Verbeamtung und Depression - Amtsarzt?

3 Antworten

Vom Beitragsersteller als hilfreich ausgezeichnet

Die Frage ist nun: Kann die Psychotherapie und die Diagnose und die regelmäßige Medikamenteneinnahme den Amtsarzt eventuell dazu bewegen, dass er dem Land aussagt, dass ich nicht dienstfähig bin?

Ich meine: nach den jetzt etwas gelockerten Grundsätzen sollte eine überwundene Depression, die sieben Jahre zurückliegt, kein Hinderungsgrund sein.

Wenn Du aber seit sieben Jahren ununterbrochen Antidepressiva zur Rückfallprophylaxe einnehmen musst, ist der Umkehrschluss, dass Du ohne diese Medikamente stark rückfallgefährdet bist... schlecht für jemanden, der Beamter auf Lebenszeit werden will!

Unabhängig davon, ob das nun tatsächlich zutrifft oder nicht, stellt sich doch die Frage, was sich Dein Arzt bei dieser Dauermedikation gedacht hat. Sollst/willst Du bis an Dein Lebensende weiter Antidepressiva schlucken, damit Du keinen Rückfall erleidest?? Das erscheint mir bei einer mittelgradigen Depression doch stark übertrieben - aber ich bin Laie und kenne Deine genaue Diagnose und den Therapieplan nicht.

An Deiner Stelle würde ich das Thema unverzüglich mit Deinem behandelnden Arzt besprechen. Warum wurde bereits nach der ersten depressiven Episode diese Dauermedikation angeordnet? Vielleicht kann er Dir auch eine Einschätzung geben, wie der Amtskollege diese Dauermedikation werten wird.

Lies bitte hier: https://www.rehmnetz.de/__STATIC__/Archiv/medien/01-personal/luz/self/fachbeitraggesundheitlicheeignung_1413293659000.pdf,

sowie http://www.aerztezeitung.de/medizin/krankheiten/neuro-psychiatrische_krankheiten/depressionen/article/463921/dauertherapie-depressionsrezidiv.html .


tonkey04 
Beitragsersteller
 01.06.2016, 22:51

Hallo. Erstmal danke für die weiterführenden informationen. der grund, warum ich immer noch venlafaxin nehme, ist folgender: es senkt die rückfallwahrscheinlichkeit. sicher kann man daraus ziehen, dass der umkehrschluss wäre, dass ich ohne sofort rückfällig werden würde ... aber ich wollte es selber so, da ich mich mit den medikamenten einfach sicherer fühle.

tonkey04 
Beitragsersteller
 01.06.2016, 23:00
@tonkey04

ich könnte auch meinen neurologen um ein sozialmedizinisches gutachten und eine begründung für den amtsarzt bieten. glaubst du dass der amtsarzt damit die lage verstehen würde? das gutachten würde wohl rundum positiv ausfallen, da ich wie gesagt seit 7 jahren keine beschwerden mehr habe.

evistie  01.06.2016, 23:04
@tonkey04

Sprich mit Deinem Neurologen, ob er Dir für den Amtsarzt ein solches Gutachten fertigt und wie er die Chancen bewertet!

Ich wünsche Dir viel Erfolg.

tonkey04 
Beitragsersteller
 02.06.2016, 19:54
@evistie

Hallo evistie. Kann ich dir noch eine Frage stellen? Glaubst du der Amtsarzt würde grünes Licht geben, wenn ich nur 2 Jahre Venlafaxin genommen hätte und seit 5 Jahren keines mehr genommen hätte? Da ich dann ja 8 Jahre ohne Rückfall bin, sollte das eigentlich kein Problem sein. LG

evistie  02.06.2016, 20:03
@tonkey04

Die Chancen wären zumindest besser. Aber: willst Du falsche Angaben machen? Eine Rückfrage bei Deinem behandelnden Arzt würde alles auffliegen lassen.

Lexi77  02.06.2016, 22:51
@evistie

Da mussich @evistie Recht geben. Falsche Angaben bringen dich nicht weiter. Wenn du falsche Angaben zum Gesundheitszustand machst und das raus kommt, dann kannst du richtig Ärger kriegen. 

Hallo! 

"Die Frage ist nun: Kann die Psychotherapie und die Diagnose und die regelmäßige Medikamenteneinnahme den Amtsarzt eventuell dazu bewegen, dass er dem Land aussagt, dass ich nicht dienstfähig bin?"

Es geht hier sicherlich hauptsächlich darum, ob du verbeamtet wirst oder nicht. Komplett dienstunfähig wirst du deswegen sicher nicht geschrieben. Aber es könnte halt passieren, dass du nicht verbeamtet wirst. Es gibt ja auch angestellte Lehrer. 

Grundsätzlich fand ich es immer sehr hilfreich, Befunde von behandelnden Ärzten dabei zu haben  (allerdings hatte "mein" Amtsarzt auch keine Ahnung von dem Fachgebiet).

