Vater immer schwächer - wieviel Zeit?
Hallo zusammen,
mein inzwischen 91-jähriger Vater, der in einer Einliegerwohnung bei uns im Haus lebt, hat seit ca. 3 Monaten sehr abgebaut.
Bis Mai diesen Jahres ist er sogar noch mit Stock alleine täglich eine Stunde spazieren gegangen. Inzwischen bekommt er sogar nach einer Wegstrecke von wenigen Metern Kreislaufprobleme und steht nicht selten kurz davor, zu kollabieren.
Nach nervenaufreibenden Wochen, in denen sich mein Vater (Windelträger) durch den Pflegedienst nicht säubern lassen wollte und ihn fortgeschickt hat, ist die Situation durch den 1x täglich erscheinenden und tolerierten Pflegedienst nun etwas entspannter (Pflegstufe 2).
Inzwischen liegt er nur noch auf seinem Sofa, richtet sich zum 1-2 maligen Essen (ausschließlich Brötchen!) auf und schafft es soeben, den Weg von seinem Schlafzimmer zum Sofa zurück zu legen. Meine Frau ist aufgrund ihres Minijobs die angehörige Pflegende, weckt meinen Vater, richtet das Frühstück zu, fährt bei schönem Wetter mit ihm im Rollstuhl spazieren, bringt ihm nochmals gegen 16 Uhr ein Brötchen und bringt ihn (wenn ich anwesend bin mit mir gemeinsam) gegen 18 - 19 Uhr zu Bett.
Allerdings gibt es immer wieder (nahezu täglich) Situationen, die das Maß unserer Kräfte (und v.a. die Kräfte meiner Frau) zu übersteigen scheinen:
sei es eine verschmutzte Windel, die mein Vater in Selbstversuchen wechselt (bevor der Pflegedienst eintrifft), dabei stark schmiert und wir das Bad sowie verschmutzte Wäsche reinigen, oder inzwischen permanente Unhöflichkeit gegenüber meiner Frau. Dazu insbesondere vormittags laute Rufe durch das Haus, weil ein Vorhang zugegzogen werden soll oder eine Türe offen steht.
Ich sehe uns mittelfristig nicht mehr in der Lage, meinen Vater so zu versorgen, erst recht nicht, wenn sein körperlicher und geistiger Abbau so voran schreitet.
Was tun? Den Pflegedienst öfter bestellen? Einen Heimaufenthalt nahe legen?
Wie lange kann so ein auch für ihn unwürdiges Leben weitergehen? Seid mir nicht böse, es klingt hart, aber so ist es auch für ihn kein Leben mehr, das er sich wünscht.
Und wir müssen letztendlich planen, wie es weitergeht, nicht zuletzt, weil wir uns selbst schützen müssen.
An dieser Stelle kann ich nur jedem, der diesen Beruf ausübt oder selbst Angehörige pflegt und die oben geschilderten Situationen tragen kann, meinen größten Respekt und meine Bewunderung aussprechen.
Vielen Dank im Voraus für Eure Antworten.
Viele Grüße Max
7 Antworten
Mein Vater starb heute vor einem Jahr auf der Intensivstation, deshalb fühle ich sehr mit dir und deiner Familie. Ich habe damals sehr viel über den Tod nachgedacht und bin zu dem Schluss gekommen, dass man Menschen in Deutschland sehr oft gegen ihren Willen mit Gewalt am Leben erhält. Ich weiß, der Fall von meinem Vater ist anders als in eurer Situation, aber eines habe ich gelernt: Der Tod ist ein Prozess bei dem der Körper nach und nach seine Funktionen aufgibt. Es ist ein natürlicher Prozess. Von deiner Beschreibung her habe ich das Gefühl, dass dein Vater in diesem Prozess schon drin ist, da er kaum noch etwas isst etc. Ich sehe bei euch zwei Möglichkeiten: a) Ihr macht jetzt so weiter wie jetzt und lasst zu, dass der Sterbeprozess von alleine weitergeht. Ich glaube nicht, dass er noch mehr als 6 Monate leben wird, oder b) ihr wartet, bis es ihm richtig schlecht geht und schickt ihn ins Krankenhaus, wo er wahrscheinlich von Maschinen umgeben sein wird, zwangsernährt wird und mit Gewalt am Leben erhalten wird.
