Meine Eltern nehmen meine "Probleme" nicht ernst

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ein bekannter von mir hatte ganz ähnliche probleme (abgesehen von dem adhs ding) und ich habe ihm geraten, seine probleme stationär behandeln zu lassen. heißt im klartext: lass dich einweisen... das mag hart klingen, ist es aber nicht. es gibt über deutschland verteilt etliche psychische einrichtungen, die zwar auch härtefälle behandeln wie schizophrenie und menschen mit suizidalen absichten, aber auch ganz "normale" fälle wie dich. in solchen einrichtungen wirst du mit ca. 10 gleichaltrigen in eine station gesteckt. dort wirst du von ausgebildeten lehrern unterrichtet (max 10-20 std. in der woche), um nicht komplett von der schule abgekappt zu sein. das augenmerk liegt aber auf dem zusammenleben mit grade diesen fremden leuten, was in deinem fall schon helfen kann, und selbstverständlich von therapheuten, die dir rund um die uhr für fragen zur verfügung stehen. ich habe meinen kumpel dort öfters mal besucht, und er meinte, es sei gar nicht so schlimm wie die gesellschaft es sich vorstellt. er erzählte mir von seinem tagesablauf: relativ frühes aufstehen (gegen 7.30h) duschen, gemeinsames frühstücken. darauf folgen schulstunden (nur die wichtigsten wie englisch, deutsch und mathe) dazu an einigen tagen der woche therapien, wie ergotherapie. dann gibt es mittagessen und bis zum abend freizeit bzw. ausgang (klinikeigenes gelände mit einer art park oder ähnlichem) und nach dem abendessen gemeinsames fernsehen oder irgendwas anderes machen wie tischtennis oder kicker spielen. selbstverständlich hast du ein paar mal die woche gespräche mit dem stationspsychologen / in, wo im prinzip geklärt und begutachtet wird, was man gerade gegen deine probleme machen kann (bei einer sozialphobie wohl etwas wie z.B. mit fremden leuten sprechen, zur nächstgelegenen apotheke gehn und sich nach irgendwas orientieren...) und nach einigen wochen wird es dir besser gehn.

allerdings haben solche kliniken eine lange wartezeit (bis zu nem halben jahr) [du könntest dich allerdings mit suizidgedanken einweisen lassen, was zu einer sofortigen aufnahme führen würde]. deine krankenkasse bezahlt alle unkosten die das krankenhaus produziert (gehälter, essen)

in meinen augen der beste weg dein problem aus der welt zu schaffen. es ist aber ein umschwung deines lebens und du wirst in den ersten paar tagen geschockt sein (ganz neue menchen, ganz neuer tagesablauf) allerdings dürftest du jedes wochende nach hause... meinem kumpel hat das sehr geholfen. man muss sich einfach auf die therapheuten einlassen (die wissen, was sie machen) und dann garantiere ich dir, wird es dir besser gehn. deine eltern werden wahrscheinlich von den psychologen beraten. ihnen wird klar werden, dass du ein problem hast, und dass du das nur mit ihrer und der hilfe von psychologen lösen kannst. vertrau mir.

mfg, assi vom feinsten

coll97 
Beitragsersteller
 29.08.2013, 20:59

Erstmal vielen Dank für deine Antwort.

Ehrlich gesagt, ich hätte so nicht mal was dagegen, mich "einweisen" zu lassen, solange es denn hilft -wobei ein psychologe eine etwas diskretere lösung wäre-, aber das Problem sind ja nach wie vor meine Eltern. Nach der Aktion mit ADHS (was ja nicht mal eine so besondere Krankheit ist) weiss ich einfach nicht, wie ich ihnen ein noch größeres Problem glauhaft vermitteln soll. Und noch dazu- was, wenn die Behandlung beendet ist? Kann ich dann mein Abitur machen, als ob nichts gewesen wäre?

Dass du Hilfe brauchst, ist klar. Aber man wird hier nicht einfach so eingewiesen, auch wenn es einige psychiatrische und psychosomatische Einrichtungen gibt. Außerdem bringt dir der Aufenthalt auf einer psychiatrischen Akutstation nichts, die dient nämlich der Krisenintervention für akut eigen- oder fremdgefährdende Menschen und hat mit Therapie eher nichts zu tun (höchstens Diagnostik zur Weiterbehandlung).

