Übertragungs- und Gegenübertragungsliebe mit meinem Psychotherapeuten? Erfahrungen, Tipps und/oder Ratschläge? (Vielleicht von Psychologen selbst)?

2 Antworten

Hallo!
Du hast das jetzt sehr offen und recht anschaulich beschrieben.
Mein Eindruck nach deiner (wohlgemerkt: deiner) Schilderung des Therapeutenverhaltens war, dass hier offenbar tatsächlich in unzulässiger Weise übliche Grenzen der professionell geforderten Zurückhaltung ('Abstinenz') missachtet worden sind.
Und wie auch in diesem Fall zu sehen ist (so zumindest meine Einschätzung) führt das eher zu (emotionaler) Verwirrung, als dass es hilft, auf Seiten des Patienten seine Erlebnisse und seine Gefühle zu klären, was ja (unter anderem) Ziele der Therapie sind.

So wie du es schilderst, denke ich schon, dass dein Therapeut dich sehr gemocht hat. Das hat jetzt aber mit einer (Liebes-)Beziehung im realen Leben nur wenig zu tun. Ehrlich gesagt, halte ich eine solche für nicht tragfähig. Da ist zum einen eure Ausgangssituation (Therapeut / Patient) und es bestehen - mal abgesehen vom Altersunterschied - sehr unterschiedliche Lebenswelten.

Du hast jetzt aber starke Gefühle für ihn. Nun, du hast selbst sehr viel Sehnsucht nach dem Vater angedeutet und offenbar war da dein Therapeut ein guter Ausgleich und im gewissen Sinne hatte er eine Stellvertreter-Funktion.
Ich würde dir dringend raten, es dabei zu belassen.
Sei dankbar für diese Zeit und die spürbare Wertschätzung und Liebe (im unerotischen Sinne), die du erfahren und bekommen hast!
Du könntest, wenn du wieder eine Welle der Sehnsucht aufkommen spürst, vielleicht einfach im Geiste (oder Herzen): "Danke!" sagen - "Danke für diese Zeit, die mir sehr geholfen hat!". - Und  dann wende dich wieder DEINEM Leben zu!
(Das waren jetzt ein paar Gedanken von mir dazu; und ich kenne die Thematik ganz gut, darf ich dazusagen ...)







larakribeh 
Beitragsersteller
 23.04.2017, 22:47

Erstmal ein großes Dankeschön für deine ausführliche Antwort! Ich werde versuchen, deinen Tipp umzusetzen. Bin mir nur nicht sicher, ob ich es auch wirklich dabei belassen kann.

Tamtamy  23.04.2017, 22:52
@larakribeh

Probier es einfach!
Versuche wirklich, deine Dankbarkeit zu SPÜREN.
Du hast wirklich etwas bekommen und mitgenommen aus dieser Zeit, würde ich sagen ...
Etwas fällt mir gerade noch ein:
Lies doch mal das Gedicht von Hermann Hesse: Stufen.
Und lass es auf dich wirken!

Mag sein, dass er ein guter Mensch ist. Das glaube ich auch gerne - wäre eine Schande, wenn ein Therapeut kein guter Mensch ist ;)

Denke du hast dich so sehr zu ihm hingezogen gefühlt, weil er dir Aufmerksamkeit gab, dich und dein Handeln bekräftigt hat, dir in der Therapie nichts peinlich sein musste, du weinen konntest, er immer nett war, verständnisvoll, dir zugehört hat, obwohl es so viele nicht taten und deine Probleme wirklich begriffen hat und darauf eingegangen ist.
Es kommt häufiger vor, dass man sich dann zu dem Therapeut hingezogen fühlt. Was auch verständlich ist. Manche haben das alles nicht so wirklich erlebt und auf einmal kommt eine Person, die einem das alles gibt.

Es ist sehr gut, dass du zu einer Therapeutin gegangen bist. In so einer Beziehung kann man keine guten Therapieerfolge erzielen.

Ich finde es eher kritisch, dass du ein Verhältnis mit ihm eingehen willst. Therapeut - ehemals Klient ist das selbe wie Lehrer - ehemals Schüler -> i-wie komisch und "sollte" man auch nicht machen.

Liebe gestehen würde ich deshalb nicht und wenn du es unbedingt aber machen willst, dann schon gar nicht per Mail..

Überlege dir gut, was danach passieren soll. Er wird sicherlich nichts mit einer ehmaligen Klientin anfangen.. horche auch in dich hinein und beantworte die Frage ehrlich: Hast du dich in ihn als Person verliebt oder nur in das Konstrukt einer lieben Person, die für dich da ist, der du nicht egal bist und so weiter?

Mit wie vielen Jahren hast du den Therapeut gewechselt?

