Liegt hier unterlassene Hilfeleistung vor (Pflege)?
Folgende Situation:
Ein Seniorenheimbewohner wird zu Bett gebracht, bei einem Kontrollgang (ca. 1 Stunde später, er liegt immer noch im Bett, in einer normalen Position) sind keine Vitalzeichen mehr messbar aber auch noch keine Totenflecken u.ä. sind zu erkennen. Der Bewohner war ca 80 Jahre alt, schwer krank, unter anderem auch ein Herzleiden, keine Patientenverfügung, keine Finalpflege.
Die zuständige Krankenschwester hat keine Reanimation gestartet, nicht den Notruf getätigt, lediglich den Bereitschaftsarzt hat sie informiert, um den Totenschein ausstellen zu lassen.
Jetzt die Frage, hat sie richtig gehandelt? Hätte sie nicht reanimieren und den Notarzt rufen müssen?
Moralisch gesehen kann ich diese Entscheidung nachempfinden, der Bewohner war sehr krank, der Ehepartner war kurz vorher verstorben und es wurde auch immer der Wunsch geäußert sterben zu wollen.
Aber wie sieht das rechtlich aus?
8 Antworten
Die zuständige Krankenschwester hat keine Reanimation gestartet, nicht den Notruf getätigt
Wozu auch, wenn der natürliche Tod nach ihrer fachlicher Meinung bereits eingetreten war und nur durch einen Arzt bestätigt werden musste? Ich fürchte, du hast völlig falsche Vorstellungen über Reanimation, der Herz-Lungen-Wiederbelebung :-(
G imager761
Ich sehe es ja genau wie du, PDL hat ähnliches gesagt, "es liegt im Ermessen der Fachkraft zu entscheiden ob der Notarzt oder der Bereitschaftsarzt hinzugezogen wird, nur im Kollegenkreis wissen es wieder alle besser und meinen es hätte reanimiert werden müssen, ohne den Verstorbenen überhaupt gesehen zu haben.
Rechtlich gesehen hätte sie auf jeden Fall den Notarzt rufen müssen. Wenn der Wunsch bestand, sterben zu wollen, hätte eine Patientenverfuegung aufgesetzt werden sollen. Dann hätte man im Krankenhaus auch dementsprechend reagiert. So aber ist das wohl sehr grenzwertig verlaufen.
Wenn hier schon von Rechten die Schreibe ist mal die Rechte welche über den hier angedachten stehen:
Artikel 1(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt
Artikel 2(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden
Für mich ist es äußerst fragwürdig von einem Menschen der die wesentliche Hälfte seines Seins verloren hat zu verlangen dass nun erst noch eine Patientenverfügung aufgesetzt werden muss damit der Mensch in Ruhe und Frieden nach Anderwelt zur Wiedervereinigung gehen darf.
Vor allen Dingen steht auch oft genug die Frage im Raum ob es nicht eine grobe Verletzung der Würde des sterbenden Menschen ist ihn mit aller Gewalt daran zu hindern den gewünschten Weg gehen zu dürfen.
Natürlich liegt der Fall anders wenn bekannt ist dass der Mensch nicht sterben will. Aber aus Erfahrung kann ich Dir berichten dass der Unterschied auch dann wahrgenommen wird wenn kein Puls mehr zu fühlen ist. Jedenfalls von einer erfahrenen Pflegekraft.
In so einer Situation muß der Notarzt gerufen werden.
Ausschlaggebend ist doch, ob er schon "richtig" tot war. War er das, gibt es nichts zu beanstanden.
Wäre es aber möglich gewesen, ihn zurückzuholen, liegt m.E. zwar unterlassene Hilfeleistung vor, was aber schwerer wiegt, ist die Garantenpflicht, die die Krankenschwester hat. Danach wäre sie rechtlich verpflichtet, den "Erfolg" abzuwenden. Sie hätte handeln müssen, hat es aber nicht gemacht, so dass es ein Tötungsdelikt sein könnte. Ist aber nur eine grobe Einschätzung, anhand der Schilderung. Die Beweisbarkeit ist natürlich eine andere Sache.