Deshalb mein Tipp: egal, was deine Eltern sagen, sprich mit deinem Arzt! Der hat auch Schweigepflicht. Außerdem kann er dich entweder ambulant irgendwohin überweisen oder stationär auf eine Warteliste setzen lassen..dann kannst du wirklich eine Therapie machen.

Da ich deine Situation nicht kenne: im absoluten Notfall kannst du dich immer einweisen lassen oder eingewiesen werden. Aber da du recht reflektiert und therapiewillig wirkst, wollte ich dir einfach den "normalen" Weg erklären ;-)

Alles Gute!

coll97 
Beitragsersteller
 29.08.2013, 22:02

Danke, kann ich als Minderjähriger bei einem Arzt einen Termin abmachen? (Ohne dass meine Eltern davon erfahren?)

zuckerwaffel  29.08.2013, 22:05
@coll97

Wie alt bist du denn? Das mit dem Termin klappt bestimmt, auch die Schweigepflicht sollte nur gebrochen werden, wenn du dem Arzt etwas anvertraust, wofür er die Verantwortung nicht tragen kann (z.B eben Suizidgedanken etc.). Aber da sich 16-jährige beim FA die Pille verschreiben lassen dürfen ohne dass die Eltern das erfahren müssen...also ich denke schon, dass es klappen müsste. Aber ganz sicher weiß ich es nicht ;-)

Sorry, bin erst heute auf Deine Frage gestoßen, hätte aber leider auch früher keine Zeit für eine ausführliche Antwort gehabt.

Wenn Du das Gefühl hast, dass Du "es" allein nie schaffen könntest, dann liegt DAS in erster Linie daran, dass Du Dich allein gelassen FÜHLST und auch allein gelassen BIST!

Ich lese zunächst von Dir, dass Akzeptanz-Probleme Deiner Eltern Dir gegenüber schon Deine Kindheit begleitet haben. In der Pubertät, wenn die Selbstentdeckung des Kindes zur Selbstwerdung des Jugendlichen wird (was ein schwerer Weg ist), dann ausgerechnet brechen die engsten Vertrauenspersonen vollends weg – nämlich die Eltern: Die Eltern kämpfen um den eigenen Status Quo. Zu diesem Status Quo gehören Kinder, die einem bestimmten Erwartungsmuster entsprechen. Tun die Kinder das nicht, dann passiert, was Du – wie ich das aus Deinen Darlegungen entnehmen kann – z. Z. erlebst: Du wirst mit einem immer höheren (sozialen) Druck konfrontiert und faktisch aus der verlässlichsten der sozialen Gemeinschaften rausgeworfen, der Familie.

Du solltest Dich sehr genau beobachten und auch in einem nüchternen Sinne selbst "erforschen": Einiges ist tats. eine PHASE, anderes aber Dein So-Sein. PHASE ist daran, dass man durchaus häufiger über die Stränge schlägt – natürlich in dem Versuch, über die Grenzen die eigene Persönlichkeit zu umfassen. Das gelingt nur durch die Überschreitung der Grenzen, um diese auch zu empfinden! Schön wäre, wenn Eltern bereit wären, sich zu erinnern: Sie waren auch einmal jung und Kinder von Eltern, die eine Vorstellung davon hatten, wie das Leben ihrer Kinder aussehen sollte – waren also dereinst im Grunde nicht anders. Gewiss waren Deine Eltern auch selbst gar nicht so anders dran als Du. Und wiederholen doch, was im Grunde auch sie gequält hat (und in der Nachwirkung noch immer quält – was sie natürlich nicht zugeben werden). PHASE ist auch, dass Du kämpfen musst, ausgerechnet bei den bisher engsten Vertrauenspersonen – nicht nur um Dein So-Sein, sondern auch um Deine Entdeckungen.

