Sturz - welche Höhe, welche Folgen?
Hallo zusammen.
Die Frage klingt vielleicht ein bisschen merkwürdig, aber mich würde mal interessieren, aus welchen Höhen ein Mann Mitte 20, 1.85 m, 64 kg Körpergewicht, in etwa unbeschadet fallen kann, wenn er mit den Beinen auf verhältnismäßig hartem Untergrund (z. B. feste, trockene Erde oder gar Asphalt oder Beton) landet, bis zu welchen Höhen er mit verhältnismäßig leichten Verletzungen (Schürfwunden, Hämatomen, etc.) davonkommen würde, ab welcher Höhe er sich Frakturen zuziehen könnte (und welche vor allem - Knöchel, Knie, etc.?) und ab welcher Höhe er sterben würde (und woran - Genickbruch?) und zwar jeweils wenn er sich "abzurollen weiß" oder eben nicht.
Die Frage klingt auf den ersten Eindruck sicher extrem merkwürdig, aber der Hintergrund ist folgender. Ich halte mich seit kurzem in einem Gebäude auf, in welchem die Treppe noch nicht fertiggestellt ist. Es gibt bereits ein Stahlgerüst, auf welches später Holzstufen montiert werden sollten, die Stufen selbst sind allerdings noch nicht da. Trotzdem kann man die Treppe bereits benutzen, um in die oberen Etagen zu gelangen, indem man auf die Stahlstreben tritt. Zu Anfang fühlte ich mich dabei sehr unsicher. Diese Unsicherheit verflog jedoch erstaunlich schnell, sodass ich bald auch Lasten die unfertige Treppe hochgetragen habe und inzwischen laufe ich auf den Streben schnell und freihändig hoch und herunter, sogar in der Dunkelheit. Es macht mir überhaupt nichts mehr aus. Mein Körper signalisiert mir sozusagen keine Gefahr mehr, weil ich inzwischen mit der Situation vertraut bin, die Höhe an sich ist jedoch gleich geblieben.
Aus diesem Grund kam in mir die Frage auf, wie groß die objektive Gefahr wäre, wenn man beispielsweise tatsächlich "zwischen die Stufen treten" und sagen wir eine Stockwerkshöhe (etwa 2.5 m) nach unten fallen würde. Natürlich möchte ich es nicht ausprobieren, aber mich würde eben interessieren, bei welcher Sturzhöhe für einen gesunden jungen Menschen in etwa welche objektive Verletzungsgefahr besteht.
Ich weiß, dass es hier unter Umständen schwierig ist, konkrete und stichhaltige Daten und Fakten zu nennen und dass es sowohl Fälle gibt, in denen Leute einfach "umgefallen sind" und sich das Genick gebrochen haben, als auch Fälle, in denen Leute aus einer Höhe von mehreren tausend Metern in einem günstigen Winkel auf einem mit Tiefschnee bedeckten Abhang aufgekommen sind und überlebt haben, aber unabhängig von diesen "Ausnahmefällen" muss es doch einen Wert geben, bei dem man sagen kann "ab so und so vielen Metern ist es im Regelfall tödlich" oder "bis so und so viele Meter ist wird es im Regelfall unbeschadet überstanden" und so weiter. Gibt es in irgendeiner Form veröffentlichte Unfallstatistiken, die man einsehen könnte?
Besten Dank schonmal für eure Antworten.
4 Antworten
Also genau sagen kann man das nicht. Wie du schon sagst. Selbst jemand, der einfach hinfällt kann sich ein fulminantes Schädel Hirn Trauma fallen wenns schlecht geht. Im Allgemeinen geht man ab einer Absturzhöhe von 3 Metern von einer, in der Summe lebensgefährlichen Verletzung, (Polytrauma) aus, Immer vor Untersuchung. Wenn du unter Polytrauma googelst wirst du sicher auch Statistiken und Kasuistiken finden. Im Übrigen würde ich den Verantwortlichen mal auf den Mißstand der fehlenden Stufen aufmerksam machen wenn was passiert kann es sein, daß sowohl Bauherr als auch Architekt oder ausführendes Unternehmen in die Haftung genommen werden. Was das bei einem hohen Querschnitt (Lähmung durch Wirbelsäulenverletzung) bedeutet brauch ich wohl nicht zu erläutern. Es müssen sowohl provisorische Stufen als auch eine Absturzsicherung vorhanden sein um die Treppe zur Benutzung freizugeben. Ansonsten handeln sowohl Treppenbenutzer als auch Ausführende Gewerke grob fahrlässig.
Sehr gute Antwort, Stern bekommst nach Freigabe.
Mir ist gerade ein Ansatz eingefallen, mit dem sich zumindest eine untere Abschätzung geben lassen sollte.
