Bedeutung von Körpererinnerungen?
Hallo zusammen
Meine Frage betrifft das Thema Psychotrauma/Komplexe PTBS/Flashback/Körpererinnerungen.
Bei Flashbacks in diesem Zusammenhang glaube ich, dass diese jeweils sehr detail- und wahrheitsgetreu das Trauma noch einmal wiedergeben (?). Wie ist das bei Körpererinnerungen in diesem Kontext? Stehen diese auch für reale Empfindungen zum Zeitpunkt des traumatischen Erlebnisses oder können Sie Symbolcharakter haben?
Ein Beispiel: Man spürt sehr real wie einem Tränen über die Wangen laufen, jedoch weint man nicht und ist auch nicht traurig in dem Moment (=Körpererinnerung). Ist diese Körpersensation nun die reale Erinnerung an einen Moment als man weinte, oder kann sie auch symbolisch für einen Moment stehen, in dem man einfach traurig war, aber nicht geweint hat?
Besten Dank!
1 Antwort
Wie würde der Körper eine "symbolische Körper-Erinnerung" fabrizieren?
Was löst Tränenfluss aus: Fremdkörper im Auge, trockene Luft, Zugluft und starker Wind, Trauer aus unterschiedlichen Gründen, starker körperlicher Schmerz, nicht bei jedem, aber auch ohnmächtige Wut.
Nicht bei jedem traurigen Ereignis kommt es auch zu gesteigertem Tränenfluss. Ist die Person gleichzeitig zu entsetzt, kommt es eher zu einem schockiert sein, denn zu sofort ausgelebter Trauer. (Keine Tränen haben, oder zu schockiert sein zum Weinen). Dann werden die negativen Emotionen darin inklusve der Trauer darin (als Schutzmechanismus) nicht verarbeitet, sondern (zunächst) mit abgekapselt.
Mit jeder Erinnerung daran bzw. Flashback dazu, kann die Trauer dann nach und nach verarbeitet werden. War das Trauma weit über dem "Maß des verarbeitbaren", bleibt der emotionale Anteil daran abgekapselt, und es wird daraus eine anhaltende PTBS. Dann verstört jeder Flashback erneut, aber die Wirkung schwächt sich nicht ab.
Das Maß dessen, was eine Person "verarbeiten" kann ist individuell und auch alters- bzw. verständnisabhängig. Mein Enkel (2,5 J.) war zwei Monate lang einfach nur wütend darüber, dass Opa seinen letzen Brief nicht beantwortete. Erst dann begann er zu realisieren und zu verarbeiten, dass Opa gestorben war usw.
Ein Flashback von einem traurigen Moment, kann immer nur die seinerzeit damit im Zusammenhang empfundenen körperlichen Auswirkungen wieder in Erinnerung bringen. Hat man damals nicht geweint, kann man auch beim Flashback keine Tränen spüren. Die Verarbeitung des Ereignisses kann dann durchaus zu Tränen im hier und Jetzt führen, die dann aber nicht zum Flashback selbst gehören.
Nehmen wir z.B. eine traumatisierende Situation mit Schlag, der einen blauen Fleck macht. Dann erinnert man sich daran, bzw. kommt es zu einem Flashback. Es kann jeder einzelne Erinnerungsfetzen wieder vor dem geistigen Auge stehen, inklusive wie sich der Schmerz genau anfühlte und den in dem Moment empfundenen Emotionen; aber es entsteht dann kein blauer Fleck. Der Schmerz kann auch so stark wieder-empfunden werden, dass einem im hier und jetzt vor Schmerz die Tränen kommen, sogar wenn damals keine flossen.
Was als schlimm bzw. psychisch belastend eingestuft wird, ist auch ganz unterschiedlich. Hier in Europa - zwei Kinder (9 + 5) - Mutter geht zur Arbeit - Vater kommt in einer Stunde nach Hause - Kinder so lange auf sich gestellt - da müsste doch das Jugendamt... In Afrika - zwei Kinder (7 + 9) - jedes ein MG auf der Schulter - suchen zwischen getöteten Soldaten nach Brauchbarem - das ist dort recht alltäglich - kaum einer nimmt davon Notiz. Hier in Europa - Rumänien - lies selbst:
https://de.wikipedia.org/wiki/Straßenkinder_in_Rumänien#Ursachen
Lebt man in einer belastenden Umgebung, in der es häufig zu traumatischen Erlebnissen kommt, stumpft man ab und "zählt nur noch die Einschläge". Zum Aufarbeiten genügt es dann auch je ein oder wenige gleichartige Traumata für alle gleichartigen anzugehen.