Selektion und Charles Darwin?

3 Antworten

Darwin war damals einer der ersten, die die Evolutionstheorie gepriesen haben. Das ganze konnte aber erst später in ein Sinn ergebendes Paket zusammengefasst werden: Darwin haben die Mendelschen Regeln und die Gesetze der Populationsgenetik gefehlt. Die Arten der Selektion sind eher neuere Begriffe.

Selektion ist die Auslese all jener Individuen, die schlechter an die zu dieser Zeit herrschenden Umweltbedingungen angepasst sind. Dieser Prozess kann dann transformierend (Selektion ein eine Richtung) , disruptiv (Selektion in verschiedene Richtungen, Bsp. Galapagosfinken und unterschiedliche Schnabelarten) oder stabilisierend (der derzeitige Zustand passt und wird verstärkt) passieren.

Selektion ist die natürliche Auslese der Individuen durch zufällig auftretende Mutationen und einem erzwungenen Performance-Test der daraus entstandenen Phänotypen. Ohne Mutationen kann keine wirkliche Evolution geschehen, nur kurzzeitige Veränderungen in einem einzigen Individuum.

Darwin beschreibt in seinem Werk On the Origin of Species die natürliche Selektion. Kernpunkt seiner Theorie ist, dass zum einen die Individuen einer Art alle untereinander nicht völlig gleich sind, sondern dass es winzige Unterschiede gibt, die man Variabilität nennt. Die Ursachen für diese Variabilität sind Mutationen und Rekombination. Mutationen sind zufällig auftretende Veränderungen der DNA-Sequenz. Sie treten zum Beispiel auf, wenn beim Kopieren der DNA während der Zellteilung der DNA-Polymerase (ein Enzym, das die Kopierarbeit übernimmt) ein paar Fehler unterlaufen. Auch bestimmte Gifte oder Strahlung können Mutationen hervorrufen. Dabei kann eine Mutation einerseits von Vorteil sein, sie kann aber auch nachteilig sein (was in der Regel dazu führt, dass der Träger dieser Mutation stirbt) oder sie kann stumm beziehungsweise neutral sein. Auch Rekombination erhöht die Variabilität. Als Rekombination bezeichnet man die Neumischung von Genvarianten. Das passiert zum einen, weil es bei der Befruchtung zur Vermischung der väterlichen und der mütterlichen Erbanlagen kommt. Außerdem werden während der Meiose die homologen Chromosomen (im diploiden Chromosomensatz kommt ja jedes Chromosom doppelt vor. Ein solches Chromosomenpaar wird homolog genannt. Homologe Chromosomen enthalten also beide dieselben Gene, jedes einzelne Chromosom kann aber eine verschiedene Variante eines Gens besitzen. Diese Genvarianten werden als Allele bezeichnet) auf die haploiden Keimzellen zufällig verteilt. Darüber hinaus können die homologen Chromosome während der Meiose einzelne Chromosomenabschnitte untereinander auch austauschen (Crossing Over), was die Variabilität noch einmal um ein Vielfaches erhöht.

Zum anderen hat Darwin beobachtet, dass stets mehr Nachkommen einer Art geboren werden als es ihnen zur Verfügung stehende Ressourcen (damit ist zum Beispiel das Vorhandensein von Nahrung und Wasser gemeint, aber auch Nistplätze oder die Anzahl an potentiellen Fortpflanzungspartnern) gibt, wodurch die Individuen miteinander in Konkurrenz treten (Darwin selbst nannte dies struggle for life - Kampf um's Dasein). Es gibt also Individuen, die rein zufällig an die jeweils herrschenden Umweltbedingungen besser angepasst sind als ihre Konkurrenten, wodurch diese entweder höhere Überlebenschancen haben oder mehr Nachkommen hervorbringen können als andere (oder beides). Diejenigen, die nicht so gut angepasst sind, pflanzen sich nicht so erfolgreich fort oder sterben, sie werden aussortiert, also selektiert. Darwin benutzte dafür die Phrase survival of the fittest (im Deutschen oft fälschlich als "Überleben des Stärksten" übersetzt. Das ist aber nicht korrekt, da fit sich nicht auf körperliche Fitness bezieht, sondern sich vom Englischen to fit - "passend sein" ableitet. Es müsste also korrekt "Überleben des Angepasstesten" heißen). Die Umwelt übt also einen gewissen Selektionsdruck aus und dieser kann drei Formen annehmen: stabilisierend, gerichtet (auch transformierend genannt) oder disruptiv (auch spaltend genannt).

