Stottertherapie Kostenübernahme?

3 Antworten

https://youtube.com/watch?v=RqB3BPlag6g

Ich dachte erst, dass es Dir um das Thema Kostenübernahme für Stottertherapie im Allgemeinen geht. Da ist die Antwort nämlich klar: Die Kosten für Stottertherapie werden von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen, wenn sie von einem Arzt verordnet ist und von einem Vertragspartner der gesetzlichen Krankenkassen durchgeführt wird. Solche Vertragspartner sind ganz überwiegend Logopädinnen, aber auch andere Sprach- und Sprechtherapeuten unterschiedlicher Qualifikationen.

In diesen Fällen werden die Kosten (abzüglich einer Zuzahlung durch den Patienten von 10 Prozent plus einer Verordnungsgebühr von 10 Euro) übernommen. Ein besonderes Einverständnis der Krankenkasse ist nicht erforderlich. In aller Regel verordnet der Art eine oder mehrere Sitzungen pro Woche, wobei bei einigen Krankenkassengruppen nur 1 Sitzung pro Tag möglich ist.

Stottertherapie kann auch als Gruppentherapie durchgeführt werden. Das bedeutet, dass an einer Sitzung mehrere Patienten teilnehmen. Es gibt auch Gruppentherapien, die nach einem festliegenden "Programm" druchgeführt werden. Mit "Programm" ist gemeint, das die Menge der Therapiesitzungen festliegt und diese nach einem festliegenden Zeitplan erbracht werden.

Eines dieser Programme nennt sich "Vier-mal-Fünf". Das bedeutet, dass die Therapie in 4 Abschnitten zu jeweils 5 Tagen durchgeführt wird. Das Programm hat einen logischen Aufbau und in den Abschnitten werden unterschiedliche Aktivitäten durchgeführt und unterschiedliche Ziele verfolgt. Die Abschnitte liegen jeweils 6 Wochen auseinander, so dass das ganze (fast das ganze) Programm über etwa ein halbes Jahr läuft. Ein Wochenende nach einem weiteren halben Jahr bildet den Abschluss des Programms.

Der Zeitplan fußt auf der Überzeugung des "Erfinders" (das bin nämlich ich),

  • dass die Lösung des Stotterproblems nicht in ein paar Tagen zu bewältigen ist,
  • dass die intensive Befassung mit bestimmten Aspekten des Problems für kurze Zeit zu wichtigen Schlüsselerlebnissen führen kann und
  • dass es gut ist, zwischen den intensiven Therapieabschnitten wieder guten Kontakt zum wirklichen Leben zu haben, um realitätsnahe Erfahrungen mit dem Gelernten zu machen.

Dieses Programm wurde 1987 zum ersten Male durchgeführt. Ich selbst habe das Programm insgesamt 70 mal durchgeführt. Nähere Informationen findet man auf der Website, die man mit Google unter dem Suchwort "Viermalfuenf" findet.

"Vier-mal-Fünf" wird jetzt im Ostseebad Boltenhagen durchgeführt, wobei die gesetzlichen Krankenkassen die gesamten Therapiekosten übernehmen (abzüglich der üblichen Zuzahlung). Die Kosten für Unterkunft und Verpflegung tragen die Teilnehmer selbst, wobei eine Kostenbeteiligung als außervertragliche (d.h. freiwillige) Leistung der Krankenkasse möglich ist.

Stottertherapien bei Behandlern ohne einen einschlägigen Ausbildungs- bzw. Studienabschluss werden von den gesetzlichen Krankenkassen nicht übernommen. Dennoch kommt es immer wieder zu Kostenübernahmen, weil es Patieten gelingt, die Kasse unter Druck zu setzen mit der Drohung, eine Ablehnung publik zu machen (da wird dann oft das Argument der hochwirksamen Außenseitermethode gegen die hilflosen Therapieversuche der "Schulmedizin" ins Feld geführt), oder der Ankündigung, sich auf einen langwierigen Rechtsstreit einzulassen. Die Sozialgerichte urteilen tatsächlich oft zugunsten des Klägers, aber nicht, weil die Außenseitermethoden tatsächlich so wirksam sind, sondern weil das, was das Gesundheitssystem als "Regelversorgung" anbietet und durchführt, nämlich die übliche ambulante Einzeltherapie (1 Sitzung pro Woche und das über Jahre) tatsächlich wenig effektiv ist.

