Heilpraktiker im Rettungsdienst
Ich bin Heilpraktiker und Rettungssanitäter. Muss ich mich, wenn ich im Rettungs- und Sanitätsdienst tätig bin, neben dem Rettungssanitäter auch als Heilpraktiker kenntlich machen?
7 Antworten
Soweit ich das verstanden habe, wurde deine Frage schon klar beantwortet. Nein, du muss dich nicht als HP ausweisen. Im Rettungsdienst muss du nichtmal dein Ausbildungsstand (also ob RH, RS oder RA) kund tun. Und zum Thema Medikamente geben: Du hast zwar eine Garantenpflicht, die dir vorschreibt, dass du im Rahmen deiner Qualifikation helfen musst, allerdings gilt diese nur wenn du deine Qualifikation auch preis gibst. Wenn du dich also nicht als HP ausweist, und du einen Patienten hast den du mit Medikamenten die vor Ort sind behandeln könntest, dies aber nicht tust, kann dir keiner an die Karre pissen.
Tipp am Rande: Auch als HP sollte man es tunlichst unterlassen einem Patienten Medikamente zu geben, die man zufällig vor Ort hat. Dafür gibt es den Arzt der allen medizinisch vorgesetzt ist, und auch verantwortlich ist. Ich denke jeder Arzt ist dankbar, wenn der Patient nicht vorher mit "irgendwelchen" Medikamenten vollgepumpt wurde.
Das ist nicht ganz richtig. Man ist verpflichtet, die Hilfe zu leisten, die einem zuzumuten ist - und das hängt durchaus von der Ausbildung ab. Im Zweifelsfall entscheidet das hinterher der Richter, egal ob Du es jemandem gesagt hast oder nicht.
Das gilt für alle, ob Laie oder Fachpersonal, Sani, RettAss, Arzt oder Heilpraktiker. Was Du kannst und beherrschst, musst Du tun, wenn es notwendig ist (und der Patient tatsächlich z.b. mutmaßlich einwilligt).
Für Personal im Dienst (=Garantenstellung!) verschärft sich das noch etwas, aber auch das ist prinzipiell unabhängig von der Ausbildung, sondern hängt konkret vom Einzelfall und dem tatsächlichen Können ab.
Beim Heilpraktiker ist dieses Können sehr eingeschränkt zu beurteilen, denn wie schon an anderer Stelle geschrieben, gibt es dazu keine staatlich vorgschriebene Ausbildung oder gar Wissensprüfung, nur die Beurteilung durch das Gesundheitsamt, dass man keine Gefahr für die Volksgesundheit darstellt. D.h. man muss als Heilpraktiker seine Grenzen kennen und die notwendigen Notfallmaßnahmen sind so zirka auf dem Niveau des guten Ersthelfers bzw. Sanitäters ausreichend ("zum richtigen Arzt schicken", "Reanimation" usw.).
Hier hat z.B. der Rettungsassistent mit einer staatlichen Prüfung und dem Aufgabenkatalog im eigenen Berufsgesetz ganz andere Wissens- und Könnensvoraussetzungen, die er erfüllen können MUSS!
Die Bezeichnung "Heilpraktiker" sagt eigentlich gar nichts zur Qualifikation aus und schon gar nicht ist diese gerade in der Notfallmedizin höher als eben das Erste-Hilfe-Niveau zu bewerten.
Der einzige Unterschied z.B. des RettAss ohne HP-Prüfung zum nichtärztlichen Inhaber einer Erlaubnis zur Ausübung der Heilkunde (= "Heilpraktiker") ist genau das: er darf keine abschließende Heilbehandlung durchführen.
Das darf aber der HP im Rettungsdienst auch nicht, denn da ist er eben nicht als HP tätig sondern im Rahmen des geltenden RD-Gesetzes und das beinhaltet i.d.R. die Zuführung zu einem Arzt/Krankenhaus oder eben den Einsatz eines Notarztes - kein RD-Gesetz hat den HP zum Gegenstand! Falls Du so nebenbei ein bisschen eigenverantwortliche Heilkunde betreiben willst, weil Du halt gerade mal da bist: siehe meine Ausführungen zum Thema "Ausübung der Heilkunde im herumziehen".
Das HPrG ist da erstens ziemlich einfach durchzulesen weil es nicht sehr groß ist und zweitens sehr eindeutig: § 5a "(1) Ordnungswidrig handelt, wer als Inhaber einer Erlaubnis nach § 1 die Heilkunde im Umherziehen ausübt."
Der Notarztdienst und Ärztliche Bereitschaftsdienst sowie die zufällige (!) Tätigkeit im Notfall ist jeweils davon ausgenommen, da es hierfür eigene Rechtsvorschriften gibt. Aber eben nicht für das regelmäßige/geplante Auftreten als Heilpraktiker! Es wäre also sogar ordnungswidrig (bis hin zu den Rechtsfolgen einer Unzuverlässigkeit, z.B. Verlust der HP-Zulassung!), wenn Du Dich planmäßig als tätiger Heilpraktiker im Rettungsdienst vorstellst.