Was hat es nun damit auf sich? Dazu müssen wir uns vorstellen, dass oftmals die Ausprägung eines Merkmals normalverteilt ist. Wenn man sich die Mühe macht und Daten sammelt, wie oft eine Merkmalsausprägung innerhalb einer Population vorhanden ist, ergibt sich das Bild einer Gausschen Glockenkurve, wenn man den zugehörigen Graphen zeichnet. Zur Veranschaulichung wollen wir uns dazu einmal diese Grafik (entnommen online unter: http://pisaster.genetics.uga.edu/groups/evolution3000/wiki/dfbe1/Selection.html) ansehen und zwar erst mal nur den oberen Bildteil:

Bild zum Beitrag

Auf der x-Achse ist die Ausprägung des Merkmals aufgetragen. In diesem Beispiel ist das die Färbung von Mäusen von hell nach dunkel. Die Y-Achse zeigt die Häufigkeit, also wie oft das Merkmal in der Population vertreten ist. Normalverteilt bedeutet, dass der Mittelwert (also im konkreten Beispiel eine mittelbraune Färbung) am häufigsten vertreten ist, Extrema (im Beispiel ganz helle und ganz dunkle Mäuse) jedoch nur ganz selten vorkommen.
Nun wenden wir uns dem unteren Teil der Grafik zu und stellen uns vor, was passiert, wenn wir auf unsere ideale Mäusepopulation, die wir soeben oben beschrieben haben, unterschiedliche Arten von Selektionsdrücken ausüben. Wo wir auf unsere Mäusepopulation Druck ausüben, ist in der Grafik jeweils durch die weißen Pfeile gekennzeichnet. Die gestrichelte Linie zeigt uns noch einmal die ursprüngliche Population, die blaue durchgängige Linie zeigt uns, was durch den Selektionsdruck mit unserer Population passiert. Zunächst üben wir einen Selektionsdruck derart aus, dass solche Mäuse selektiert werden, die besonders stark vom Mittelwert abweichen - im Bild ganz rechts unter (c.). Wir sehen, dass die Population noch stärker zum Mittelwert dirigiert wird, das ursprünglich am häufigsten vertretene Merkmal bleibt also erhalten. Diese Form der Selektion wird deshalb als stabilisierend bezeichnet und man kann erwarten, dass mit jeder Generation Abweichungen vom Mittelwert immer seltener auftreten werden.
Gehen wir nun zum Beispiel im Bild ganz links unter (a). Der Selektionsdruck wirkt nun nur auf einer Seite, im konkreten Fall auf die hellen Mäuse. Was passiert? Ist doch ganz klar, die Verteilung des Merkmals Fellfarbe wird verschoben und zwar in Richtung der dunkleren Mäuse. Die Selektion wirkt hier also gerichtet oder eben transformierend. Hier ist zu erwarten, dass die Mäuse also im Durchschnitt mit jeder Generation immer etwas dunkler werden.
Wenden wir uns nun dem Beispiel (b) in der Mitte zu. Der Selektionsdruck wirkt nun so, dass ausgerechnet unser Mittelwert selektiert wird. Es sind nun also diejenigen im Vorteil, die besonders stark vom Mittelwert abweichen. In unserem konkreten Fall heißt das, dass besonders helle und besonders dunkle Mäuse einen Vorteil haben, während die mittelbraunen aussterben. In diesem Fall wird unsere Population in zwei Populationen aufgespalten, nämlich eine Population, die aus hellen Mäusen besteht und eine, die aus dunklen Mäusen besteht. Kommt es nun noch zu einer Fortpflanzungsbarriere zwischen den beiden Mäusepopulationen (wenn also Mechanismen auftreten, die eine fruchtbare Kreuzung zwischen hellen und dunklen Mäusen nicht mehr möglich machen), könnte aus jeder der beiden Populationen schließlich eine neue Art entstehen. Diese Form der Selektion wird als spaltend oder disruptiv bezeichnet.

