Gibt es objektive gerechtigkeit?
...Gerechtigkeit ist meiner Meinung nach etwas, dass jeder anders empfindet und somit etwas subjektives. Bei meiner Therapie hieß es jetzt aber, dass es auch objektive Gerechtigkeit gäbe. Kann mir jemand vielleicht ein Beispiel nennen? Danke. LG.
Liebe/r janimee,
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12 Antworten
Nach meiner Überzeugung gibt es nicht nur eine subjektive Gerechtigkeit (eine Meinung/Sichtweise, was allgemein oder in einem bestimmten Einzelfall gerecht ist), sondern objektive Gerechtigkeit und zwar als Idee. Allerdings hängt die Beurteilung vom Gesamtansatz in der Ethik ab. Wer nichts für objektiv gut hält, kann folgerichtig auch Gerechtigkeit nicht für einen objektiven Wert und Maßstab halten.
Menschliche Gerechtigkeitsurteile sind nicht unfehlbar. Menschen sind keine vollkommenen Wesen. Es kann etwas für sie unklar sein, Irrtümer und Fehleinschätzungen sind möglich. Die Informationen können nicht ausreichend sein oder eine eigene Sichtweise ist eine einseitige Perspektive, die Wichtiges übersieht. Eine Annäherung an eine Idee des Gerechten so weit wie möglich ist anzustreben.
Das Problem von Objektivität in der Ethik
Zu dem Thema können unterschiedliche Meinungen erörtert werden und eine grundsätzliche Frage besteht darin, ob es in der Ethik etwas als objektiv gut begründet werden kann. Allgemein beruht eine Bejahung darauf, Wahrheit für etwas (auch) Objektives zu halten. Bei der Auffassung, alles sei nur subjektiv und relativ, ergibt sich ein Bestreiten der Existenz objektiver Gerechtigkeit. Diese Auffassung ist aber genötigt, ihre Grundaussage selbst für subjektiv und relativ zu halten. Sie untergräbt damit den eigenen Geltungsanspruch und hebt sich selbst auf. Denn wenn alles nur subjektiv und relativ ist, ist auch die Auffassung, alles sei nur subjektiv und relativ, selbst nur subjektiv und relativ und also würde zugleich etwas anderes gelten.
Aus einem bloßen Sein kann nicht einfach ein Sollen geschlossen werden. Die bloße Faktizität (etwas existiert tatsächlich) ist nicht ausreichend, um etwas als gut zu begründen. Um allerdings etwas als objektiv gut zu begründen, ist es nötig, dies auf irgendeine Weise vom Seienden her zu begründen. Eine Möglichkeit dazu ist, eine Ideenhaftigkeit der Wirklichkeit oder etwas Ähnliches anzunehmen und eine möglichst vollkommene Entfaltung entsprechend von Ideen, eine Wesensverwirklichung, als Maßstab des Guten zu nehmen. Was eine solche ideelle Verwirklichung fördert, ist gut, was sie beeinträchtigt, schlecht. Der programmatische Ansatz geht davon aus, die Vernunft könne grundsätzlich das Gute erkennen. Auf der Ebene einer Letztbegründung ist eine gewisse Zirkelhaftigkeit nicht vermeidbar, eine Einsicht der Vernunft in der Begründung verwenden zu müssen, zur Prüfung der Richtigkeit des Vernünftigen aber auch nur Gedanken der Vernunft heranziehen zu können. Dies bedeutet aber nicht unbedingt eine logische Fehlerhaftigkeit, weil über eine reflexive Struktur des Gedankengangs (Unmöglichkeit, das Gegenteil widerspruchsfrei anzunehmen) die Denknotwendigkeit, Vernunft als richtiges Kriterium zu verstehen, gezeigt werden kann.
Was Plausibilität betrifft, ist sehr zweifelhaft, ob ein völlig subjektivistischer und relativistischer Ansatz in der Ethik gut abschneidet. Mir ist keine Argumentation bekannt, die ihn beweist bzw. eine gegenteilige Auffassung mit zwingenden Argumenten widerlegt. Einen Entstehung (Genese) von Grundsätzen der Ethik kann von Subjekten und Bezügen her aufgezeigt werden. Damit ist aber noch nicht die Gültigkeit als objektiv nicht vorhanden erweisen.
Bei einem Versuch, ethische Grundsätze durch Intuition zu begründen, tritt die kaum zu überwindende Schwierigkeit auf, intersubjketiv Nachvollziehen und Übereinstimmung zu erreichen und ein zuverlässiges und lückenloses Auftreten derartiger Intuitionen nachzuweisen.
Der Begriff Gerechtigkeit
Bei der Frage ist zu klären, was Gerechtigkeit bedeutet. Außerdem stellt sich die Frage, was mit „subjektiv“ und „objektiv“ in der Fragebeschreibung genau gemeint ist (als Beantworter kann ich dazu keine sicheren Angaben machen).
Gerechtigkeit ist ein grundlegender und zentraler Begriff der Ethik. Sie ist ein Wert mit hohem Anspruch und die Berufung darauf von großer Bedeutung.
