Zu kurze Therapiestunden (Psychotherapie)?
Hallo,
ich glaube, das Problem kennen viele, die auch eine Psychotherapie machen/gemacht haben.
Es geht darum, dass man nicht alles schafft in der Stunde zu sagen. Wie geht ihr damit um?
Ich vermisse meine Therapeutin, weil ich ihr halt gerne mehr gesagt hätte. Am Anfang der Stunde reden wir meistens allgemein darüber, wie ich mich fühle um "warm" zu werden, weil ich meistens total nervös bin und nicht weiß, was ich zu erst sagen soll. Sie hilft mir dann auch immer, indem sie fragen stellt.
Letzte Stunde haben wir dann ein Thema besprochen, was irgendwie, ich weiß nicht, mir jetzt halt wider bewusst ist. Es ist nicht so, dass ich vollkommen neben der spur bin und nichts mehr geregelt bekomme, aber wenn ich an die Person denke um die es geht werde ich wütend, aggressiv, traurig, und weine teilweise. Also die Gefühle sind abwechselnd und es ist einfach belastend.
Es ist einfach komisch. Die Therapeutin ist irgendwie auch die erste, die meine Probleme ernst nimmt und sich nicht darüber lustig macht. Dafür bin ich ihr echt dankbar, auch wenn ich mich selbst nicht mehr ernst nehmen kann. Ich weiß auch nicht, was los ist, ich würde gerne mit ihr darüber reden, ebend weil sie mich versteht.
Wie kann ich die Zeit bis zur nächsten Stunde a besten überbrücken? Was hat euch geholfen?
9 Antworten
Es geht darum, dass man nicht alles schafft in der Stunde zu sagen. Wie geht ihr damit um?
Das ist eine Lernsache. Und durchaus auch ein Therapiethema. Nämlich zu lernen, sich zu begrenzen. Viele Klienten und Patienten neigen dazu, fünf Minuten vor Schluss st mit dem Wichtigen rauszurücken. DAs ist dann blöd für sie, wenn die Therapeutin trotzdem Schluss macht. Ich sage dann immer: "Wir haben noch fünf Minuten. Wollen Sie das jetzt wirklich noch besprechen?" Und ich mache auch pünktlich Schluss. Als ich unerfahren war, konnte ich das nicht gut und es kam vor, dass die Leute noch im Flur auf mich einredeten.
Es ist eine Lernsache. Wenn man eine längere Therapie macht, lernt man, sich die Zeit besser einzuteilen. Im GEgenteil, die Themen flachen sogar in den letzten 10 Minuten ab, weil die KLienten wissen, dass sie dann ja auch noch sicher nach Hause fahren müssen.
Überbrücken der Zeit bis zur nächsten Stunde? Ablenken, Sport treiben, sich nur nicht in die Themen hineinsteigern. Gelingt nicht immer, schon gar nicht am Anfang einer Therapie, aber man lernt es. Auch das gehört mit zur Therapie.
Fang an, ein Tagebuch zu schreiben, vielleicht nicht jeden Tag etwas, sondern nur, wenn Du willst. Schreib in der Form von Briefen an Deine Therapeutin. Beim Schreiben klären sich die Gedanken.
Lass sie das Tagebuch nicht lesen, sondern erzähle ihr, was Du geschrieben hast. Nicht alles, aber alles, was Dir wichtig ist.
... auch wenn ich mich selbst nicht mehr ernst nehmen kann.
Das verstehe ich nicht so richtig. Es könnte eine positive, aber auch eine negative Bedeutung haben. Wie meinst du das?
... werde ich wütend, aggressiv, traurig, und weine teilweise.
Die Ursache ist immer die Gleiche. Du bist zu sehr mit deinem ICH identifiziert. Mit dieser Bewusstseinshaltung will man entweder vom Anderen etwas haben oder lehnt andere ab. Entsprechend ist man traurig darüber, dass die eigenen Bedürfnisse und Wünsche nicht erfüllt werden, oder man ist wütend auf den Anderen, weil er/sie nicht so ist, wie ICH es will. Beobachte mal kleine Kinder, sie sind entweder traurig oder wütend, eines von beiden. Das kann auch abwechselnd hin und her gehen. Psychologisch ausgedrückt: Du bist mit deinem sog. "inneren Kind" identifiziert. (Kennst du den Ausdruck?) In einer Therapie geht es darum, Selbstliebe zu lernen, dein verletztes inneres Kind anzunehmen und so den Schmerz zu heilen. (Hoffentlich passiert das auch in deiner Therapie!)
Für die Zeiten zwischen den Therapiestunden hilft es, aus dem Zustand der Bedürftigkeit herauszukommen, indem man etwas gibt. Kümmer dich um Andere, andere Menschen, Tiere oder Pflanzen. Öffne dein Herz für Andere und lasse deine Liebe und Fürsorge aus deinem Herzen fließen, das lenkt dich ab von der eigenen Not.
Ich weiß nicht, ob du zugänglich bist für Spiritualität. Um sich von der Identifikation mit den Gedanken zu lösen, (die dann Leiden zur Folge haben), hat schon vielen Menschen das Bestseller-Buch von Eckhart Tolle geholfen, - der Titel: Jetzt! Die Kraft der Gewgenwart
Klingt für mich, als hättest du kein konkretes Therapie-Ziel (mehr). Es wirkt, als würdest du über alles Mögliche aus deinem Alltag mit der Therapeutin reden, als wirklich konsequent an einem Thema psychotherapeutisch zu arbeiten und dies auch gleich zum Anfang der Stunde fokussiert einzubringen. Vielleicht ist das eher eine Vermeidung von dir, indem du die Stunden eher zum Wohlfühlen und zur Entlastung benutzt, als dich mit den unbequemen Dingen zu befassen?!
Leider ist es eben so, dass die Psychotherapie (zumindest im Kassensystem) zeitlich sehr knapp begrenzt ist. Die Vorgaben gehen halt von sehr motivierten und fokussierten Patienten aus.
Insofern würde ich mich lieber nicht mit dem Vermissen der Therapeutin und dem Umgang damit beschäftigen (denn die es sowieso nach ca. einem Jahr nicht mehr da), sondern damit, wie du die knappe Zeit für dich so nutzen kannst, dass du nach Abschluss der Behandlung (weitgehend) symptomfrei ohne weitere Behandlung leben kannst.
Schreib Dir am besten genau auf, was Du jetzt denkst und fühlst.
Erstens hilft Dir das, weil die Gefühle und Gedanken dann "aus Dir raus" sind, und zweitens beruhigt es Dich, weil Du dann genau weißt, was Du Deiner Therapeutin bei der nächsten Sitzung erzählen willst.
Und wenn sie dann nächstes Mal fragt, wie es Dir geht, dann solltest Du ihr unbedingt auch erzählen, daß Du nach der letzten Sitzung sehr aufgewühlt warst, weil abc und Du xyz gefühlt und gedacht hast.
Damit lernt sie Dich ja auch besser kennen und kann in Zukunft darauf achten, daß ihr zu krasse Themen nicht gerade gegen Ende einer Stunde besprecht.