Es geht bei sowas auch nicht immer nur um den aktuellen Gesundheitszustand. Sondern es wird auch auf die Zukunftsaussichten geguckt. Und wenn da irgendeine "Gefahr" besteht, dass du länger krank werden könntest oder höhere Kosten bei der Beihilfe verursachen könntest, tun so Amtsärzte sich schon mal schwer (zumindest war es bei einer Bekannten so).

Viel Erfolg! Gruß, Lexi 


Lexi77  02.06.2016, 16:11

allo nochmal! Ich habe gerade nochmal nachgesehen und folgende - für dich möglicherweise interessante Infos - gefunden:

z.B. hier: http://www.info-beihilfe.de/lehrer_ratgeber/verbeamtung-als-lehrer/

Um als Lehrkraft  Beamter zu werden muss der Bewerber unterschiedliche Voraussetzungen erfüllen.
Diese Voraussetzungen setzen sich zusammen aus:
der pädagogischen und fachlichen Tauglichkeit, einer gesundheitlichen Eignung, einem „sauberen“ Führungszeugnis und dem entsprechenden Eintrittsalter bei Dienstbeginn.

Gesundheitliche Voraussetzung für die Verbeamtung als Lehrer

In einer amtsärztlichen Untersuchung wird durch das Gesundheitsamt die Eignung der künftigen Lehrkräfte festgestellt. In dieser umfangreichen Untersuchung ist vorgegeben das keine Einschränkungen festgestellt werden dürfen die für die Zukunft erwarten lassen das der Anwärter seinen dienstlichen Verpflichtungen nicht nachkommen kann. Dies könnte zum Beispiel eine mögliche Dienstunfähigkeit sein welche bedeutet, dass der Beamte vorzeitig aus gesundheitlichen Gründen aus dem Dienst entlassen werden muss.

An einigen Beispielen möchten wir verdeutlichen welche Erkrankungen zu einer Versagung der Verbeamtung führen können:

Erkrankungen der Wirbelsäule oder des Knochenapparates. Dies können sein: Morbus Bechterew , schwere Bandscheibenvorfälle, Skoliose oderChondrose.

Erkrankungen und Störungen der Psyche. Dies können unter anderem sein: Borderline Syndrom, dissoziative Störungen, Depressionen, Psychosen, posttraumatische Belastungsstörungen und andere mehr.

oder dies:

Verbeamtung

Nach dem Referendariat stellt sich die große Frage: Werde ich verbeamtet?

Die Antwort auf diese Frage fällt gar nicht einmal so leicht. Zwar werden Lehrer (aller Schularten) in der Regel tatsächlich verbeamtet, aber Ausnahmen gibt es immer mehr. So stellen einige Bundesländer (vor allem im Norden und Osten) ihre Lehrkräfte nur noch mit Angstelltenvertrag ein. Das Land Berlin macht häufig von sich reden, weil es trotz Lehrermangels seine frisch examinierten Lehrkräfte nur mit schlecht bezahlten Angestelltenverträgen ausstattet. Viele Berliner gehen deshalb nach Niedersachsen oder Hamburg, um dort eine Verbeamtung zu bekommen.

Gesundheitliche Eignung

Doch selbst, wer in einem Bundesland lebt, in dem Lehrer in der Regel Beamte sind, muss für eine Verbeamtung "geeignet" sein. Hierzu werden alle Kandidaten und Kandidatinnen vom örtlichen Gesundheitsamt auf ihre Tauglichkeit hin untersucht.

Die Gesundheitsprüfung darf keine gesundheitlichen Einschränkungen an den Tag bringen, die erwarten lassen, dass der Anwärter dienstunfähig werden könnte.

Je nach Bundesland und Gesundheitsamt (das immer einen gewissen Ermessensspielraum hat), stehen z.B. folgende Einschränkungen einer Verbeamtung im Wege:

 BMI (Body-Mass-Index) sollte nach Möglichkeit nicht über 25 liegen. (Gewicht in kg dividiert duch Körperlänge in m zum Quadrat: kg/m²) schwere psychische Probleme, z.B. Depressionen Probleme der Wirbelsäule, z.B. schwere Bandscheibenschäden

http://www.referendar.de/referendariat/verbeamtung.html

Grundsätzlich findest du auch weitere Infos, wenn du mit "voraussetzung verbeamtung lehrer" googelst. Wenn du dann noch dein Bundesland ergänzt, wird es noch hilfreicher. Denn die Länder können da auch unterschiedliche Anforderungen haben.

Lexi77  02.06.2016, 16:15
@Lexi77

Und dies habe ich noch gefunden:

BeamtInnen: Neue Urteile zur Einstellung bei gesundheitlichen Beeinträchtigungen

Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat durch Urteile vom 25.07.2013 die gesundheitlichen Anforderungen an die Einstellung in das Beamtenverhältnis ganz erheblich abgesenkt und damit vielen Bewerberinnen und Bewerbern zukünftig eine Chance eröffnet, in das Beamtenverhältnis übernommen zu werden. Die mit dem Rechtsschutz der Landesrechtsstelle der GEW in Niedersachsen erstrittenen Urteile lassen erste Rückschlüsse auf Auswirkungen der Entscheidungen für einzelne Bewerbergruppen zu, auf die im Folgenden eingegangen werden sollen. ...