Gerechtigkeitstheorien stellen ethische Normen für das Handeln in Beziehung zu anderen (soziale Zusammenleben) auf.
Mit dem Wort Gerechtigkeit kann gemeint sein:
a) Gerechtigkeit als Tugend und als Wert
b) Gerechtigkeit als das Gerechte („Wir fordern Gerechtigkeit.“)
Gerechtigkeit ist eine Charaktertugend: eine auf das Gerechte ausgerichtete innere Einstellung.
Gerechtigkeit als Zustand der Dinge oder angestrebtes Ziel ist eine andere Bezeichnung für das Gerechte.
Artikel in Philosophielexika oder Bücher über Ethik bzw. besonders zum Thema Gerechtigkeit enthalten Informationen zu Gerechtigkeitsbegriffen.
Ein Grechtigkeizsbegriff ist: Das Gerechte ist das proportional Gleiche bei der Verteilung von zuteilbaren Gütern.
Zwei große Bereiche, in dem es um das Gerechte geht, sind das Verteilen und das Ausgleichen (z. B. in Bezug auf Austauschvorgänge, aber auch erlittene Nachteile). Dabei ist das Ergebnis nicht unbedingt quantitativ genau gleich viel für alle. Gleiches wird gleich behandelt, Ungleiches ungleich.
@Albrecht_Schön geschrieben. Aufschlussreich, lesenswert, lehrreich. Danke.
Ich weiß nicht so recht was du für eine Therapie machst, aber ich bin der Meinung das es keine objektive Gerechtigkeit gibt - egal wer das behauptet. Ich meine ist genau so wie mit der Demokratie - die gibt es auch nicht, oder den Kommunismus - den gibt es auch nur in der Theorie. Allein schon das Wort "Gerechtigkeit" gibt es so ja schon nicht einmal - denn wer definiert die Gerechtigkeit?!
So wie im wahren Leben kommt immer alles auf den Standpunkt des Betrachters drauf an - somit etwas subjektives. Objektiv kann nur jemand sein dfer über allen steht, unbeeinflußbar, allwissen. Aber du siehst das richtig meine ich, jeder empfindet anders, hat andere Interessen, Meinungen, Wünsche, unterschiedliches Wissen - jeder ist ein von seiner Umwelt geformtes Individum + damit auschließlich subjektiv.
Ich denke über das Thema kann man endlos philosophieren, es ist so wie vieles auf der Welt Ansichtssache + kommt immer auf die Sicht des Betrachters draf an ;-))
Denke ich aus meiner Sicht ;-))
Unsinn, natürlich ist Gerechtigkeit definiert worden, siehe Leibniz, Tremmel, Tschentschner. Auch sicherlich unter "Definitionen" zu ergoogeln. So eine Antwort ist ganz einfach zu beanstanden. Grüsse
hi marai,
wer will was beanstanden???
Du kannst ja deine Meinung haben, aber ganz ehrlich, weder dein Rechtssystem ;-)) noch die von dir genannten Leibniz, Tremmel, Tschentschner sind nur subjektiv - so wie jede Definition, Demokratie, Rechtsprechung u.s.w. die von Menschen ausgeht, vielleicht solltest du dich mal mehr mit philosophischen Gedanken auseinandersetzten? ;-))
Da ist keine Gerechtigkeit. Einzig menschliche Vorstellung und Wunsch. Objektive Gerechtigkeit setzte einen allgemeingültigen Maßstab voraus. Ein solcher ist nicht, wurde zumindest bisher nicht gefunden. Ist ein objektive Gerechtigkeit wichtig?
Die Gerechtigkeit richtet sich nach den Gesetzen, also sind sie IMMER subjektiv.
Die wohl fruchtbarste Vostellung von Gerechtigkeit hatte John Rawls. Diese ist zwar nicht objektiv, jedoch so intersubjektiv wie möglich.
Es geht darum, dass sich in einem fiktionalen Urzustand die Menschen über Gerechtigkeitsprinzipien einigen, ohne zu wissen welchen Status sie in der Gesellschaft haben würden. http://de.wikipedia.org/wiki/JohnRawls#DerUrzustand
Stelle dir vor, du erfindet mit anderen ein Spiel. Ihr einigt euch bevor ihr anfangt auf Spielregeln. Diese sollen natürlich keinen übervorteilen, aber dennoch das Spiel spielbar machen. Wenn alle sich auf Regeln einigen und keiner mit seiner Startposition unzufrieden sein muss, ist das Gerechtigkeit.
schöner Ansatz. vielen Dank für die Anregung :)
Welche Kriterien für die Bestimmung der angemessenen Zuteilung im Einzelfall als relevant heranzuziehen sind (z. B. Verdienst, Leistung, Fähigkeiten, Bedarf), ist eine Sache der praktischen Vernunft.
Ein Abweichen von der Gleichheit des genau gleich viel bedarf einer inhaltlich überzeugenden Begründung anhand eines sachlich relevanten Kriteriums.
