Obdachlos und keine Krankenversicherung

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Obdachlose haben das Recht auf Krankenversicherung, die für sie kostenlos ist, wenn sie Sozialgeld oder Arbeitslosengeld II beziehen. Sie müssen aber bis 80 € pro Jahr die Praxis- und Rezeptgebühren bezahlen, bevor sie von weiteren Zuzahlungen befreit werden. Die Befreiung bedingt wiederum, nicht nur die ersten 80 € selber aufzubringen, sondern auch die Belege dafür zu sammeln und der Krankenkasse vorzulegen.

steffomio 
Beitragsersteller
 08.03.2012, 22:14

...sondern auch die Belege dafür zu sammeln und der Krankenkasse vorzulegen....

Mit was gehe ich denn zum Arzt? Mit einer Krankenkassenkarte, mit einem Verrechnungsschein oder kann ich mir das aussuchen?

steffomio 
Beitragsersteller
 08.03.2012, 22:11

Wie werden die 80€ im Detail abgefragt? Muss ich beim ersten Bedarf einer medizinischen Versorgung alles auf einmal bezahlen und alle weiteren sind dann kostenfrei oder wie geht das von statten?

So, das Problem konnte gelöst werden. Hier die Lösung nochmal alles zusammen gefasst.

Was wird auf jeden Fall benötigt:

Gültiger Ausweis mit Adresse O.f.W(am besten aber auch am schwersten zu bekommen!) oder nur Stadtname ohne Str. und Hausnummer(Probleme in Süddeutschland). Wenn nicht vorhanden, Geburtsurkunde besorgen (siehe unten bei optional).

Sozial- oder Rentenversicherungsnummer, kann aber mit Ausweis beim Finanzamt erfragt werden oder beim Jobcenter, wenn noch alte Datensätze vorhanden sind.

Optional sollte man haben:

Krankenversicherungsnummer, bekommt man mit Ausweis bei jeder Filiale wo man zuletzt versichert war.

Geburtsurkunde, bekommt man für ca. 10€ beim Standesamt des Geburtsortes ohne Vorlage irgendwelcher Dokumente. Man sollte jedoch mindestens seinen Geburtsnamen, sein Geburtsdatum (Tag, Monat, Jahr) wissen und in welcher Stadt man geboren wurde.

So geht's bei Minimum an Dokumenten:

Mit dem Ausweis geht man zur Tagesgeldstelle beim JobCenter. Dort bekommt man min. 2 Dokumente: Ein Dokument zur Auszahlung von Tagesgeld (ca. 12€) für 3-5 Tage im Monat. In größeren Städten meist durchgehend den ganzen Monat. Eine Einverständniserklärung, dass man bereit ist min. 3std. am Tag zu Arbeiten - was man aber nie tun muss, wenn man nicht länger Geld am jeweiligen Ort beziehen möchte ;)

Aber für uns fehlt noch ein drittes Dokument für die (noch) fehlende Krankenversicherung. Hier sagt ein Bild mehr als tausend Worte:

http://s1.bild.me/bilder/060112/2165258Obdachlos-und-keine-Krankenversicherung.jpg

Bemerkenswert ist der handschriftliche Zusatz: "Hiermit wird bestätigt, dass Herr Mustermann, Max geb. 01.01.0815 Tagessätze für den Zeit vom xx.xx.xxxx - yy.yy.yyyy bezogen hat und für die o.g. Zeit bei der AOK pflichtversichert wurde! --Datum, Stempel, Unterschrift.

Das steht sinngemäß auch oben tabellarisch als maschineller Ausdruck! Wie auch immer, mit diesem Zettel bekommt man zwar schon Krankenscheine, aber die haben noch keine Krankenversicherungsnummer, da die erst noch erstellt werden muss. Das dauert in der Regel nur ein paar Tage.

Man kann damit zwar schon zum Arzt gehen, jedoch muss dieser die fehlende Nummer Telefonisch mit der Versicherung klären, darum ist das nicht besonders Empfehlenswert. Wenn die Beschwerden also noch ausgehalten werden können, sollte man lieber noch etwas warten, bis man vollständige Krankenscheine (also mit Krankenversicherungsnummer) bei der Versicherung gegen Vorlage dieses oder eines ähnlichen Zettels bekommt.

