Wie fühlt man sich als Physiotherapeut (oder auch Therapeut, Arzt etc. generell), wenn sich die Patientinnen in einen verlieben?

3 Antworten

Vom Beitragsersteller als hilfreich ausgezeichnet

Ich bin keine Physiotherapeutin, denke aber, dass diese wie jeder andere auch ihre Patienten oder Kunden als solche sehen: Zu ihnen haben sie ein professionelles Verhältnis. Physiotherapeuten sind meines Wissens nicht in der Gefahr wie Lehrer oder Fitnesstrainer, angehimmelt zu werden. Sie könnten also durchaus Liebe ihrer Patienten zulassen. Die Frage ist: Möchte ich denjenige, den ich gerade date, noch in der Praxis massieren? Oder verweise ich ihn lieber an einen Kollegen?

Dann: Physiotherapeuten sehen täglich viele Körper und viele davon sind nicht attraktiv. Der Therapeut entwickelt sicher wie der Arzt einen "Patientenblick", bei dem er nach Fehlhaltungen, Verspannungen etc. schaut und nicht den Menschen als attraktiv oder unattraktiv wahrnimmt.  Man könnte ihn fragen, ob er mal Zeit und Lust hätte, sich auf einen Kaffee zu treffen. Es kann aber schwierig werden, weil man halt Patient ist. Wenn du massiert wirst, kennt der Physiotherapeut dich halbnackt, du ihn aber nicht. Er hat dich schon an verschiedenen Körperstellen berührt, du ihn aber nicht. Das könnte zu einer Barriere werden, er war quasi professionell "intim" mit dir, nicht in sexueller Hinsicht, aber eben so, dass er mehr von dir weiß, als jemanden, den du in der Disko oder auf der Straße triffst.

Das könnte ihn von einer Beziehung abhalten.

Davon abgesehen haben viele Physiotherapeuten oder Ärzte ja schon Ehepartner, Lebenspartner etc. Wenn nun aufgrund ihres Berufs sich viele Leute, die sie kaum kennen, für sie interessieren, sie anhimmeln, dürfte das eher lästig sein. Dieser Patient glaubt, dass er mich liebt, er kennt mich aber nur als Therapeutin. Therapeuten, auch Physios, bauen zu ihren Patienten eine Beziehung auf, die den Patienten oft mehr Nähe vorgaukelt, als wirklich da ist. Der Physiotherapeut massiert halt auch oder korrigiert Haltungen durch Berührungen (zeigt dem Patienten, wie er eine Übung korrekt durchführt). Der Psychotherapeut ist halt auch einfühlsam oder nimmt Patienten, die weinen oder denen es schlecht geht, mal in den Arm, legt die Hand auf die Schulter oder so. Das machen beide aber nur, weil es zum Beruf gehört. In beiden Fällen weiß der Therapeut mehr über den Patienten als umgekehrt und behandelt ihn halt professionell, was beim Patienten aber manchmal falsch ankommt, als persönliche Zuneigung. Das bringt den Therapeuten, der den Patienten bis jetzt distanziert gesehen hat - als jemand, der aus bestimmten Bedürfnissen zu ihm kommt, die behandelt werden - in eine schwierige Lage, denn er hat normalerweise kein tiefergehendes Interesse an einer privaten Beziehung mit dem Patienten. Der Therapeut sieht den Patienten anders als der Patient der Therapeut. Viele Menschen sind auch auf der Arbeit anders als privat, so dass der Patient gar nicht den ganzen Menschen sondern nur den Therapeut kennengelernt hat.

All das macht eine Beziehung schwierig und viele Therapeuten (im weitesten) Sinne möchten daher keine privaten Kontakte mit Patienten. Anderen, wie z.B. Psychotherapeuten, ist es meines Wissens sogar verboten (jedenfalls während der Therapie).

Mal überspitzt gesagt: Wenn dich jemand mag, kocht er vielleicht etwas für dich. Darüber kannst du dich freuen und du kannst es als besonderes Zeichen der Wertschätzung sehen. Wenn du in ein Restaurant gehst, ist das anders. Niemand würde annehmen, dass der Koch ihn besonders schätzt, weil er für ihn gekocht hat. Würde das doch jemand annehmen, würde der Koch sich sicher nicht gut fühlen, denn er hat nur seinen Job gemacht, der Kunde hat aber mehr hineininterpretiert. Käme das öfter vor, wäre der Koch mit Beziehungen zu Restaurantbesuchern sicher auch vorsichtig!

Romy7 
Beitragsersteller
 04.10.2016, 00:00

Danke für den ausführlichen und hilfreichen Kommentar. Du hast vollkommen Recht!

Ich denke hier werden nicht soviele Physiotherapeuten/Ärzte mitlesen, um dir das aus ihrer Sicht zu beantworten. Ich denke ein Arzt muss immer professionellen Abstand halten. Außerdem hätten die viel zu tun, wenn sie auf alle Avancen von verliebten Patientinnen eingehen würden. 

Romy7 
Beitragsersteller
 03.10.2016, 23:50

Ja, das stimmt sicherlich. Ich frag mich nur, ob es überhaupt einen Weg gibt, einem Arzt oder Physiotherapeuten näher zu kommen. Oder ob es von Vornherein ausgeschlossen ist, weil es der Kodex verbietet. 

Manja1707  03.10.2016, 23:51
@Romy7

Hört sich ganz so an, als wärst du in einen verliebt?

Mucki007xyz  17.06.2017, 01:22
@Romy7

dann frag ihn halt und wenn Du Pech hast, will er nicht und Du verlierst ihn dann auch als Arzt oder als Physio noch und er hält Dich für aufdringlich oder verrückt.

Die professionaliät verbietet es

Romy7 
Beitragsersteller
 03.10.2016, 23:52

Klar. Aber kann ja passieren, dass es funkt zwischen beiden. Und ich frage mich halt, ob das Interesse immer gespielt ist oder ob nicht wirklich Nähe entstehen kann. 

Mucki007xyz  17.06.2017, 01:23
@Romy7

es kann passieren und es geht in der Regel nicht gut auf die Dauer, weil die Beziehung angefangen hat mit einem Machtgefälle.