Willkür ist nicht erlaubt, Fairness und Unparteilichkeit sind zu beachten.
Schwierigkeiten können einerseits bei der Durchsetzung auftreten, andererseits bei der Beurteilung in konkreten Einzelfällen, weil zu den allgemeinen und als Ideen klar einsehbaren Prinzipien die Anwendung auf in vielfältigen Beziehungen stehende und schwierig abzuwägende Verhältnisse nötig ist. Mathematische Exaktheit ist dabei in konkreten Fällen oft nicht erreichbar, eine akzeptable Annäherung kann aber angestrebt werden.
Anwendbarkeit der Begriffe subjektiv und objektiv auf den Begriff Gerechtigkeit = das Gerechte
Was subjektiv als gerecht empfunden wird oder was es für Meinungen dazu gibt, kann nicht einfach mit dem, was das gerecht ist, gleichgesetzt werden. Folgerungen aus voneinander abweichenden subjektiven Meinungen oder Empfindungen auf die Gerechtigkeit/das Gerechte selbst sind daher logisch unzulässig. Für die Behauptung, es gebe keine objektive Gerechtigkeit, fehlt eine ausreichende Begründung. Meines Erachtens geht es im Kern auch nicht um Empfindungen, sondern um Beurteilungen, was gerecht sei. In einer Innenwelt von Personen sind denken, Fühlen und Wollen nicht voneinander abgeschottet. Gefühle können mit intensiven Gedanken beim Thema Gerechtigkeit auftreten.
In einem Begriff gibt es eine Name-Sache-Beziehung. Der inhaltlichen Bedeutung von Wörtern kann ein gewisses, oft noch nicht ganz geklärtes Vorverständnis entnommen werden. Es zeigt sich in Meinungen, Auffassungen, Beziehungen zu anderen Sachverhalten in Aussagen, impliziten Annahmen. Mit dem Gerechten ist keine Sache subjektiver Art gemeint. Das Grundlegende bei ihr ist nicht etwas in der Art, ob etwas gefällt oder nicht/was für Gefühle vorhanden sind oder etwas Ähnliches. Im Gerechten steckt nach einem zugrundeliegenden Vorverständnis seiner Bedeutung, richtig und in Ordnung zu sein. Das Gerechte ist kein sinnliches Einzelding (seine Seinsweise ist grundsätzlich anders), das wahrgenommen werden kann, und es hat seine Beschaffenheit, etwas Bestimmtes zu sein, auch ohne Menschen.
Eine Forderung nach Gerechtigkeit im Sinne des Gerechten enthält ein Verlangen nach Handlungen. Die geforderte Veränderung bezieht sich auch auf tatsächliche Zustände. Es geht um etwas, das über ein einzelnes Individuum hinaus verbindlich sein soll.
Die Sache Gerechtigkeit ist etwas Bestimmtes, in ihrem Sachgehalt von anderen Sachen unterscheidbar. Ihre seinsollende Beschaffenheit kann verschieden ausgedrückt werden, z. B. als Idee, Wert oder Konzept. Menschen können die Sache mehr oder weniger gut geistig erfassen. Dies (ein geistiger Zugang von Subjekten her) betrifft aber nicht, welche Beschaffenheit die Sache selbst hat. Menschen können z. B. auch den Kreis, das Dreieck, den Tisch als Denkinhalt haben. Sind diese Sachen etwas deshalb subjektiv, nicht objektiv?
Das Gerechte ist etwas anderes als das positive (von Menschen gesetzte) Recht. Das Gerechte an sich ist ein Maßstab zur Beurteilung von Recht. Abweichende Vorstellungen (die übrigens auch nur die Frage betreffen können, wie gelungen Regeln als Realisierungsversuch des Gerechten sind) sind allein kein tauglicher Beweis für die These, Gerechtigkeit/das Gerechte sei subjektiv. Von subjektiven Vorstellungen zu einer Sache kann nicht ohne weiteres geschlossen werden, die Sache sei subjektiv.
Nur was über ein einzelnes Individuum hinausgeht, kann gerecht sein. Denn ohne irgendein allgemeines Prinzip könnte kein Maßstab des Gerechten verwendet worden sein. Bloße Parteilichkeit für oder gegen ein Individuum entspricht nicht dem Begriff. Ohne einen allgemeinen Maßstab könnte in keinem Fall erkannt werden, was auf ein Individuum bezogen gerecht ist.
Beispiel für objektive Gerechtigkeit
4 Personen haben zusammen ein Gartengrundstück bewirtschaftet, mit gleicher Arbeitszeit, gleichen Leistungen und gleichen Bedürfnissen. Bei einer Aufteilung des Ernteertrags unter sie ist es objektiv gerecht, wenn alle einen gleich großen Anteil bekommen, z. B. die gleiche Menge an Früchten (wobei Größe und Beschaffenheit insgesamt auch nicht bemerkbar unterschiedlich sind) bzw. bei Verkauf die gleiche Geldsumme.