Nun muss man noch den Arzttermin mit der Auszahlung der Tagessätze und -möglichst- etwas Körperhygiene logistisch synchronisieren, was an einigen Orten oft nicht ganz einfach ist. Ob Praxisgebühr (10€) abverlangt wird, weiß ich jetzt noch nicht. Die sollen aber wohl eh abgeschafft werden, weil die nur 2 Mio's eingebracht haben, wie es heute im Radio zu hören war. Mann sollte sie also zur Sicherheit dabei haben.

Nach dem Arztbesuch muss man keine Dokumente mehr zur Versicherung bringen. Das wäre auch viel zu Unzuverlässig und regeln daher die Arzthelferinnen gerne freiwillig, da sie sonst kein Geld bekommen. Nun kann man ganz normal zur Apotheke gehen.

In der Apotheke gelten die gleichen Regeln wie bei Hartz IV Empfängern: Zuzahlung pro Rezept(meist 5€) sind maximal 80€/Jahr. Allerdings muss man die Bons/Quittungen aufbewahren und der Krankenversicherung vorlegen, damit die totale Befreiung für den Rest des Jahres freigeschaltet werden kann.

Zeitaufwand und Kosten pro Arztbesuch

Kalkuliert man nun alles miteinander:

Zugfahrt, Telefon, Hygiene, Praxisgebühr, Rezeptgebühr, durch Logistik der Termine ungünstiger Aufenthaltsort und Mehrfahrten , dann kommt man auf 30-50€ (3-5 Tagessätze) zusätzliche Kosten pro Arztbesuch.

7-14 Tage Geld sparen, Anlauf- und Organisationszeit, besonders erschwert wenn kleine Städte nur 3 Tage/Monat zahlen und daher ständig der Ort gewechselt werden muss. Eine menge Geld und Zeit also. Unter den widrigen Bedingungen eines Obdachlosen eine riesige Herausforderung. Wer trinkt und raucht bekommt das Geld und die organisatorische Herausforderung sicher niemals zustande.

So, ich bin nun auch total Befreit und habe einen ganzen Batzen weniger Sorgen und weiß woran ich bin. Heute ist es ja Sonnig und vor allem TROCKEN :DD

Und vielen vielen Dank an meinen Helfer! Ohne den könnte ich das hier nicht schreiben! Also bleibt Gesund und HELFT EINANDER, wo es nur geht!

Gruß

Hallo, nachdem eine generelle Versicherungspflicht besteht, steht die KV eben auch einem Obdachlosen zur Verfügung. Dies wurde schon beantwortet. Die Zuzahlung ist anteilig beim Bezug von Medikamenten zu entrichten. Deshalb sollten diese Zuzahlungsquittungen gut aufgehoben werden und dann, wenn der Betrag überschritten worden ist, der Krankenkasse gesammelt vorlegen. Viel Erfolg beim Kampf mit der Verwaltung.

steffomio 
Beitragsersteller
 08.03.2012, 22:44

...Viel Erfolg beim Kampf mit der Verwaltung....

Danke! Aber wenn ich an morgen denke, wird mir ganz flau im Bauch :/

steffomio 
Beitragsersteller
 08.03.2012, 22:39

http://berber-info.de/de/zahlstellen/38-zahlstellen-in-niedersachsen Hier erfährt man, dass einige Städte nur wenige Tage Sozialgeld auszahlen. Dadurch entstünde de facto ein sehr kleines Zeitfenster (z.B. 3 Tage), in dem man eine med. Versorgung wahrnehmen kann. Danach müsste man sein Glück in einer anderen Stadt versuchen, wenn ich das richtig verstanden habe?

Des weiteren würde ich gerne erfahren, ob es eine generelle Regel gibt, nach der die Städte ihre Zähler wieder zurück setzen und eine erneute Auszahlung von Tagesgeld möglich ist.

*Sorry, dass ich euch hier Löcher in den Bauch frage, aber erstens wissen meine Kollegen das oft auch nicht und zweitens sind die Beamten in den Sozialstellen alles andere als Auskunftswillig. Auch ja, und meinen netten Helfer interessiert dass auch sehr brennend :) *

Sorry, die Formatierung des AOK Textes war nicht richtig. Hier nochmal etwas leserlicher: AOK benötigt Betreuungsauftrag durch Träger:

Bitte Betreuungsauftrag schicken an

AOK -Die Gesundheitskasse für Nds- Geschäftsbereich Auslandsabkommen, Auslandsgeschäfte Hans-Böckler-Allee 13 30173 Hannover

Bitte angeben ob Krankenversicherungskarte o. Abrechnungsscheine benötigt werden und wohin ggf. die Krankenversicherungskarte geschickt werden soll.