Der Patient ruft Dich im Rahmen des Rettungsdienstes ja nicht als HP in Deiner stationären Praxis an, sondern eben als RTW.
Würde er Dich in der Praxis anrufen, dann dürftest Du problemlos als Heilpraktiker kenntlich und tätig werden. Ohne Praxis: nein.
Solche Konstruktionen sind normalerweise typische Fragestellungen in der HP-Ausbildung und auch Prüfung.
Unter Umständen schon. Als RS darfst du nicht alles machen. Als HP hast du die Erlaubnis, heilkundlich tätig zu werden und damit unter Umständen auch die Verpflichtung dazu. Wenn du z.B. bei einer akuten anaphylaktischen Reaktion darauf verzichtest, entsprechende Medikamente zu verabreichen, obwohl die zur Verfügung stehen, verstösst du damit gegen deine qualifizierte Hilfeleistungspflicht. Der HP hat genauso wie ein Arzt therapiefreiheit. Auch, wenn das manch einem nicht passt, Heilpraktiker gehören zu den Heilberufen, während der RA zu den HeilHILFSberufen zählt. Ich wäre an deiner Stelle zurückhaltend und würde in akuten Notfallsituationen ohne zeitnah eintreffenden NA den Patienten entscheiden lassen (wenn möglich), denn nur der entscheidet darüber von wem er sich wann behandeln lässt.
Der Heilpraktiker ist kein (Heil-)Beruf, es mangelt diesem Personenkreis an einem Berufsgesetz.
Als RS und RettAss darfst Du prinzipiell genausoviel machen, wie als HP oder als Arzt unter genau den gleichen rechtlichen Voraussetzungen (Ausnahme: ausdrücklicher Arztvorbehalt im BtMG). Einzig die Erlaubnis zur Ausübung der (alleinigen/abschließenden) Heilbehandlung fehlt dem RS/RettAss. Kann er zwar auch machen (so wie der Originalfragesteller es eben auch hat), hilft ihm aber für seine Tätigkeit im RD nichts.
Ansonsten gilt: Was er kann muss er machen, was er nicht kann, eben nicht (sofern notwendig, Aufklärung, Einwilligung etc.). Unabhängig davon, welche konkrete Tätigkeits- oder Berufsbezeichnung er sein eigen nennt.
Das Beispiel der akuten anaphylatischen Reaktion wäre z.B. genauso auch auf den RS oder RettAss anzuwenden. Der muss hier auch adäquat handeln können inkl. Medikamente - bei ihm gälte das Wissen um die einschlägigen Prozeduren wahrscheinlich sogar als verpflichtend, da er genau über solche Notfälle ja eine Ausbildung gem. Gesetz und eine staatliche Wissensprüfung abgelegt hat. Im Gegensatz zum Heilpraktiker übrigens, der mit beliebigen Voraussetzungen zur Nicht-Schädlichkeitsprüfung beim Gesundheitsamt antreten kann...
Es hilft also nichts, sich HP draufzuschreiben. Entweder man kann mehr als der durchschnittliche RettSan, dann muss man das sowieso machen. Oder man kanns eben nicht, dann darf man es auch nicht machen. Die reine Beschriftung nutzt hier in keinem Fall etwas, es zählt das konkrete Können (und die Erwartung, die man an eine Tätigkeit/Ausbildung haben kann, das würde jetzt aber zu weit führen).
Hey, ja, Danke. So ist auch mein Kenntnissstand. Die Frage, die sich jetzt stellt, ist die Unterlassene Hilfeleistung in Konfrontation mit der Sorgfaltspflicht. Die anfängliche Frage bezieht sich aber darauf, ob ich auf meinem Namensschild neben der Qualifikation Rettungssanitäter auch den Heilpraktiker aufführen muss? §1Abs.3 HPG ist da nicht ganz klar in der Aussage.
Natürlich nicht dieselbe. Sonst wäre es ja der gleiche Beruf. Bei den Medikamenten gibt es ja welche, die ein HP sogar in der Praxis vorhalten muss, je nach Therapieangebot. (z.B. Epinephrin bei Neuraltherapie). Es geht auch nicht darum, Verschreibungspflichtige Medikamente zu Verabreichen, es geht darum, ob Patienten, Angehörige, Unfallzeugen und Kollegen auf dem Namensschild lesen können müssen, das ich HP bin.
Und warum sollten sie das lesen müssen? Hat keinerlei Mehrwert für sie.
