Das Thema ist leider nicht so trivial, wie es im Anfangsbeitrag klingt. Und aufgrund der wenigen Informationen auch schwer einzuschätzen.
Tatsache ist, dass in Deutschland jedes Jahr tausende Mädchen aus religiösen oder kulturellen Gründen einer Genitalverstümmelung unterzogen werden, oft während des Urlaubs in den Heimatländern der betreffenden Familien. Solche Operationen werden auch häufig als "normale ästhetische Operationen" dargestellt bzw. verharmlost. Meist lastet auf den Mädchen auch ein gewaltiger Druck (z.B. dass sie mit Beschwerden argumentieren sollen, damit die OP als "medizinisch notwendig" erscheint, wenn sie in Europa durchgeführt werden soll). Alleine aufgrund dieser Tatsache sehe ich es sehr kritisch, derartige Operationen bei Minderjährigen zu verharmlosen.
Was die Schmerzen konkret betrifft: In den allermeisten Fällen verschwinden diese, wenn:
a) Die Schamhaare, die eine wichtige Schutzfunktion für den Unterleib innehaben, bis zu ihrer natürlichen Länge wachsen dürfen. Sie schützen die Schamlippen vor Austrocknen und Überreizung.
b) Passende Unterwäsche getragen wird. Strings führen naheliegenderweise eher zu problemen als normale Unterwäsche oder z.B. Panties.
c) Fürs Fahrradfahren ein ergonomischer Sattel mit Loch in der Mitte verwendet wird.
Faktisch werden die meisten dieser Operationen, die auf den ersten Blick aufgrund von Schmerzen durchgeführt werden, durchgeführt, um sich mit weniger Komplikationen intim rasieren zu können, um für den Körper ungünstige unterwäsche tragen zu können, oder um sich keine neuen Sattel kaufen zu müssen. Tatsächlich gehe ich aber davon aus, dass die Schmerzen eher als Rechtfertigung herhalten sollen, wenn es sich in Wahrheit um psychische Probleme handelt, die die Motivation für eine OP sind.
Um nicht falsch verstanden zu werden: Ich möchte hier nicht über den konkreten Fall im Anfangsbeitrag urteilen, da hierfür schlichtweg zu wenige Informationen vorhanden sind (z.B. ob es schon mit den eben genannten Punkten versucht wurde oder ob eine kulturelle Motivation dahinter stehen könnte).
Die Operationen selbst gehen ebenfalls mit einem hohen Risiko her, daher ist nachvollziehbar, dass die Behörden diese bei Minderjährigen so gut es geht unterbinden möchten. Denn in dem Alter befindet sich der Charakter noch in der Entwicklung und viele bereuen später, in ihrer Jugend so einen Schritt unternommen zu haben. Außerdem gibt es immer wieder Berichte, dass bei entsprechenden Operationen, wo nur eine Verkleinerung gewünscht war, die Schamlippen praktisch komplett entfernt wurden, so dass auch keine verbleibende Schutzfunktion für den Unterleib mehr gegeben ist. Das zeigt auch die starke Fokussierung der Branche auf die kulturell bedingte Entfernung der Schamlippen.
Was das ärztliche Gutachten betrifft: Ein Gutachten ist keine absolute Wahrheit, es ist leider manchmal eine zutiefst subjektive und begrenzte Einschätzung des Arztes, die z.B. andere Möglichkeiten nicht in Betracht zieht oder aus einer bestimmten Perspektive geschrieben ist, während andere wichtige Aspekte ausgeblendet werden. Beispielsweise im Bereich von Brustoperationen kommt es sehr häufig vor, dass Ärzte/Chirurgen eine OP als "medizinisch notwendig" erachten, die Krankenkasse und ihre Gutachter dies jedoch anders sehen und die Kostenübernahme ablehnen. Das zeigt bereits, wie wenig aussagekräftig diese Art von Gutachten sein können und dass sie oft einseitig sind. So können die Gutachten auch verschleiern, dass es sich in Wirklichkeit um ein psychisches Thema handelt und nicht um ein körperliches. Auch "Gefälligkeitsgutachten", wie im eben genannten Beispiel mit den Brust-OPs, um den Patienten Geld zu sparen, sind in der Branche leider an der Tagesordnung. Auch wenn ich hier keine quantitative Wertung vornehmen will und kann, die Tatsache, dass derartige Gutachten von Krankenkassen regelmäßig abgelehnt werden, bleibt davon unberührt. Und im aktuellen Fall ist es eben nicht die Krankenkasse, die das Gutachten anzweifelt, sondern das Jugendamt, das hier ein Problem erkannt zu haben scheint - aus seiner Perspektive, die den Schutz der jugendlichen Person als höchste Priorität hat. Und wie oben bereits erwähnt: Es gibt in der Regel Alternativen zu einer Operation.
Dass die Schule sich hier bei einer Aktion beteiligt, die gegen das Jugendamt gerichtet ist, finde ich jedenfalls bedenklich und sehe hier ein ernstes Risiko, dass sich die Schulleitung und die beteiligten Lehrer strafbar machen. Die Eltern ebenso. Der formal korrekte Weg wäre über ein Gericht gewesen, um Rechtssicherheit zu schaffen. Auch die Tatsache, dass das Jugendamt bereits in diese Angelegenheit involviert war/ist, sehe ich als Grund, sehr genau hinzuschauen, worum es hier in Wirklichkeit geht. Die Fallbeschreibung lässt mich jedenfalls aufhorchen, ob da nicht noch mehr dahinter steckt.
Wie gesagt, meine Antwort ist eher allgemein zu dem Thema, da bei dem konkreten Fall viel zu viele Fragen noch offen sind.