Medizinstudium ohne Arzt werden zu wollen?

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Ich finde, das ist eine sehr gute Idee! Denn das Studium hat mir wie vielen meiner damaligen Sudien- und heutigen Arztkollegen im Gegensatz zu der bestehenden beruflichen Realität großen Spaß gemacht. Man eignet sich während des Studiums ein sehr breites Wissen aus den verschiedensten Disziplinen an und erhält Einblicke in das menschliche Sein, die man sonst nirgendwo findet. Wenn ich mich z. B. mit einem Psychologe vergleiche, dann denke ich oft, dass diesem ein bestimmtes Wissen bzw. bestimmte Erfahrungen fehlen, das/die man sich nur in einem Medizinstudium aneignen kann. Es macht aus meiner Sicht einfach einen großen Unterschied, ob ich die körperliche und psychische Seite des Menschen durch z. B. einen Präparationskurs in der Anatomie und durch die tägliche Konfrontation mit Menschen in gesundheitlichen Krisen bis hin zum Sterben während der Praktika, Famulaturen und während des Praktischen Jahres hautnah erlebt habe.

Was aber viele Mediziner später im Berufsleben dann doch schnell ernüchtert und frustriert, sind die aus meiner Sicht unmöglichen Arbeitsbedingungen bei vergleichsweise überschaubarem Einkommen. Das ist wohl auch der Grund, warum viele Studienabsolventen heutezutage vermehrt in andere Berufe wie Wissenschaftsjournalismus oder als Pharmareferenten oder Nicht-Kliniker im Gesundheitssystem (Krankenkassen, Rentenversicherer, MdK, Gesundheitsämter, Gutachter etc.) ausweichen. Eine andere Nische mit besseren Arbeitsbedingungen, allerdings eher bescheidenen Einkunftsmöglichkeiten, findet sich im Bereich Psychotherapie. Ob man sich dafür allerdings die "Ochsentour" eines Medizinstudiums und die einer jahrelangenTätigkeit als Assistenzarzt antun möchte, sollte man sich gut überlegen...

Du hattest ja geschrieben, dass das Studium sehr auf das Arztsein angelegt sei. Das finde ich eigentlich nicht. Wenn die Famulaturen und Praktika nicht wären, hätte man so gut wie keinen Praxisbezug. Wenn man als Arzt dann anfängt zu arbeiten, hat man zwar vieles theoretisch gelernt, aber das Wenigste praktisch schon einmal wirklich auch gesehen, geschweige denn gemacht.

Fazit: Das Medizinstudium vermittelt ein sehr breites Wissen und bringt einem sehr wertvolle und unvergleichliche Einblicke und Erfahrungen in das menschliche Sein, die später aber eher für einen selbst einen hohen Wert darstellen. Wenn man Karriere machen will, sollte man den Aufwand lieber in etwas anderes investieren...

In der klinischen Forschung arbeiten viele Mediziner. Sie sind an der Planung von klinischen Studien beteiligt und auch in der Arzneimittelsicherheit wichtig.

Für Ärzte gibt es auch Beschäftigungsmöglichkeiten z.B. bei Interessenverbänden (Ärtztekammer, Marburger Bund, Kassenärztliche Vereinigung), Gesundheitsbehörden, Krankenkassen, in der medizinischen und pharmazeutischen Forschung.

Wenn Du speziell an der Forschung interessiert bist, ist das klassische Medizinstudium mitsamt Krankenhauspraktika und praxisorientierter Heilkunde ein gewisser Umweg. Da solltest Du Dich über Studienangebote mit Bezeichnungen wie "Theoretische Medizin" oder auch "Humanbiologie" (z.B. Uni Marburg, Uni Greifswald) informieren. Siehe auch "studieren.de".

Verwandt und sehr interessant wäre auch Medizinhistorik oder aber begleitend zum Medizinstudium ein Volontariat bei einer medizinischen Fachzeitschrift oder einem medizinischen Fachverlag. Dann kannst du dich auch dafür entscheiden, mehr journalistisch tätig zu sein, falls dich so etwas interessiert. Ansonsten warten auch Jobs bei Krankenkassen, Rentenversicherungen etc. Sehr gerne werden "fertige" Ärzte aber auch in der Pharmaberatung und -betreuung eingesetzt, von Kollege zu Kollege. Du musst also nicht die klassische Karriere einschlagen, wenn du nicht willst.

jokerfreak  12.05.2020, 00:07

Mit sowas wird man nichts und auch in die Forschung zu kommen ist meist eher ein schöner Wunschtraum als Realität. Da wollen sie nämlich in Fächern ohne Perspektive gerne mal alle hin, weil man da noch am besten verdient und sich um Bewerbungen nicht direkt zu kümmern braucht. Finger weg von eher geisteswissenschaftlich angehauchten Orchideenfächern wie dem von dir Vorgeschlagenen, außer man steht drauf, sich 5 Jahre an der Uni den Buckel krum zu machen, um hinterher ~1 Jahr keinen adäquaten Job zu finden und dann die 35.000 brutto als Einstieg in etwas idR Fachfremdem zu verdienen, die die Sekretärin mit einer 3-jährigen Ausbildung und einiger Berufserfahrung auch verdient. Wenn man Medizin studieren möchte und die Möglichkeit hat, sollte man dies tun! Selbst wenn man in die Forschung möchte, so könnte man immer noch Arzt werden und hätte einen sicheren Job, falls es mit Forschung nichts werden sollte. Wer allerdings top Noten hat und gut netzwerken kann, findet auch Stellen in der Forschung.

Also theoretisch kann man mit einem Medizinstudium schon in die medizinische Forschung gehen. Allerdings gibt es andere Studiengänge, die eher darauf ausgerichtet sind, und wenn man als Mediziner in die Forschung will, wird man sich noch einiges zusätzlich aneignen müssen.
Es gibt zwar sicherlich auch Leute, die nach einem Medizinstudium tolle Forschung machen, aber sie haben es schwer - nicht nur, weil ihnen quasi ein Teil der Ausbildung fehlt, sondern auch, weil viele Naturwissenschaftler dazu tendieren, sie nicht ganz für voll zu nehmen.
So jedenfalls ist mein Eindruck als Studentin in einer medizinverwandten Naturwissenschaft...

Wurzelauseins 
Beitragsersteller
 01.09.2016, 23:18

Welche medizinverwandte Naturwissenschaft denn? :)

Pramidenzelle  06.09.2016, 22:23
@Wurzelauseins

Naja, wie Studiengänge heute so sind - Ein Haufen Biochemie und Molekularbiologie mit etwas Pharmazie und Neurowissenschaft, gewürzt mit einer Prise Biophysik ...