Der Vollständigkeit halber soll noch eine weitere Form der Selektion erwähnt werden. In seinem späteren Werkt Descent of Man (Die Abstammung des Menschen) beschreibt Darwin noch nämlich noch die sexuelle Selektion. Sexuelle Selektion beruht vor allem darauf, dass für gewöhnlich Männchen miteinander um die begrenzte Reccource Weibchen komkurrieren. Außerdem kommt es auch zur sexuellen Selektion zwischen den Geschlechtern. Für gewöhnlich wählt dabei das Weibchen seinen Fortpflanzungspartner aus (female choice). Das beruht darauf, dass die Geschlechter unterschiedliche Fortpflanzungsstrategien verfolgen. Grundlage dafür ist ein Phänomen, das man Anisogamie nennt. Das bedeutet nichts anderes als dass Männchen Spermien in großer Menge produzieren, diese jedoch in die gemeinsame Zygote (also den gemeinsamen Nachwuchs) nicht besonders viel investieren (im Grunde genommen steuert das Spermium nur sein genetisches Material bei, sonst nichts), wohinhegen Weibchen nur wenige Eizellen produzieren, dafür aber in die Zygote sehr viel investieren - bei den Säugetieren geht das sogar so weit, dass das Weibchen bekanntlich alleine die Jungen bis zur Geurtsreife im eigenen Körper trägt). Dadurch ist es aus Sicht eines Männchens sinnvoll, mit seinen vielen Spermien möglichst viele Weibchen zu begatten. Aus Sicht eines Weibchens, das in den Nachwuchs ohnehin viel mehr investiert als das Männchen, ist es dagegen sinnvoll, dem Nachwuchs den Vater zu geben, der offenbar die besten Gene hat. Aus diesem Grund wählt daher meist das Weibchen das Männchen aus, das Vater seiner Kinder werden soll.
Erwähnt werden soll an dieser Stelle noch die Handicap-Hypothese: vor allem bei Vögeln wie dem Pfau (Pavo cristatus) haben die Weibchen eine Präferenz für Männchen, die ein geradezu absurd auffälliges Federkleid tragen. Jeder kennt sicher das beeindruckende und extrem auffällige Rad, das der Pfauenhahn schlägt. Das Rad ist so auffällig, dass man sich unweigerlich fragen muss: ist das nicht auch extrem auffällig für Beutegreifer und wird der Pfau dadurch nicht zu einer leichten Beute? Aber sicher doch! Warum ist es dann also für ein Weibchen vorteilhaft, ein Männchen mit einem derart großen Handicap als Kindesvater zu wählen? Eben genau weil es dieses Handicap hat. Es symbolisiert nämlich, dass dieses Männchen trotz seines vermeintlichen enormen Überlebensnachteils immer noch lebt, also muss es besonders vital sein und damit richtig gute Gene haben. Zudem ist das Herstellen eines imposanten Pfauenrads extrem kräftezehrend. Ein Pfauenhahn, der ein besonders schönes Rad entwickeln konnte, muss also körperlich fit sein und kann auch nicht krank sein - ein Hinweis darauf, dass sein Immunsystem gut funktioniert. Ein gesundes Männchen wird folglich auch gesunden Nachwuchs mit einem Weibchen zeugen.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung
 - (Schule, Tiere, Biologie)
beegina 
Beitragsersteller
 01.01.2019, 19:59

Ich danke für diese Information! Hat mir viel weiter geholfen. Meine andere Frage wäre, ob die sexuelle Selektion zu den biotischen Selektionsfaktoren gehört? Und ob zu den Selektionsfaktoren nur die biotischen und abiotischen Faktoren gehören?