"Vier-mal-Fünf" ist meines Erachtens ein schönes Beispiel dafür, dass eine Stottertherapie nach den Regeln der Kunst, d.h. innerhalb des "schulmedizinischen" Systems so organisiert werden kann, dass sie hochgradig wirksam ist. Eine Studie von Euler, Harald und anderen hat ergeben, es bei Stottern zwei Therapieansätze gibt, von denen aus Bewertungen von Absolventen geschlossen werden kann, dass sie nachhaltige und erhebliche (günstige) Wirkungen erzielen, nämlich das sog. "Fluency Shaping", das in der Kasseler Stottertherapie durchgeführt wird, und die "Stottermodifikation", die z.B. im Therapieprogramm "Vier-mal-Fünf" das Ziel und die Methode darstellt.

Die Therapie, die am Del-Ferro-Insitut in Amsterdam, und vielleicht auch anderswo durchgeführt wird, stellt eine Außenseiter-Methode dar, für die ein Wirksamkeitsnachweis bisher vollkommen fehlt.

Meiner Auffassung nach ist der Effekt, dass es bei Anwendung eines abnormen Atemmusters bei Stotterern nicht zu Stotterereignissen kommt, nur eine von vielen Ausprägungen des bekannten "Verfremdungseffektes". Dieser Effekt besteht darin, dass jeder Stotterer (mit extrem wenigen Ausnahmen) nicht stottert, wenn er in einer ausreichend anderen Art und Weise spricht, als er spontan spricht. "Ausreichend anders" soll hier heißen, dass das Ausmaß der Andersartigkeit so lange erhöht werden soll, bis Stotterereignisse nicht mehr auftreten. Das ist immer möglich.

Ein Beispiel wäre die Verlangsamung. Die normale Sprechgeschwindigkeit liegt bei 180 bis 210 Silben pro Minute. Wenn ein Stotterer, der bei dieser Geschwindigkeit stottert, beispielsweise 10 Stotterereignisse produziert, dann kann es sein, dass er bei der halben Geschwindigkeit, also etwa 100 Silben pro Minute, schon ganz flüssig spricht, d.h. nicht mehr stottert. Sollte das nicht der Fall sein, kann er ja im nächsten Versuch nur noch 50 Silben pro Minute sprechen. Das würde sich zwar sehr seltsam anhören, aber der Beweis wäre erbracht, wenn er bei dieser Geschwindigkeit nicht mehr stottern würde. (Das wären übrigens ca. 25 Wörter / Minute, d.h. etwa 2 Sekunden pro Wort). Und wenn dabei immer noch Stottern vorkommt, könnte man es ja mit 25 Silben pro Minute versuchen. Bei irgendeiner Verlangsamung wird das Stottern ganz wegfallen.

Leonard Del Ferro hat sich (um nicht erkennen zu lassen, dass der Effekt nur eine weitere Variante des Verfremdungseffektes ist) eine physiologische Erklärung einfallen lassen, um der Methode eine medizinische Grundlage zu geben, nämlich das Märchen vom "Zwerchfellflattern". Der Name des kanadischen Wissenschaftlers Peter T. Macklem, der am 11.02.2011 verstorben ist, steht noch immer als "Medisch Adviseur" auf einem Schild am Eingang. Es gibt zwar einen wissenschaftlichen Artikel über die Atmung bei Stottern, an dem Leonard Del Ferro und Peter T. Macklem mitgewirkt hat. Aber außer dieser Untersuchung und der Beobachtung der ersten Therapieversuche durch Leonard Del Ferro hat Macklem für das Institut keine Beratungsleistungen erbracht. Vor allem hat er keinerlei wissenschaftliche Beurteilungen über den Wert des Therapieansatz oder die Wirksamkeit der Therapie abgegeben.