Im (in Bodennähe nahezu) homogenen Gravitationsfeld der Erde liegt (sofern man den Luftwiderstand außen vor lässt, aber der sollte hier nahezu irrelevant sein) eine gleichförmig beschleunigte Bewegung vor.
v(t) = g * t
Das heißt die Fallzeit, nach der eine bestimmte Geschwindigkeit v erreicht wird ist wie folgt.
t(v) = v / g
Nun die Höhe ermitteln, die innerhalb dieser Zeit zurückgelegt wird.
h(t) = 0.5 * g * t²
Die Zeit t nun einfach durch den Ausdruck t(v) ersetzen, dann erhält man die gefallene Höhe in Abhängigkeit von der erreichten Endgeschwindigkeit.
h(v) = 0.5 * g * (v / g)² = 0.5 * g * v² / g² = 0.5 * v² / g
Nun setzen wir hier mal ein paar "Hausnummern" ein.
Die Bundeswehr trainiert ihre Fallschirmjäger auf eine Landung an einer Rundkappe mit einer vertikalen Sinkgeschwindigkeit von 5.0 m/s. In den USA ist man etwas "mutiger" und setzt 20 ft/s an, was knapp 6.1 m/s entspricht.
h(5.0 m/s) = 0.5 * (5.0 m/s)² / 9.81 m/s² = 1.3 m
h(6.1 m/s) = 0.5 * (6.1 m/s)² / 9.81 m/s² = 1.9 m
Die Geschwindigkeit 5.0 m/s entspricht also einem freien Fall aus 1.3 m Höhe, die 20 ft/s hingegen einem freien Fall aus 1.9 m Höhe. Wie man sieht beides nicht gerade viel. Da wird aber auch noch eine gewisse "Sicherheit" eingebaut sein, schließlich werden die Rekruten im Rahmen ihrer Ausbildung dutzende Male mit dieser Geschwindigkeit aufkommen. Es ist also davon auszugehen, dass die objektive Verletzungsgefahr hierbei sehr gering ist, schließlich werden die Streitkräfte ja nicht das Risiko gehen, einen Großteil ihrer Truppe schon während der Ausbildung kampfunfähig zu machen.
Zur groben Abschätzung kann auch das folgende Video dienen.
Video: http://www.youtube.com/watch?v=jg_htWPPMX0
In der Beschreibung des Videos ist eine Höhe von zwölf Fuß angegeben, was 3.6 m entspricht. Natürlich sollte man beachten, dass dies ein gezielter Sprung war, kein unerwarteter Absturz und dass er auf Rasen springt.
Zu beachten ist auch, dass die beim Aufprall absorbierte Energie zwar quadratisch von der Aufprallgeschwindigkeit, aber nur linear von der Fallhöhe abhängt.
E(v) = 0.5 * m * v²
v(t) = g * t
Den Ausdruck für die Geschwindigkeit in die Funktion E(v) einsetzen.
E(t) = 0.5 * m * g² * t²
h(t) = 0.5 * g * t²
Umstellen nach t.
t(h) = sqrt(2 * h / g)
Den Ausdruck für die Fallzeit in die Funktion E(t) einsetzen.
E(h) = 0.5 * m * g² * (sqrt(2 * h / g))² = m * g * h
Dies ist nichts anderes, als der Ausdruck für die potentielle Energie, was ja auch so zu erwarten war. Wie man sieht besteht ein linearer Zusammenhang zwischen Höhe und Energie.
Wie gesagt, kein Zweifel daran, dass die Treppe abgesichert gehört. Ich habe diese Überlegungen auch nicht angestellt, um auszuloten, ob eine Absicherung erforderlich ist oder nicht, denn hier scheint es ja klare Vorgaben zu geben. Es ging mir einfach um das Verhältnis von subjektiv wahrgenommener zu objektiv vorhandener Gefahr. Ich sitze im Moment beispielsweise selbst im ersten Obergeschoss eines Gebäudes und wenn ich aus dem Fenster blicke, habe ich ehrlich gesagt keine Lust, dort rauszuhüpfen, obwohl das oben verlinkte Video zeigt, dass es eigentlich möglich sein sollte. Und bevor jetzt die nächsten Warnhinweise kommen, nein, ich habe nicht vor, es auszuprobieren. Die Intaktheit meiner Knochen ist mir durchaus was wert, es wird also beim Gedankenexperiment bleiben.
Trotzdem wäre es mal ganz interessant, einschätzen zu können, wie viel Höhe ein verhältnismäßig leichtgewichtiger und junger Mann mit intakten Knochen "überbrücken kann", ohne ein allzu großes Risiko einzugehen, ernsthafte Verletzungen davonzutragen, wenn er auf den Füßen landet und was zuerst Schaden nehmen würde, wenn diese Höhe überschritten würde. Ich vermute mal Sprunggelenk und Knie sind besonders gefährdet, die Wirbelsäule wird sicher auch einiges abbekommen.