Egal, was ihr macht, es wird sehr schwer. Bitte sei aber deinem Vater nicht böse. Ich glaube nicht wirklich, dass er überhaupt noch wirklich zurechnungsfähig ist. Er will euch ja nicht quälen. Ich glaube, ihr braucht auf jeden Fall eine Pause von dieser schweren Arbeit. Gibt es eine Möglichkeit, ihn für eine Woche oder zwei in ein Heim zu geben, damit ihr euch erholen könnt? Ich meine, ich hätte davon mal etwas gehört.
Hallo und vielen lieben Dank für Deine Antwort. Natürlich wäre eine Kurzzeitpflege möglich, allerdings möchte ich meinem Vater diese Situation ersparen, damit er sich nicht abgeschoben fühlt.
Einen Familienangehörigen zu pflegen und dazu noch ein Elternteil ist nicht einfach. Das ihr es solange durchgehalten habt, bewundere ich. Standen vor ein paar Jahren auch vor der Entscheidung, selber pflegen oder Altenheim. Haben uns dann für ein Alten-Pflegeheim entschieden. Denn du gehst, wenn du berufstätig bist, an deine Grenzen und wirst irgendwann dann selber krank. Ich kann euch nur raten, ein Alten- Pflegeheim zu suchen. Es muss ja nicht unbedingt in eurer unmittelbaren Nähe sein (schaut wie hoch die Kosten sind). Es wird euch hinterher besser gehen, wenn der Vater ausschließlich von einem Pflegepersonal betreut wird und ihr ihn nur noch besuchen könnt.
versucht es doch einmal mit einem Spaziergang in einem Altenheim. Sucht euch vorher Eins aus, informiert euch wie die Einrichtung so ist, unterhaltet euch mit der Heimleitung und fragt, ob ihr mit dem Vater das Heim mal besuchen dürft. Ich glaube nicht, dass es abgelehnt wird. Habe ich hier in unserer Region (Nds) noch nicht gehört. Manche Heime haben auch Tag der offenen Tür. Das wäre ein guter Anfang.
Ich bin (zum Glück) "noch" nicht in der Situation so etwas entscheiden zu müssen. Jedoch ist mir meine Mutter (Vater ist schon verstorben) heilig und ich würde nicht mal den Gedanken daran verschwenden sie in ein Heim abzugeben, wo die Pfleger keinen Bock auf ihre Arbeit haben, die Menschen Stundenlang in ihrem Kot sitzen lassen (aus eigener Erfahrung meiner Oma) und die Atmosphäre einem Krematorium gleicht.
Klar ist es nervig, wenn man ständig nach ihm schauen muss, er seine Windeln in der Wohnung verteilt und die Kommunikation nicht mehr klappt... Denkt jedoch bitte einfach ein paar Jahrzehnte zurück... Wer hat dir denn deine Windeln gewechselt wenn du sie bis in den Hals hoch voll gemacht hast, wer hat dich gepflegt mit liebe und Hingabe, wenn du Krank warst, wer war für dich Arbeiten, hat gekocht, deine Wäsche gewaschen und und und... Es ist so traurig, dass Menschen so schnell vergessen, sobald es schwierig wird. Du hast nun einfach die Möglichkeit einen winzigen Teil zurück zu geben. Das solltest du nicht als Belastung sehen! Eher als ein Geschenk, denn du kannst JETZT noch Zeit mit ihm verbringen, und die solltest du dir auch nehmen. Setz dich einfach mal neben ihn! Schau dir alte Bilder an, lies ihm was vor! Darüber solltest du nachdenken! Nicht darüber, was ein Aufenthalt in einer Pflegeeinrichtung kostet!
