Warum macht Essig Tinte wieder sichtbar nachdem eine knödelhilfe Lösung die Tinte unsichtbar machte?
Gib in ein Glas 250 ml Wasser und löse darin drei Tropfen blaue Tinte. Gib in eins der Gläser einen Teelöffel Knödelhilfe Lösung und beobachte. Gib in dasselbe Glas anschließend zwei Esslöffel Essig und beobachte. Kann mir jemand sagen warum die verschwundene Tinte durch den Essig wieder sichtbar wird ?
5 Antworten
Wie wir bereits früher mal geklärt haben: Knödelhilfe ist Natriumsulfit. Vermutlich ist das ganze also eine Redoxreaktion mit pH-Abhängigkeit.
Aber es ist schwer, ein Experiment zu erklären, daß ich (mangels Na₂SO₃ und Tinte) nicht machen kann. Du hast das Experiment hoffentlich gesehen. Also beschreib mal: Auf welche Art kommt die Farbe zurück, wenn man Essig zugießt? Langsam oder schnell, im ganzen Volumen gleichzeitig oder von oben oder von unten?
Soweit ich weiß ist es so, dass ein alkalisches Milieu eine Entfärbung der Tinte bewirkt (durch eine Strukturänderung des Moleküls). Die saure Essigsäure verändert die Struktur des Tintenblaumoleküls dann wieder so, dass es durchkonjugiert ist und daher wieder Teile des Lichts absorbiert.
Über eine H3O+ / OH- Ionen-konzentrationsabhängige Konformationsänderung des Moleküls, welches Farbänderung bewirkt.
Moin,
"Knödelhilfe" enthält u.a. Natriumsulfit. Blaue (Füller-)Tinte gehört zu den sogenannten Triphenylmethan-Farbstoffen. Ich weiß jetzt nicht, wie gut du dich bei Farbstoffen auskennst, deshalb versuche ich mal, das möglichst einfach zu erklären.
Triphenylmethan-Farbstoffe zeichnen sich dadurch aus, dass an ein zentrales Kohlenstoffatom drei Sechsringe gebunden sind. Mindestens zwei dieser drei Sechsringe liegen als Aromat vor (Benzolringe). Der dritte Sechsring liegt entweder auch als Aromat vor (Benzolring) oder ist über eine Doppelbindung an das zentrale Kohlenstoffatom gebunden und hat dann im Ring noch zwei Doppelbindungen, die sich gegenüber liegen.
Es gibt nun zwei Grenzstrukturen dieser Farbstoffklasse, die über ein ausgedehntes delokalisiertes pi-Elektronensystem verfügen. Solche pi-Elektronensysteme sind dafür verantwortlich, dass Lichtwellenlängen absorbiert (also "geschluckt") werden. Das "Restlicht" wird dabei reflektiert; es entspricht der Summe aller Wellenlängen abzüglich der absorbierten Wellenlängen und daher der Komplementärfarbe der absorbierten Wellenlängen. Triphenylmethan-Farbstoffe, die in der Tinte vorkommen (Kristallviolett) absorbieren Wellenlängen, die um 585 nm liegen. Das ist gelb-oranges Licht. Deshalb sehen wir die reflektierten Wellenlängen als Komplementärfarbe, also als tiefblau.
Die beiden Grenzstrukturen, die Wellenlängen um 585 nm absorbieren, sind einmal eine Form, bei der das zentrale Kohlenstoffatom als Carbokation (Carbeniumion) vorliegt; man bezeichnet diese Grenzstruktur daher als "Carbenium-Form". Die andere wichtige Grenzstruktur ist die sogenannte "Chinoid-Form". Bei dieser liegt - wie oben bereits erwähnt - kein aromatischer Ring vor, sondern ein Sechsring, der über eine Doppelbindung an das zentrale Kohlenstoffatom gebunden ist.
Das entscheidende an diesen beiden Grenzstrukturen ist nun, dass sie beide planar sind. Das heißt, dass alle Sechsringe und das zentrale Kohlenstoffatom in einer Ebene liegen. Dadurch "verschmiert" das pi-Elektronensystem über das gesamte Molekül und ist damit sehr ausgedehnt. Das ermöglicht dann die Absorption von Wellenlängen im sichtbaren Bereich des Spektrums elektromagnetischer Strahlung.
Nun kommt die Wirkung der Sulfit-Anionen ins Spiel. Sulfit-Anionen (SO3^2–), wie sie in Natriumsulfit (Na2SO3) vorkommen, reagieren mit Wasser zu Hydrogensulfit-Anionen und Hydroxid-Anionen
Na2SO3 + H2O ---> 2 Na^+ + HSO3^– + OH^–
Und nun kommt's: Sowohl die Hydrogensulfit-Anionen als auch die Hydroxid-Anionen sind in der Lage, sich an das zentrale Kohlenstoffatom zu binden, wenn es in seiner Carbeniumionen-Form vorliegt.
Wenn sich eines der beiden Anionen aber an das Carbeniumion bindet, wird aus dem sp2-hybridisierten planaren Kohlenstoffatom ein sp3-hybridisiertes tetredrisches Kohlenstoffatom. Wenn das passiert, ist das Molekül aber nicht mehr zweidimensional-planar, sondern dreidemensional-tetraedrisch. Das bedeutet auch, dass sich die delokalisierten pi-Elektronen nicht mehr über das gesamte Molekül, sondern nur noch jeweils innerhalb der drei Benzolringe ausbreiten können. Innerhalb jedes Rings wird dann zwar immer noch elektromagnetische Strahlung absorbiert, aber die befindet sich dann im Wellenlängenbereich von UV-Strahlung und nicht mehr im für uns sichtbaren Bereich. Deshalb erscheint uns der Stoff dann plötzlich als farblos.
Tja, und wenn du dann Essigsäure (oder noch besser Salzsäure) zu der entfärbten Lösung hinzu gibst, erhöhst du die Oxoniumionen-Konzentration (H3O^+) in der Lösung, weil die hinzugegebene Säure (wenigstens teilweise) Protonen ans Wasser abgibt. Die abgegebenen H^+-Ionen sorgen dann dafür, dass aus dem Hydroxid-Bindungspartner am zentralen Kohlenstoffatom des (ehemaligen) Farbstoffmoleküls wieder ein Wassermolekül wird. Wasser ist eine prima Abgangsgruppe. Es löst sich vom zentralen Kohlenstoffatom, das daraufhin wieder in seine sp2-hybridisierte planare Carbenium-Form übergeht, so dass sich das pi-Elektronensystem wieder über das gesamte Molekül erstrecken kann - die blaue Tintenfarbe kehrt zurück...
Analoges gilt auch für das Hydrogensulfit-Anion, das - wenn es protoniert wird - zu Schwefliger Säure wird, die sich vom zentralen Kohlenstoffatom ablöst und die Farbigkeit des Triphenylmethan-Farbstoffs zurückkehren lässt.
Ich hoffe, es war verständlich. Für die bildhafte Darstellung der Strukturen google mal nach Triphenylmethan-Farbstoffen...
LG von der Waterkant
Ja klar, Einfach erklärt. :-)) Ist der Fragesteller Chemiestudierender im Hauptstudium oder ist er Mittelstufen Schüler?
joar, das war total einfach 8 )
Also ich habe ja nichts gegen Leute, die Fragen stellen, aber das ist Wettbewerbsbetrug!