Wie man sieht ist die Frage nach der "überbrückbaren Höhe" ja selbst unter Zuhilfenahme physikalischer Modelle nicht leicht zu beantworten. Gerade deshalb muss man aber natürlich erst recht davon ausehen, dass der "instinktive Eindruck" keineswegs zuverlässig ist, schließlich verfügt der Körper ja über kaum "Referenzdaten", auf die er diesen Instinkt irgendwie sinnvoll hätte "kalibrieren" können. :-)
Aber zumindest irgendeine grobe Abschätzung muss es doch geben. Man hört ja beispielsweise immer mal wieder, dass Leute aus dem Fenster springen, wenn es im Gebäude brennt und der Fluchtweg abgeschnitten ist. Ist das (unter der Grundannahme, dass die Person ihre Überlebenschancen maximieren möchte) sinnvoll oder wäre es beispielsweise weniger gefährlich, durch die Flammen zu rennen? Der menschliche Körper besteht ja immerhin zum größten Teil aus Wasser und das hat ja bekanntlich eine ziemlich beträchtliche thermische Kapazität, da dürfte also auch eine gewisse Chance bestehen, die Sache zu überleben.
Naja aus eigener Erfahrung weiss ich, daß der Körper zwar aus viel Wasser besteht aber die Haut nimmt innerhalb kurzer Zeit trotzdem beträchtlichen Schaden. Da kommts mitunter schon bei "niedrigeren" Temperaturen zu thermischen Schäden (ab ca 50°C) Ein Feuer hat meist 1200° und mehr. Ich würde bis zum 2. OG springen. Kontrolliert, Beine geschlossen, leicht nach vorne gebeugt, beim auftreffen abrollen wenns geht. Selbst zwei gebrochene Beine sind besser als zu verbrennen. Ich hab aber auch schon Situationen erlebt, wo Menschen im Fall gekippt sind und mit dem Kopf aufgeschlagen sind - tot. Das war aus etwa 5 m.
"Hilfreichste Antwort" ist vergeben, die Entscheidung fiel mir wirklich äußerst leicht.
Danke für diese überaus sachlichen ;-) und vor allem sachlich richtigen Antworten und Kommentare. Wenigstens ein paar Leute scheint es hier noch zu geben, die auch bereit sind, hypothetische Fragen sinnvoll zu erörtern und sie nicht gleich als Unfug abtun.
Vielen Dank und weiter so!
Eine Sache noch: Würdest Du sagen, dass die Aktion in dem Video äußerst riskant war? Sieht irgendwie ziemlich locker aus, wie der das macht. Andererseits sagst Du 3 Meter sind absolute Lebensgefahr, er gibt umgerechnet 3.6 Meter an.
Gut ich sagte im Rettungswesen wird bei einem Sturz ab 3 Metern von einem sogenannten Polytrauma (multiple Verletzungen mit insgesamt lebensbedrohlichem Status) ausgegangen. Da bedeutet wenn so ein Sturz gemeldet wird, werden automatisch RTW und Notarzt rausgepfiffen und es wird in der Regel auch so im KH vorangemeldet selbst wenn sich vor Ort nicht unbedingt gleich eine so schwere Verletzung diagnostizieren lässt. Also: absolute Lebensgefahr KANN bestehen. Ich selbst bin beim klettern mal 14 m abgestürzt, davon etwa 8 m gerutscht und 6 m im freien Fall. Das Ergenbnis war zum Glück nur ein gebrochener Knöchel und ein paar abgrissene Bänder. Aber ich bin auch einigermaßen kontrolliert gelandet. Von da her wenn einer das kann und vor allem geplant springt und nicht unvorhergesehen fällt oder wie in meinem Fall glücklich fällt gehts halt auch meist gut. Danke für deinen Kommentar und fürs Sternchen.
Gern geschehen. :-)
Hallo
Das hat bestimmt auch etwas mit der Standfestigkeit der Knochen zu tun, welche bei jedem Mensch genetisch bedingt sind :-)
Kein Problem, ich habe literalische Rechtswissenschaft studiert und helfe gerne mit, unabhängig vom Datum der Frage :-)
Wie bist Du denn auf diese Frage gestoßen?
Sie ist mehr als 3 Jahre alt.
Trotzdem danke. :-P
Jetzt sind es 5 Jahre. ;)
Lerne einfach das sichere abrollen und du kannst ungeschadet oder mit leichten prellungen von 5 Meter fallen... und mann was ist das wieder für eine Frage -.- man merkt es das es Abend ist.
Dies soll wirklich keine "Spamfrage" sein, auch wenn sie sich eventuell so liest.
Es ist mir einfach so durch den Kopf gegangen, nachdem ich festgestellt habe, dass man sich anscheinend "an Höhe gewöhnen" kann, was ja doch gewissermaßen kurios ist, da die objektive Verletzungsgefahr ja gleich bleibt, egal ob man in letzter Zeit des öfteren auf einem höher gelegenen Punkt stand oder nicht. :-)
Und ich glaube es gibt hier keine Regel, dass Fragen unbedingt unglaublich tiefgründig sein müssen, das sind wohl die wenigsten. ;-)
Trotzdem danke für Deinen Beitrag. :-)
Frakturen ab jeder Höhe, selbst wenn er auf den Beinen landet. Er kann ja danach noch hinfallen. Also unmittelbar nach dem Aufkommen.
Hier mal noch ein Link um die Bauherren vielleicht etwas aufhorchen zu lassen:
http://www.heuer-dialog.de/aktuell/03.11.2012-management-von-verkehrssicherungspflichten-am-bau