Ich möchte gerechter sein. Muss ich dafür alle gleich behandeln?
Auf dem ersten Blick erschien mir es plausibel alle Menschen gleich zu behandeln (das würde dem ersten Bild entsprechen), doch dann würde ich ja aber die Lebensrealität der Leute nicht berücksichtigen. Ein Lehrer z.B. müsste einen Schüler der aus einem bildungsfernen Elternhaus kommt anders behandeln und mehr fördern als einen der aus einer Akademiker-Familie kommt, (das würde dem zweiten Bild entsprechen.)
Unten auf dem zweiten sind die Personen unterschiedlich groß. Wenn man ihnen unterschiedliche Kisten gibt, damit alle gleich groß sind, und alle das Spiel sehen können, schalte ich doch alle gleich. Niemand ist mehr individuell. Es wird als schwäche angesehen klein zu sein, anders zu sein, deswegen muss er mist Kisten vergrößert werden und so sein wie der größte.
12 Antworten
Deine letzten Sätze sind genau die Kritik, die mit diesem Bild veranschaulicht werden. Man sollte benachteiligte Menschen mehr fördern. In deinem Lehrer-Beispiel sollte dieser alle Schüler gleich behandeln, allerdings sollte der Schüler, der aus einem bildungsfernem Elternhaus kommt, mehr Förderung außerhalb des Unterrichts bekommen, wie Nachhilfestunden. Also im Prinzip kannst du sagen, benachteiligte Menschen sollen unterstützt werden, wodurch ihre Benachteilgung mehr oder weniger aufgehoben wird. Und wenn das gegeben ist, sollten alle Menschen gleich behandelt werden. Utopie.
Die Bilder illustrieren recht anschaulich, dass eine Ungleichbehandlung sinnvoll sein kann, um das allgemeine Wohlergehen zu foerdern. Im Vergleich von Bild 2 zu Bild 1 verlieren die beiden groesseren Jungen durch die Neuordnung der Kisten nichts, der kleine Junge gewinnt aber etwas. Somit sind die drei Jungen insgesamt gluecklicher, ohne dass dies auf Kosten eines der ihren ginge. Es gibt daher aus meiner Sicht nichts, was gegen die Verteilung der Kisten in Bild 2 spricht. (Man koennte zwar argumentieren, dass die groesseren Jungen durch den Kistenverlust nicht mehr so viel sehen wie in Bild 1, aber der Verlust wird durch den Gewinn des kleinen, der in Bild 1 ueberhaupt nichts sieht, ueberwogen.)
Das heisst aber keinesfalls, dass Gleichbehandlung immer schlecht ist. Ein Beispiel, wo Gleichbehandlung angebracht ist, waere der Fall, dass es vier mittelgrosse Personen gibt, die das Spiel sehen wollen - einen weissen Jungen, einen schwarzen Jungen, und ein weisses Maedchen und ein schwarzes Maedchen - und vier Kisten. Hier muss jede Person eine Kiste erhalten. Nur den Jungen / Maedchen oder nur den Weissen / Schwarzen je zwei Kisten und den anderen keine zu geben, sodass die einen sehr gut und die anderen nur ein bisschen sehen koennen, waere illegitime Diskriminierung.
Was sind die Unterschiede zwischen den Faellen?
In Bild 2 das Interesse jedes Jungen am Fussballspiel gleich gewichtet. Das fuehrt dann dazu, dass die Jungen aus Gruenden, die fuer die Verwirklichung dieses Interesses relevant sind (Groesse), bei der Verteilung der Kisten ungleich behandelt werden. Die Gleichbehandlung in Bild 1 fuehrt hingegen dazu, das Interesse des kleinen Jungen am Fussballspiel zu missachten bzw. gegenueber den Interessen der anderen Jungen geringer zu gewichten.
Im alternativen Fall mit den weissen und schwarzen Jungen und Maedchen ist hingegen die Ungleichbehandlung nicht sachlich gerechtfertigt: Hautfarbe und Geschlecht beeinflussen im Gegensatz zur Groesse nicht das Vermoegen, das Spiel zu sehen, und sind daher keine Gruende, die bei der Kistenverteilung zu beruecksichtigen sind. Hier wuerden durch die Ungleichbehandlung die Interessen der einen gegenueber denen der anderen staerker gewichtet - also das getan, was im ersten Fall durch die Gleichbehandlunng geschieht.
Also: Es kommt nicht darauf an, alle gleich zu behandeln, sondern, den Interessen jeder Person den gleichen Wert zuzuerkennen. (Das auch diese Regel nicht der Weisheit letzter Schluss ist - man denke an die Bevorzugung von Familienmitgliedern gegenueber Fremden - kann und muss bedacht werden, aber das hier auszufuehren, wuerde den Rahmen sprengen.)
