Chancen als zukünftige Hebamme?
Hallo!
Ich bin 18 Jahre alt und befinde mich im Endspurt meines Bundesfreiwilligendienstes im Krankenhaus. Ich habe dort über ein Jahr gearbeitet, in der Allgemeinchirurgie und in der Notaufnahme. Eigentlich würde am 01.04.18 meine Ausbildung zur Kinderkrankenschwester beginnen, aber mittlerweile bin ich mir nicht mehr so sicher, ob es das richtige ist.
Ich habe oft darüber nachgedacht Hebamme zu werden, habe den Gedanken aber leider nie wirklich vertieft. Die Vorstellung an eine nicht vergütete Ausbildung, mit hohen Versicherungskosten und ein schlechtes zukünftiges Gehalt klingt halt nicht wirklich attraktiv. Aber der Gedanke, werdenden Eltern zur Seite zu stehen, mit Säuglingen zu arbeiten und Leben auf die Welt zu bringen, übersteigen die negativen Gedanken!
Hinzu kommt, dass ich bis auf ein paar Schnuppertage nie wirklich im Kreißsaal beschäftigt war und nicht die Erfahrungen in dem Bereich habe, wie in der Pflege. Ich könnte natürlich noch ein Praktikum dort absolvieren, aber dafür fehlt mir schlichtweg die Zeit, außer ich würde meine Ausbildung dafür absagen, was zum jetzigen Zeitpunkt, ohne sichere Alternative, keine Option ist.
Was meine eigentliche Frage ist:
Ist der Beruf der Hebamme, der ja nun nicht den besten Ruf genießt, es wert, dass ich meine Pläne nochmal komplett umwerfe? Ich brauche jetzt keine klugen Ratschläge wie "informier dich im Internet". Am liebsten wären mir persönliche Meinungen und Erfahrungen.
Danke imVoraus!!
2 Antworten
Kann ich nur von abraten... du hast ja die Versicherungskosten erwähnt... das hat meiner Mutter mit Mitte 50 das Genick gebrochen. Sie war schon immer Hebamme und sieht sich jetzt nach was anderem um.
Allerdings war sie selbständig... kA wie es im Krankenhaus ist.
Hebammen sind die Fachfrauen für Schwangerschaft, Geburt, Wochenbett und Stillzeit. Unser Berufsstand ist durch die sogenannte "Hinzuziehungspflicht" geschützt.
Aber diesen Beruf solltest du nicht aus materiellen Gründen auswählen, er ist eher eine Berufung. Doch um Arbeit oder einen Arbeitsplatz brauchst du dir keine Sorgen machen, sowohl freiberufliche als auch angestellte Hebammen werden händeringend gesucht.
Hebammenhilfe umfaßt die Betreuung in der Vorsorge, die Geburt, im Wochenbett, sämtliche Fragen zum Stillen, der Babypflege, sowie die Begleitung in der Phase der Rückbildung.
Es gibt in Deutschland (noch) zwei Wege, den Beruf der Hebamme zu erlernen:
Die althergebrachte Ausbildung erfolgt an einer der 58 Hebammenschulen im Bundesgebiet und es wird ein Ausbildungsgehalt gezahlt. Die Zugangsvoraussetzungen für die Ausbildung sind im Hebammengesetz § 7 geregelt (gesundheitliche -physische und psychische- Eignung, Realschulabschluss oder gleichwertige Schulbildung oder Hauptschulabschluss und eine mindestens 2-jährige abgeschlossene Berufsausbildung oder die Erlaubnis als Krankenpflegehelferin oder Krankenpflegehelfer).
Knapp 70% der Hebammen haben das Abitur. Die Ausbildung zur Hebamme dauert 3 Jahre und schließt mit dem Examen ab.
Mittlerweile gibt es aber auch einen Bachelorstudiengang (z.B. in Bochum, Fulda und Berlin) zur Hebamme. Mittel- bis kurzfristig (ab 2020) wird das Studium die Ausbildung an einer Hebammenschule ersätzen, um dem europäischen Standard zu entsprechen.
Der Beruf der Hebamme ist nicht immer Friede-Freude-Eierkuchen, süße Babys, selbstbestimmende, kraftvolle Gebärende und glückliche Mütter...
Als Hebamme begleitest du auch Geburt mit weniger schönem Ausgang; stille (Tod- oder Fehl-) Geburten, Geburten von behinderten oder missgebildeten Kindern bis hin zu nicht mit dem Leben zu vereinbarende Fehlbildungen, dramatische Notfälle unter der Geburt mit Bedrohung des Lebens von Mutter und Kind, Geburten von unerwünschten Kindern...
Du kommst mit sämtlichen Ausscheidungen in Berührung; Blut, Fruchtwasser, Urin, Kot, Erbrochenes... Nicht jede werdende Mutter ist frisch geduscht, wohlduftend und gut gepflegt...
Nicht selten kommst du mit bakteriellen und viralen Infektionen und Pilzerkrankungen in Kontakt; Syphilis, Toxoplasmose, Gonorrhoe, Chlamydien, Varizellen, Masern, Mumps, Tuberkulose, B-Streptokokken, Röteln, Cytomegalie, Herpes simplex, Hepatitis B und C, HIV, Humanes Papillomavirus...
Du arbeitest als angestellte Hebamme im Schichtdienst; nachts, am Wochenende, an Feiertagen..., springst bei Krankmeldungen häufig ein und machst oft Überstunden, immer mehr Schreibkram und weniger Zeit für die eigentliche Hauptaufgabe und das alles bei chronischer Unterbesetzung...
Du arbeitest als freiberufliche Hebamme schlecht bezahlt, in einer ungeklärten Versicherungsproblematik und in Dauerbereitschaft...
Im Krankenhaus wirst du nach Tarif bezahlt (etwas besser als eine Krankenschwester) und arbeitest bei Vollzeit 38,5 Stunden. Freiberuflich rechnest du über die Gebührenverordnung mit den Krankenkassen ab - das entspricht in etwa dem Mindestlohn.
Es ist ein stressiger, verantwortungsvoller, manchmal auch trauriger und unterbezahlter Beruf und er ist vielfältig, erfüllend und wunderbar.
Auf jeden Fall - sowohl um einen Einblick in den Beruf zu erlangen als auch um deine Chancen bei deiner Bewerbung für einen Ausbildungsplatz zu erhöhen - empfehle ich dir ein mehrwöchiges Praktikum. Das kannst du z.B. im Krankenhaus, in einer Hebammenpraxis, im Geburtshaus und/oder bei einer freiberuflichen Hebamme machen.
Schau auch mal unter
https://www.hebammenverband.de/beruf-hebamme/
oder
http://www.ausbildung-hebamme.de/Bewerbung-Hebammenausbildung.html
Alles Gute für dich!