Sorry, aber ich kann deine Art zu denken nicht verstehen, weil ich eine ganz andere Sichtweise habe. Ich will dich nicht Kritisieren oder deine Entscheidung in Frage stellen. Ich wünsche dir und deiner Familie alles Gute.
Danke für Deine ehrliche Antwort. Du hast meinen Beitrag vielleicht nicht richtig durchgelesen. Darin steht nirgends, dass ich darüber nachdenke, was ein Aufenthalt in einer Pflegeeinrichtung kostet.
Ich denke, dass für eine Pflege zu Hause, die ich meinem Vater unbedingt geben will, eine Zusammenarbeit des Pflegebedürftigen gehört.
Da wir keine professionellen Pflegekräfte sind, kann ich mich (und meine Frau sich) nicht dagegen wehren, wenn ich nach den Entsorgung einer vollen Windel Magenbeschwerden und Appetitlosigkeit bekommen. Soweit ich weiss, hat mir mein Vater übrigens nie die Windeln gewechselt. Dafür war immer meine (leider bereits vor 28 Jahren verstorbene) Mutter zuständig.
Wie dem auch sei (und da habe ich mich sicher mißverständlich ausgedrückt): wir genießen tatsächlich die Momente, in denen mein Vater klar ansprechbar ist, wir gemeinsam lachen können, wir ihn gemeinsam zu Bett bringen, ich ihn im Rollstuhl spazieren fahren kann, uvm. Wir möchten ihn in den letzten Monaten (vielleicht auch Jahren) seines Lebens begleiten und in keinesfalls(!) abschieben. Es würde ihm das Herz brechen.
Allerdings müssen wir nüchtern und sachlich feststellen dürfen, dass wir zunehmend an unsere physischen und psychischen Grenzen gelangen.
Das mit dem "was ein Pflegeheim kostet" war eher im übertragenen Sinne gemeint.
Ich kann dich sehr gut verstehen. Mein Vater litt an Krebs und ich musste ihm 2 Jahre beim sterben zusehen (er ist übrigens auch zu Hause gestorben im Beisein von uns Kindern und meiner Mutter).
Es ist schon schwer, vor allem wenn ich mir vorstelle, dass die Kommunikation nicht klappt. Dass euch nervlich langsam die Reserven ausgehen kann ich auch verstehen. Kann euch der Pflegedienst denn keine Tipps geben? Es gibt auch bestimmt viel Literatur zu diesem Thema.
ich weiß nicht, was ich dir sonst noch raten könnte... Es geht vorbei...
Vielen Dank nochmals für Eure hilfreichen Antworten! Mein Vater ist am 31.10. über Nacht friedlich alleine eingeschlafen - zu Hause in seinem Bett. Ich mache mir viele Gedanken, wie und warum sein Heimgang letztendlich doch so schnell und v.a. relativ plötzlich kam. Einige Tage davor konnte er sich kaum aufrichten, nicht einmal, um zu Trinken. Wir halfen ihm stets dabei, er trank also vermeintlich genug. Wie auch immer: uns und v.a. ihm ist es erspart geblieben, über einen Heimaufenthalt oder eine 24h Betreuung nach zu denken. Dagegen hätte er sich mit Sicherheit gesträubt. Liebe Grüße Daniel
Ich sehe uns mittelfristig nicht mehr in der Lage, meinen Vater so zu
versorgen, erst recht nicht, wenn sein körperlicher und geistiger Abbau
so voran schreitet.
ich weiss nicht, woran dein vater leidet.. wenn es demenz ist, dann kann ich dir die alzheimer gesellschaft ans herz legen.
oder aber den pflegestützpunkt in deiner nähe.
ich hoffe, du hast solange dein vater noch "klar" war, alle vollmachten eingeholt, die du künftig brauchst??
ich kenne deine situation.. alles gute.!
Vor dieser Frage standen wir schon häufiger, allerdings ist mein Vater noch so klar bei Verstand, um einen Heimaufenthalt abzulehnen. Gegen seinen Willen geht da nichts - und soll es auch nicht.