Du bist definitiv nicht verpflichtet, dich im Rettungsdienst, Krankentransport oder Sanitätsdienst als Heilpraktiker kenntlich zu machen, und solltest dies tunlichst auch nur nach Genehmigung durch deinen Dienstherrn tun. Schau doch einfach mal in das Rettungsdienstgesetz deines Bundeslandes. Dort findest du die einschlägigen Begriffdefinitionen und Qualifikationsvoraussetzungen für den notfallmedizinischen Bereich. Keines der deutschen Rettungsdienstgesetze nennt den Begriff Heilpraktiker, also verbietet auch keines, ein Rückenschild mit der Aufschrift "Heilpraktiker" zu tragen. Gesehen habe ich sowas allerdings noch nie, und ich weiß auch nicht, was dein Einsatzleiter, Bereitschaftführer o.a. dazu sagen würde.
Vielleicht hilft dir auch folgendes Rechtsgutachten weiter:
http://www.von-der-forst-und-kollegen.de/pdf-files/Heilpraktiker%20im%20Rettungsdienst.PDF
Ja, danke, dieses Gutachten habe ich schon studiert. Da geht es lediglich darum, wie die qualitative Stellung des HP im RD zu sehen ist.
Im §1Abs.3 HPG steht allerdings, das ich als HP die Bezeichnung Heilpraktiker führen muss. Leider habe ich noch nichts entsprechendes gefunden, in welchen Bereichen dieser Paragraph greift.
Im §1Abs.3 HPG steht allerdings, das ich als HP die Bezeichnung Heilpraktiker führen muss.
Nein, von "müssen" steht da nichts. Im §1(3) HeilprG ist zu lesen:
... er führt die Berufsbezeichnung "Heilpraktiker".
Was nicht bedeutet, dass du dich im RD als HP kenntlich machen musst. Außerdem steht im zitierten Gutachten sinngemäß, dass die Organisation des Rettungsdienstes den Einsatz von Heilpraktikern gar nicht vorsieht. Das bedeutet, dass niemand erwartet, im Rettungsdienst einen Heilpraktiker anzutreffen, wobei die Ausbildung zum Heilpraktiker ja auch gar nicht zur Teilnahme am Rettungsdienst, San-Dienst etc. qualifiziert. Wesentlich ist die Ausbildung zum RA oder zumindest RS.
Fazit: du musst dich also im RD nicht als HP kenntlich machen und solltest dies auch besser unterlassen, ohne dass du dies vorher mit deinem Dienstherrn besprochen hättest.
Dh! Dem ist nichts mehr hinzuzufügen.
Hallo donald990, nein mußt und solltest du nicht! Welche akute Verletzung/ Erkrankung willst du mit "Globuli" heilen?
Hey, es geht hier nicht ums heilen. Es geht um rechtliche Stellungen. Da ich gewisse Notfallmedikamente sogar in der Praxis, aus Gründen der Sorgfaltspflicht; Vorhalten muss, Es geht um die Kenntlichmachung gegenüber anderen. Und, nur mal zur Kenntniss, es gibt diverse Medikamente aus der Naturheilkunde die mitlerweile in der Schulmedizin ihre anwendung gefunden haben. Mal Dr. Müller-Wohlfahrt ( DFB-Sportarzt) fragen ;)
Ja, genau, die "rechtliche Stellung". Die gibt dir nämlich dein Dienstherr und der Ärzliche Leiter Rettunsdienst vor! Deshalb vorsicht mit Medikamentengabe im Rettungsdienst. Ich stell Dir garnicht in Abrede das Naturheilkunde heilen kann, aber im akuten Notfall/ Unfall hab ich doch bedenken. MfG
Zwischen "wird in der Schulmedizin verwendet" und "Notfallmedizin" gibt es aber erhebliche Unterschiede. Deswegen meine Frage weiter unten: Welche Fälle kannst du dir vorstellen, in denen dies sinnvoll ist?
Ich glaube, ich habe mich nicht klar genug ausgedrückt.
Es geht nicht darum, ob ich Verschreibungspflichtige Medikamente verabreichen kann/darf/muss, und schon gar darum, ob es Mittel/Medikamente aus dem Bereich der Naturheilkunde gibt, die im Notfall eingesetzt werden können.
Es geht darum, gibt es einen Paragraphen/ Gerichtsurteil / rechtliches Gutachten oder ähnliches, welches besagt, das ich im Sanitäts- und/oder Rettungsdienst darauf hinweisen MUSS, das ich Heilpraktiker bin???
Da möchte ich auch nicht der erste sein, der das Ausprobiert :)
Da ist mir nichts entsprechendes bekannt und ich sehe auch keinerlei Grund, warum das so sein sollte. Das sorgt allenfalls für Verwirrung. Eine Kollegin von mir ist Doktor der Chemie, hat den Namenszusatz Dr. auf der Dienstkleidung aber bewusst weggelassen, um nicht für Mißverständnisse zu sorgen.
Ein Heilpraktiker hat eben nicht die selbe Therapiefreiheit wie ein Arzt. Seine Möglichkeiten sind deutlich eingeschränkter, insbesondere was für den Rettungsdienst relevante Medikamente angeht.