (und in den allermeisten Fällen auch Eckstreben) quetschen den Strahl ab, der ebenfalls minderwertiges Horn produziert, anfällig für Fäulnis wird und den hinteren Hufbereich so nicht mehr stützen kann und einiges seiner Dämpfungsfunktion verliert
- durch die zu flache Hufstellung (weil zu lange Zehe) steht die tiefe Beugesehne stark unter Zug, was das Strahlbein aus seiner natürlichen Lage im Hufgelenk nach hinten verschiebt. Dadurch stehen die Strahlbeinbänder schon voll auf Spannung und können zusätzliche Bewegungen (zB auf einen Stein treten - Huf verwindet sich) nicht mehr abfangen
- durch die zu lange Zehe wird der Abrollpunkt weit nach vorn verlegt, was mehr Muskelarbeit, mehr Belastung für die Sehnen und auch mehr punktuelle Last auf der Zehe im Moment des Abfußens bedeutet
wie du siehst, hat so eine "Lappalie" einige Auswirkungen auf den Huf und den gesamten Bewegungsapparat. Das sind schlicht und einfach physikalische Fakten, die man nicht wegdiskutieren kann. Je nach Ausprägung, wie stark das eben auftritt, wie das Pferd fußt, ob es grundsätzlich eher "robust" ist (damit meine ich, wie viel es kompensieren kann, ohne Probleme zu zeigen - manche halten ja so viel aus, dass man sich fragt wie das Pferd mit den Hufen noch stehen, geschweige denn laufen kann und die hopsen fröhlich herum).
In meinen Augen spricht gerade bei solchen Hufen alles pro barhuf. Nachdem es ja nicht dein Pferd ist, kannst du da aber eh nur beraten und in die richtige Richtung schubsen.
Als Lektüre kann ich dir von Konstanze Rasch "Problemlos Eisenlos" empfehlen - ist zwar nicht ganz billig, beschreibt aber sehr gut, welcher Fehler am Huf welche Konsequenzen hat, es sind auch viele bebilderte Fallbeispiele drin.
Die "Huftagebücher" auf www.dhgev.de sind auch schon ein guter Einblick.
LG
... insbesondere das von Smokey Parr Bar und (noch extremer, da kann man nicht mehr alles reparieren) das von Nike.
Im Header laufen auch viele vorher-nachher-Beispiele von zu langen Zehen durch.
Vielen vielen vielen Dank für deine äußerst ausführliche Antwort!!! Ich werde versuchen den Besi noch weiter zu bearbeiten, allerdings komme ich mir schon langsam blöd vor, weil ich erst seit 2 Monaten im Stall bin und schon soo viel verändert habe und verändern will. Natürlich ist das nicht so gemeint, dass es schlecht ist wie es ist, nein es ist im Grunde perfekt, aber es geht eben noch perfekter :D Aktuell setze ich mich für einen gut passenden Sattel ein, und dann noch die Hufe... aber ich werde den Besi immer mal wieder in diese Richtung schubsen und mir bei Gelegenheit und finanzieller Besserlage das Buch dazu kaufen. Und die Folgen, die du da beschrieben hast, hören sich alle irreparabel an, wenn sie erstmal da sind. Also wäre es schon ein dringliches Anliegen. Vielen Dank!
Danke für den Stern :)
Ich weiß wie schwer es ist, etwas zu ändern wenn die Verantwortlichen die Notwendigkeit dazu nicht sehen...
Ein schnabelhuf sieht, wie der name sagt, an der spitze wie ein schnabel aus. Am ehesten wie ein entenschnabel. Wenn du dir also die form einens entenschnabels ansiehst, kannst du das darauf übertragen. Das kenne ich eigentlich nur aus seeehr schlechter haltung. Wenn ihr jetzt nur einen termin verpasst habt, sollte noch kein schnabelhuf emtstanden sein... Ich denke, das es am ehesten sinn macht, diesen schnabelhuf nicht komplett "abzusägen, sondern ihn schritt für schritt über mehrere sitzungen umzuarbeiten. Auch die gelenke müssen sich an die neue hufstellung gewöhnen. Und dann schau, das du einen hufpfleger ranbekommst und keinen schmied. Die wenigsten schmiede können vernünftige barhufbearbeitung machen... Leider... Lg vio. Ps:verlass dich nicht auf alles was hier geschrieben wird. Gibt auch leute, die meinen sie haben ahnung und nennen nen dunkelbraunen haflinger...;)
also das bild was du da hast sieht ja noch ganz gut aus. naja, wenn sie viel auf astphalt unterwegs ist mit der kutsche machen eisen ja schon sinn. mit sitzungen mein ich das der schmied in etwas kürzeren etappen kommt. also statt alle 6-8 wochen z.b. alle 3-5 wochen. aber so wie das bild aussieht würd ich sie tatsächlich nur ein klitzekleines bisschen steiler stellen. in der regel sollte der schmied tatsächlich alle 6 bis 8 wochen kommen.
Google hat mir schon ein paar bilder ausgespuckt, ihre sehen in etwa so aus:
http://www.barbie-und-nepomuk.de/fotos/b_rechts_hinten_s_05_03_2012.jpg
Die Haltung ist gut, sie scheint nur einfach dazu zu neigen. Vllt wurde es auch nur nie richtig korrigiert? Ich weiß es nicht. Sie läuft aber mit Eisen, sie wird morgen wohl auch wieder beschlagen. Ich hätte sie lieber barhuf, aber der Besi macht sich Sorgen zwecks Kutsche fahren und deshalb kommen weiter Eisen drauf. Wie werden die Hufe denn gestellt? Feilt man sie dann einfach steiler, oder wie darf ich das verstehen? Und was meinst du mit Sitzungen? Wir werden sie natürlich nicht gleich völlig umstellen, da geht sie nur lahm, aber ist es ok, dass man es dem Schmied einfach immer sagt, wenn es wieder Zeit zur Korrektur ist? Oder hat sich das dann schon wieder alles verwachsen und man muss neu anfangen? In welchen Zeitabständen müsste man denn die Sitzungen machen? :)
Der Hufschmied wird das warscheinlich erkennen wenn es so ist. Solche Hufe entstehen durch schlechte Pflege. Man sollte immer darauf achten das der Schmied in regelmäßigen Abständen kommt. Besser früher als später.
Vielen Dank für deine ausführliche Antwort. Also müsste man die Stute auf barhuf umstellen? Dabei stoße ich leider auf den Widerstand des Besis, da er beschlagene Pferde für Kutschfahrten braucht. Habe ich schon vorgeschlagen, da ich ein Freund vom Barhuf bin, aber es ist ja nicht mein Pferd. Ich habe es mir heute angeschaut, es ist nicht so schlimm wie auf dem Foto im Link, geht aber in die Richtung. Hufrehe hatte sie so weit ich weiß aber noch nie. Ich werde trotzdem mal nachfragen.
D.h. wollte man etwas ändern, so müsste das Pferd barhuf gehen, die Zehen gekürzt und die Trachten in Ruhe gelassen werden? Und alle paar Wochen muss eine neue Sitzung her? Leider klingt das unmachbar für mich, da das Pferd ja beschlagen werden soll und so viele Termine teuer werden. Was sind denn die genauen Auswirkungen eines Schnabelhufs? Gibt doch bestimmt Probleme mit den Gelenken oder?