Eine ausführliche und gründliche Diskussion der Aussagen von Macklem und der Wiedergabe dieser Aussagen durch das Del-Ferro-Institut findet sich im Forum der BVSS unter

http://forum.bvss.de/viewtopic.php?f=1&t=2369

Jetzt kann man sich ja fragen, warum das Institut trotz dieser zweifelhaften wissenschaftlichen Begründungen solche spektakulären Ergebnisse präsentieren kann. Die Antwort ist, dass hier eine sog. Selektionsverzerrung (selection bias) stattfindet. Wenn man eine große Zahl von Fällen untersucht und einen Effekt nur anhand von einigen wenigen Fällen zeigt, und zwar bei den Fällen, bei denen der Effekt am stärksten war, ist dadurch nichts bewiesen. Was wirklich interessant wäre, wäre eine Darstellung der Therapieeffekte für jeden einzelnen Teilnehmer einer ganzen Therapiegruppe. Aber, was man zu sehen bekommt, sind zwei Teilnehmer, die höchstwahrscheinlich nicht zufällig ausgewählt wurden, sondern nach dem Ende des Kurses. Durch Fernseh-Beiträge wie diesen werden Stories (Geschichten), die im Gedächtnis der Zuschauer hängenbleiben aber über die Wirksamkeit der Kurse als Therapie fast nichts aussagen.

In der Regel übernehmen die Krankenkassen u.W. n. die Kosten für Del Ferro nicht, da es keine (in Deutschland) anerkannte Methode der Stottertherapie ist.

Hast du dich im Vorfeld denn gut über die verschiedenen (anerkannten) Methoden und Möglichkeiten informiert?

Wenn du weißt, welche Methoden der Stottertherapie es überhaupt gibt, worin die Unterschiede liegen usw., kannst du besser für dich entscheiden, ob du
dir z.B. vorstellen kannst, diese Techniken/das Gelernte auf Dauer in
deinen Alltag zu integrieren.

Durch Atemtechniken (wie bei Del Ferro) kann man zwar relativ schnell
einen stotternden Menschen flüssig sprechen lassen (und das beeindruckt
dann natürlich und weckt Hoffnung). Aber, meist fällt es extrem schwer,
diese Technik sein Leben lang anzuwenden.

Das Stottern ist ja - auch durch eine veränderte Atmung - nicht wirklich "weg", es wird nur "unterdrückt".

Falls du also noch mehr Infos suchst, schau mal auf unserer Homepage vorbei, speziell im Bereich "Therapie". Dort haben wir unter "Adressen" auch eine PDF-Broschüre zum Download mit Intensiv- bzw. Intensiv-Intervall-Therapien, deren Kosten i.d.R. bei einer ärztlichen Verordnugn von den Krankenkassen getragen werden (zzgl. Eigenanteil von dir): www.bvss.de/therapie

"Wir", das ist übrigens die Bundesvereinigung Stottern & Selbsthilfe e.V. (BVSS).

Ein gemeinnütziger Verein, gegründet von stotternden Menschen für stotternde Menschen und ihre Angehörigen. Wir bemühen uns um sachliche Aufklärung und bieten Beratung rund um Stottern, Therapie und Selbsthilfe an.

Du kannst also auch gerne mal anrufen, wenn du magst

.

Alles Gute!

Hallo,

leider ist es oft so, dass die üblichen logopädischen Behandlungen nahezu keinen oder nicht den gewünschten Erfolg bringen. Ich war vor über 20 Jahren auch mal bei Del Ferro und meine die Barmer GEK hatte damals die Kosten übernommen. Aber nur als Einzelfallentscheidung. Du kannst das mit der AOK auch mal versuchen. Einfach eine Antrag auf Kostenübernahme stellen.

Aber als guten Tipp kann ich Dir empfehlen, Dir die "5 Übungen gegen Stottern" zu bestellen.

http://www.stop-stottern.de/5-uebungen-gegen-stottern-bestellen.html

Du bekommst sie völlig kostenlos. Dort wird Dir dieselbe Atemtechnik erklärt, die Du auch bei Del Ferro lernen würdest, ... und noch viel mehr. Denn beim Stotterer-Training spielen Mentaltraining, Meditation und Selbsterfahrung eine große Rolle, um nicht für immer und ewig die Techniken anwenden zu müssen. Das geht weit über die meisten Methoden der Stottertherapie hinaus. Und wenn Du fleißig bist, wirst Du schnell merken, wie gut Dir diese Übungen tun.

Alles Liebe und viel Erfolg

Hans