Abschliessend noch zu deinen Argumenten gegen die Loesung aus Bild 2:
"Wenn man ihnen unterschiedliche Kisten gibt, damit alle gleich groß sind, und alle das Spiel sehen können, schalte ich doch alle gleich."
Der Begriff "Gleichschaltung" meint etwas anderes (naemlich: Medien und nichtstaatliche Organisationen dazu bringen, linientreu die Position der Regierung zu vertreten und zu unterstuetzen), aber das nur nebenbei.
"Niemand ist mehr individuell."
An der Koerpergroesse der Jungen aendert sich doch nichts, genausowenig an den x weiteren Eigenschaften, durch die sie sich voneinander unterscheiden. Sie sind genauso unterschiedliche Individuen wie in Bild 1, bzw. es faellt nur ein Unterschied weg: In Bild 1 sind die beiden groesseren Jungen gluecklich, der kleine ist ungluecklich - in Bild 2 sind alle gluecklich. Diesen Unterschied zu beseitigen, ist aber nicht nur nicht schlecht, es ist sogar gut - genauso, wie es gut ist, den Unterschied zwischen einem gesunden und einem kranken Kind zu beseitigen und das kranke Kind zu heilen.
"Es wird als schwäche angesehen klein zu sein"
Es IST in diesem Fall eine Schwaeche - genauso, wie Blindheit eine Schwaeche ist, wen man sich einen Film angucken will, oder Legasthenie eine Schwaeche ist, wenn man bei einem Rechtschreib-Wettbewerb antritt. Zu sagen, dass alle Menschen in allen Dingen gleich gut sind, hat nichts mit Fairness, aber viel mit Realitaetsleugnung zu tun. Worauf es ankommt, ist, dass die Menschen mit Schwaechen deswegen keine schlechteren Menschen sind, deren Interessen weniger oder nichts zaehlen.
"Es wird als schwäche angesehen [...] anders zu sein"
Der kleine Junge kann in tausend Dingen anders sein als die beiden anderen - er kann Pizza moegen, sie Nudeln, er kann Schweizer sein, sie Deutsche, er kann gut in Mathe sein, sie in Englisch, usw. usf., und nichts davon wird als Schwaeche angesehen. Der einzige Unterschied, der hier als Schwaeche angesehen wird, ist derjenige, der (s. oben) tatsaechlich eine Schwaeche ist.
"deswegen muss er mist Kisten vergrößert werden und so sein wie der größte"
Es geht nicht darum, dass er so wird wie der grosse Junge - sondern man will verhindern, dass ihm daraus, dass er anders ist, ein Nachteil entsteht, dass er darunter leiden muss.
nein bevorzuge jungen wenn du gerecht sein willst ?!??!?!?!?
Hallo brnsrh,
Die Menschen sind verschieden. Um ihnen gerecht zu werden, musst Du sie so behandeln, dass es ihnen gerecht wird. Hunderprozentige Gerechtigkeit wird es nie geben. Stell Dir einfach vor, der Junge aus dem Akademikerhaushalt wird zuhause nicht geliebt und damit nicht gefördert. Mit so einfachen Bildern verstärkst Du dann die Ungerechtigkeit, weil Du den Arbeiterjungen förderst und den Jungen aus dem Akademikerhaushalt nicht.
Einfach alle gleichmachen geht schon deshalb nicht, weil wir vonNatur aus mit unterschiedlichen Gaben und talenten ausgestattet sind. Wenn -Du gerecht sein willst, muss Du überall viel genauer hinschauen! Du musst die Motive der Menschen kennenlernen und erkennen können. Das ist aber nicht ganz einfach, weil wir oft durch Vorurteile von einem Echten Urteil abgehalten werden! Du wirst Dich also viel mit Psychologie beschäftigen müssen, um die Menschen zu durchschauen! Dann kannst Du ihnen am ehesten gerecht werden!
Und dann gibt es wieder verschiedene Ansätze: Nehmen wir einmal an, Du möchtest einem Menschen helfen, der weniger intelligent ist als ein anderer. Du kannst diesen fördern, bis er die gleiche Stellung erreicht wie der intelligentere. Aber der intelligentere wird immer mehr leisten können, ganz einfach, weil er mehr versteht! Dann hast Du wieder eine ungerechtigkeit. Du kannst es also drehen und wenden wie Du willst. Du wirst nie alle Menschen gleich machen können. Es wird immer unterschiede geben. Und dafr sind wir nicht immer verantwortlich!
Da entbindet uns aber nicht von der Pflicht, zu allen gleich freundlich und nett zu sein, solange sie uns das zurückgeben!
Es ist eine Frage des Könnens, Wollens und Müssens.