Dass Du als Kind ADHS "hattest", besagt nichts. Es kann einfach eine Überreaktion auf Deine (unmittelbare) Umwelt gewesen sein: Eltern, die Dich in falscher Weise gefordert, in (für Dich) falscher Weise unter Anpassungsdruck gesetzt haben. Das wird gern übersehen, weil die Gesellschaft nicht die Eltern behandeln will, sondern lieber die Kinder. Das geht einfacher und widerspruchsfreier! Eine Bequemlichkeit, die längst von der Gesellschaft nach allen Regeln der Kunst bedient wird! Diese ADHS ist in ungezählt vielen Fällen nur eine Reaktion, ein Kampf der Kinder wider die Eltern, die schon mit ganz falschen Erwartungen Kinder in die Welt gesetzt haben – insb. dann aber mit falschen Erwartungen ständig an den Kindern herumbiegen, weil die Erwartungen nicht nicht SO erfüllt wurden, wie leichtfertig erträumt!

Deshalb MEIN Appell, Dich selbst gut zu erforschen. Damit musst Du nicht gleich zu einem Arzt gehen. Gerätst Du an die falschen Ärzte, dann sind diese – gerade in modernen Zeiten (!) – willige Handlanger der Gesellschaft! Und allzu bereit, eine Krankheit zu bescheinigen, die dann auch möglichst dauerhaft pharmazeutisch o. psychotherapeutisch behandelt wird. Hauptsache Du wirst als Dauer-Patient eine verlässliche Einnahmequelle. – Ärzte sind doch auch nur Menschen: Sie wollen Geld verdienen, wollen ihrem gesellschaftl. Status entspr. auch einen Gutteil mehr verdienen als andere! Und so sind Ärzte Freiberufler, die von ihrem "Produkt" überzeugen müssen! Wenngleich Du also von einem Arzt Hilfe erhoffst und auch selbstlos erhalten solltest (selbstlos in dem Sinne, dass ein Arzt auch ehrlich sein und ggf. eingestehen sollte: "Sie haben nichts, bei dem ich Ihnen als Arzt helfen könnte!"), so musst Du Deinerseits den Arzt prüfen und versuchen, seine Motivation zu erkennen!

Wenn Deine Beziehungen zu anderen Menschen schlechter werden, dann kann das auch daran liegen, dass Du durch den Druck, den Du von Deinen Eltern erfährst, zunehmend in Verbissenheit abgleitest, die anderen Menschen nicht geheuer ist! Auch diesbzgl. solltest Du Dich selbst genau unter die Lupe nehmen, ehe Du Ärzte aufsuchst, die Dich schließlich mit versch. Methoden und Mittel "sozialisieren"! Dabei nämlich geht es dann nur um Anpassung (= Sozialisation), die dem System dient, Dir aber auf Dauer mehr schaden kann!

Was ich von Dir lese, sagt mir zu allererst, dass Deine ELTERN ein "Problem" haben: mit Dir! Deine Probleme, die Du hast, sind m. E. weder ADHS noch soziale Phobie. Sondern verdammte Probleme mit Deinen Eltern!

Rede Dir nicht leichtfertig ein, dass DU krank seist! Wenn Du an der vernagelten Gesellschaft und an verbretterten Eltern gleichsam krank wirst, dann heißt das noch lange nicht, dass DU krank BIST!!!

Habt ihr an der Schule bielleicht einen Vertrauenlehrer, der dann mal mit Deinen Eltern reden könnte? Vielleicht hören die besser auf ihn.

coll97 
Beitragsersteller
 29.08.2013, 20:32

Ja, wir haben einen, aber ausgerechnet der hat irgendwas gegen mich und ich kann mir daher leider nicht vorstellen, mich ihm anzuvertrauen. Vielen Dank trotzdem :/

Ein Tipp aus Erfahrung: Vergiss alles und konzentrier dich auf das was wichtiger ist und bau alles neu auf. Aber nur eins nach dem anderen. diese Phase hatte ich vor 1 Jahr auch.

coll97 
Beitragsersteller
 29.08.2013, 20:35

Meinst du wirklich, dass es nur eine phase ist? Ich habe bei mir eher den Eindruck, dass es sich von klein auf aufgebaut hat.

Ich versuche eigentlich nichts anderes, als es im Alleingang zu schaffen, aber ich habe einfach das Gefühl, dass es mir wahrscheinlich nie gelingen wird...