Ich würde mir das aus dem Kopf schlagen.. eine Beziehung würde nur komisch anfangen. Immerhin ist Therapeut und Klient ja ein bestimmtes Verhältnis. Ich will nicht sagen, dass der Klient dem Therapeut untergeordnet ist, aber i-wie hat ja der Therapeut das Wissen und gibt das ständig an dich weiter. Weißt was ich meine? Könnte so gar keine Beziehung anfangen.

Schau mal lieber, ob der Therapeut schon eine Familie bzw. Freundin/Frau hat. Dann fällt es dir leichter ihn zu vergessen.

LG :)

TheTrueSherlock  24.04.2017, 12:36

Dir eine noch bessere Zeit ;) genieße ihn

Tamtamy  23.04.2017, 22:58

Freut mich, 'TTS', dir mal wieder zu begegnen auf den verschlungenen Wegen der Psyche!
Und dein Beitrag hier hat mir (mal wieder) zugesagt!

TheTrueSherlock  23.04.2017, 23:05
@Tamtamy

Hehe, ja bei solchen Fragen trifft man immer wieder bekannte User :)
Das kann ich nur zurückgeben. Schön ist, dass dein Beitrag auch noch auf eigener Erfahrung beruht. Bei mir nicht direkt der Fall. Bin weiblich und habe auch eine Therapeutin. Fand ich anfangs besser, bevor ich mich auch verliebe oder was.. Wenn man psychisch labil ist, dann klammert man sich auch i-wie gerne an Menschen, die nett zu einem sind. Außerdem kann ich besser mit Frauen, als mit Männern.

Trotzdem kann ich es insofern nachvollziehen, weil ich meine Therapeutin mittlerweile auch wie so eine gute Freundin sehe und wir uns so vertraut sind. Wenn man so eng zusammenarbeitet und über vieles Tiefgründige redet, dann kann das echt schnell passieren.
Und ich denke, ich werde nach dem Ende meiner Therapie auch "Danke" sagen und so an die Zeit zurückdenken :) Das ist ein echt schöner Ansatz :)

Tamtamy  24.04.2017, 07:30
@TheTrueSherlock

Danke für deine Reaktion! Dir eine gute Zeit!
Ich fahre jetzt gleich in Urlaub für drei Wochen! (:-))

larakribeh 
Beitragsersteller
 23.04.2017, 22:52

Danke für die Mühe! Ich schätze mal, ich "schwebe auf Wolke sieben", die Realität leuchtet mir gerade ein. Kann wirklich sein, dass er für mich nur ein "Ersatz-Konstrukt" darstellt. Er ist seit 24 Jahren verheiratet...'grins...hust'

Vergessen kann ich ihn leider nicht. Ich werde es versuchen...

TheTrueSherlock  23.04.2017, 22:56
@larakribeh

So oder so.. da hast du die Antwort. In einer glücklichen Ehe, die schon so lange geht, pfutscht man nicht mehr rein. Egal wie groß die eigene Liebe sein möge.

Das sagt meine Oma immer ^^ Sie hat ihren Mann nämlich dadurch verloren... und genau von der Sichtweise musst du es sehen. Das ist enorm hart, ja.

Aber nach 24 Jahren gibt man nicht all das auf. Er wird auf deine Offenbarung nichts positives antworten - das muss dir klar sein :/

Vielleicht geht es dir besser, wenn du weißt, dass er glücklich ist.

Das kann teilweise echt schnell passieren, wenn du jemand anderes kennenlernst. Bis dahin, versuche realistischere Personen zu erobern, die noch nicht vergeben sind.

Ja, das ist sehr hart - allerdings bin ich mir sicher, dass du auch noch jemand finden wirst. Derjenige ist sicherlich dann auch etwas eher in deinem Alter und bestimmt genauso gut :)

larakribeh 
Beitragsersteller
 23.04.2017, 23:03
@TheTrueSherlock

Danke, nehme ich mir zu Herzen.

Allerdings habe ich echt Schwierigkeiten jemanden zu finden. Zumindest Jungs aus meiner Schule. Irgendwie fehlt da eine gewisse "Verbindung". Ich teile keine Interessen mit ihnen...und sie auch nicht mit mir, würde ich sagen.

Es ist leider schon so, dass ich mich zu "reiferen" Männern mehr hingezogen fühle, was mich vermutlich später mal in Schwierigkeiten bringen wird...

TheTrueSherlock  23.04.2017, 23:07
@larakribeh

Genauso war/bin ich auch ^^
Habe außerhalb von meiner Schule durch ein Online-Spiel jemanden kennengelernt und er ist auch 10 Jahre älter als ich. Aber es passt wunderbar!

Auch wenn es schwer erscheint, ist es noch lange nicht unmöglich. Und wenn du länger warten musst, dann vielleicht nur deshalb, weil es eine wundervolle Person ist, die deinen Weg kreuzen wird.