Darwinist  02.01.2019, 08:22
@beegina

Als Selektionsfaktoren werden sämtliche Umweltfaktoren bezeichnet, die sich auf die Fitness eines Lebewesens auswirken. Dabei darf man Fitness aber nicht mit körperlicher Fitness im Sinne von Vitalität, Kraft oder Stärke gleichsetzen. Wenn der Evolutionsbiologe von Fitness spricht, meint er damit die Fähigkeit eines Individuums, seine Gene im Genpool zu verbreiten entweder durch eigene Nachkommen (direkte Fitness) oder indem er Verwandte bei der Aufzucht unterstützt (indirekte Fitness). Weil es die indirekte Fitness nicht berücksichtigt ist es zwar nicht ganz korrekt, aber wir wollen näherungsweise einmal die Fitness eines Lebewesens mit seinem Fortpflanzungserfolg gleichsetzen.

Man kann sich vorstellen, dass der Fortpflanzungserfolg eines Lebewesens von seiner Umwelt abhängt und wie gut es daran angepasst ist oder wie flexibel es auf Veränderungen reagieren kann. Abiotische Selektionsfaktoren sind sämtliche Umwelteinflüsse, die physikalischer und chemischer Natur sind, also die unbelebten Umweltfaktoren, an die sich ein Lebewesen anpassen muss. Dazu zählen zum Beispiel die Temperatur (arktische Säugetiere passen sich durch ein besonders langes und dichtes Fell an Kälte an, bei Wüstentieren ist das Fell nur dünn und kurz), Lichtverhältnisse (Pflanzen sind an unterschiedliche Lichtverhältnisse angepasst, bei intensiver Sonneneinstrahlung ist es erforderlich, mich gegen Sonnenbrand zu schützen, indem ich entweder mein Verhalten anpasse und einen schattigen Ort aufsuche oder durch Einlagerung von Schutzpigmenten in der Haut), der pH-Wert (viele Bakterien sind auf einen neutralen pH-Wert eingestellt, das im Magen des Menschen lebende Bakterium Helicobacter pylori aber ist an den sauren pH-Wert seines Lebensraums angepasst), Windverhältnisse (viele Insekten auf Inseln haben sekundär ihre Flügel verloren, um nicht von starken Winden aufs offene Meer getrieben zu werden), das Wasserangebot (Wüstentiere sind an Wasserknappheit angepasst) oder die Druckverhältnisse (Tiefseebewohner sind an hohe Drücke angepasst, holt man sie an die Oberfläche, gehen sie innerhalb kürzester Zeit ein).
Die biotischen Selektionsfaktoren sind solche Faktoren, die sich durch die belebte Umwelt ergeben. Biotische Faktoren können einerseits innerartlich auftreten. Die Lebewesen einer Art konkurrieren beispielsweise miteinander um Reviere, um Wasser und um Nahrung. Auch zwischen verschiedenen Arten können solche Faktoren einen Einfluss haben, etwa Räuber-Beute-Beziehungen, Parasit-Wirt-Beziehungen oder Symbiosen kann man den biotischen Selektionsfaktoren zurechnen. Natürlich ist auch die sexuelle Selektion durch die Weibchen ein Teil der innerartlichen biotischen Selektionsfaktoren.

Durch Mutation und Rekombination treten neue Formen auf. Wenn etwas selektiert werden soll, muss die Population auch Variabilität aufweisen.

Zur Selektion steht wahrscheinlich alles in deinem Schulbuch:

http://www.biologie-schule.de/evolutionsfaktor-selektion.php