Die bisherige Rechtsprechung

Die Einstellung in das Beamtenverhältnis erfolgt nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung. Zur Eignung gehört auch die gesundheitliche Eignung. Nach einer jahrzehntelangen Rechtsprechung des BVerwG war diese nur gegeben, wenn aufgrund einer anzustellenden Prognose davon ausgegangen werden konnte, dass Bewerber im Falle einer Einstellung mit einem hohen Grad an Wahrscheinlichkeit die gesetzliche Altersgrenze im aktiven Dienst erreichen und nicht vorzeitig wegen Dienstunfähigkeit ausscheiden würden. Damit war fast jedes gesundheitliche Risiko ein Ablehnungsgrund. Auf den gesundheitlichen Zustand zum Zeitpunkt der Bewerbung kam es nicht an. ...

Die neuen Urteile

In seinen neuen Entscheidungen stellt das BVerwG zunächst einmal klar, dass Voraussetzung für eine Verbeamtung eine gesundheitliche Eignung zum Zeitpunkt der Einstellung ist. Wer den Lehrerberuf gegenwärtig nicht uneingeschränkt ausüben kann, wird nicht als Beamter eingestellt. Darüber hinaus ist eine Prognose erforderlich, die den Zeitraum bis zum Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze erfassen muss. Das Gericht kritisiert, dass die hier vorzunehmende Risikoabschätzung bisher auf der Basis von „Typisierungen und statistischen Wahrscheinlichkeiten“ vorgenommen wurde, die weder „einem Gegenbeweis noch einer nachträglichen Korrektur“ zugänglich gewesen seien. Der Umstand, dass jede Prognose mit erheblichen Unsicherheiten verbunden sei, könne nicht zu Lasten der Bewerber gehen. Im Ergebnis könne eine gesundheitliche Eignung nur verneint werden, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze Dienstunfähigkeit eintreten werde. Die Beweislast für das Vorliegen eines gesundheitlichen Risikos, die bisher beim Bewerber lag, wird dabei auf den Dienstherrn verlagert. ...

Einzelne Fallgruppen:

Vor den Urteilen des BVerwG hatten Teile der Rechtsprechung, so das OVG Lüneburg, differenziert: Für Lehrkräfte mit leichten Behinderungen (z. B. Wirbelsäulenschäden, Morbus Crohn, Neurosen) sollte ein gegenüber der traditionellen Rechtsprechung milderer Maßstab gelten. Für Bewerber, die zum Zeitpunkt ihrer Bewerbung uneingeschränkt gesund waren und bei denen lediglich ein gesundheitliches Risikobestand (z. B. auffällige Blut oder Leberwerte), sollte der strenge Maßstab beibehalten bleiben. Das hat das BVerwG aufgegeben. Es gilt ein einheitlicher Maßstab für beide Personenkreise.

https://www.gew-sh.de/themen/rechtsschutz/beamtinnen-neue-urteile-zur-einstellung-bei-gesundheitlichen-beeintraechtigungen

Guten Abend, es ist sicherlich schon lange her, aber ich würde gerne erfahren, was nun bei deiner amtsärztlichen Untersuchung heraus gekommen ist @tonkey04. Bei mir liegt ein ähnlicher Fall vor.


tonkey04 
Beitragsersteller
 24.02.2017, 23:49

Es handelte sich bei der Frage mehr um eine Abschätzung aus heutiger Sicht. Meine Verbeamtung ist noch eine Weile hin, aber weil mich die Frage als Student doch sehr beschäftigt hat, habe ich mal gefragt. Ich nehme nun seit circa einem Jahr kein Venlafaxin mehr und mir geht es sogar noch besser als vorher. Der Psychiater ist begeistert und mein Erstbehandelnder Neurologe hat mir ein Gutachten geschrieben, welches bei der Untersuchung eindeutig für mich spricht. Er sah eine Jugendkrise und keine wirkliche Depression darin. Auch die Lehrergewerkschaft hat mir bestätigt, dass eine einmalige ausgeheilte Episode kein Grund für eine Nichtverbeamtung ist. Das trifft alles auf mich zu, zumal ich zu meiner Verbeamtung seit über 7 Jahren geheilt sein werde und nebenbei dann auch seit 5 Jahren keine Medikamente mehr gebraucht habe. Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich nicht mehr an einer Depression erkranken werde. Es handelte sich wirklich um eine Jugendkrise. Selbst der Arzt meinte damals, dass eine so starke Besserung wie bei mir nach zwei Wochen doch stark dagegen spricht, dass es sich um eine echte Depression handelte. Alles in Allem sehe ich in meinem Fall positive Chancen auf eine Verbeamtung - bestätigt durch eine Juristin meiner Gewerkschaft und dem Gutachten meines Erstbehandlers.