Probleme mit der Berufsgenossenschaft nach Arbeitsunfall

4 Antworten

Um mit einem ersten Irrtum aufzuräumen:

Die Bemessung des Grades der Behinderung (GdB) ist nicht allein auf die Unfallfolgen fixiert, zudem wird er anders bemessen. Zwar fließen die Unfallfolgen mit ein, allerdings stimmen MdE und GdB in den seltensten Fällen überein. Das Versorgungsamt bedient sich in aller Regel an den Gutachten der BG, schätzt den GdB aber unabhängig ein.

Zweiter Irrtum: Fristen im Vorverfahren (Widerspruchsverfahren). Wenn man davon absieht das ein Verfahren immer zeitnah abgeschlossen werden sollte gibt es für die Dauer eines Widerspruchsverfahrens keine Frist.

Dritter Irrtum: die BG gleicht keinen Nettolohnverlust aus, sie zahlt Rente entsprechend der festgestellten MdE und anhand des Verdienstes aus dem Jahr vor dem Unfall.

Ist der Widerspruch denn schon von dir und/oder dem VDK begründet worden? Wenn ja, sind 3,5 Monate keine ungewöhnlich lange Zeit. Im übrigen ist die Frist zur Erhebung des Widerspruchs keine Erfindung der BG sondern steht im Sozialgerichtsgesetz, § 84.

Allerdings gibt es Mittel und Wege der BG auf die Sprünge zu helfen. Zum einen: nachfragen nach dem Stand der Dinge. Zweitens: drohen, und zwar mit Schreiben an die Geschäftsführung oder mit Untätigkeits- oder Feststellungsklagen beim Sozialgericht. Oder auch mit der örtlichen Presse. Drittens: dies auch dann tun nachdem man der BG eine Frist gesetzt hat.

Wenn die BG ihre Meinung nicht ändert bleibt dir nichts anderes übrig als vor dem SG zu klagen, und dort brauchst du einen noch längeren Atem. Spätestens dort ist mit Druck machen nicht mehr viel zu holen.

Ob dein Anspruch gerechtfertigt ist lasse ich jetzt mal außen vor, das kann ich mit den Infos oben gar nicht beurteilen.

odeon224 
Beitragsersteller
 29.11.2013, 13:18

Lieber ProfFarnsworth,

Vielen Dank für Deine ausführliche Antwort. Selbstverständlich erwarte ich von der BG nicht das Sie einen Nettoausgleich für mich leistet. Was ich aber erwarte ist, dass man die gemachten und selbstbeauftragten Gutachten in der Bewertung des Anspruchs zumindest berücksichtigt. Trotz der Unfallfolgen (Schmerzen, eingeschränkte Fortbewegungsmöglichkeit, BTM-pflichtige Schmerzmittel etc.) versuche ich weiterhin am Arbeitsleben teilzunehmen, so bewältige ich im Augenblick ein zweites Studium (als Umschulung sozusagen) in meinem Unfallbetrieb um eben weiterhin und trotz Behinderung konkurenzfähig erwerbsfähig zu bleiben. Und in eben dieser Bemühung werde ich von der BGausgebremzt. Aussagen wie "Sie erhalten doch eine Rente, warum bleiben Sie nicht zu Haus, dann brauchen Sie keinen Transportdienst und haben auch weniger Schmerzen.) Das sind Aussagen die ich von einem Sachbearbeiter sicher nicht brauche. Sollen die nicht lieber Eigeninitiativen durch Zuspruch fördern? Versteh mich nicht falsch, es geht mir nicht darum möglichst viel Leistung zu erhalten, es geht mir darum die mir zustehenden Leistungen und wichtiger noch eine respektvolle Behandlung zu erhalten. Als Unfallgeschädigter ist man doch kein Mensch zweiter Klasse.

BluePapillion  01.12.2013, 14:47

Lieber ProfFarnsworth,

Die Gutachten wurden von der BG beauftragt. Im übrigen, "müssen" weitere verschlechterungen des Gesundheitszustandes, die aufgrund der Schädigung erfolgen, neu bewertet werden.

Das Sie sich die BG, hier ein Eigentor geschossen hat, dafür kann man dem Anspruchsteller nicht die Schuld zuschieben.

noch ein kleiner Nachtrag, Seitens des Versorgungsamts (dieses zahlt leider nicht meine Unfallrente) wurde anhand der Medizinischen Unterlagen und nach Beurteilung durch einen Amtsarzt, wurde eine MDE in Höhe von 40 anerkannt.

altermann58  29.11.2013, 12:37

Meinst du MDE oder GdB? Das ist ein großer Unterschied!

odeon224 
Beitragsersteller
 29.11.2013, 12:52
@altermann58

Hm die MDE stellt doch den Grad der Erwerbsminderung ein, so hat mir der Gutachter das seinerzeit erläutert, er meinte das das bei einem Arbeitsunfall gehandhabt wird wie eine GDB.Beim Finanzamt habe ich die Eintragung auch beantragt mit dem MDE40 Bescheid und bekam problemlos auch den freibetrag eingetragen. Wenn ich hier etwas falsch verstehe bitte ich gerne um Aufklärung denn das ist das Größte Problem. Das man mit den Folgen und Problemen allein dasteht und auch von den zuständigen Behörden wie BG etc nicht aufgeklärt wird.

ProfFarnsworth  29.11.2013, 13:05
@odeon224

GdB: Schwerbehindertenrecht. Dort werden alle Gesundheitsstörungen berücksichtigt und deren Auswirkungen auf alle Lebensbereiche.

MdE: die Minderung der Erwerbsfähigkeit. Der Name macht den Unterschied schon klar, es werden nur die Beeinträchtigungen für den allgemeinen Arbeitsmarkt bewertet (nicht die Beeinträchtigungen für tatsächlich ausgeführte Tätigkeit, auch so ein häufiger Irrtum).

Steuerrechtlich wird beides gleich bewertet, § 33b EStG. Eine Addition von GdB und MdE findet aber nicht statt, es wird der höhere Wert berücksichtigt.

folgenreiche Unfallverletzung auch Mehrkosten z. B. Transportkosten

Bei MDE bin ich nicht so firm...

Wie sieht deine GdB aus? Ist da auch etwas festgestellt worden?

Dann kannst du das durch die Freibeträge für GdB sowie im Bereich der außergewöhnlichen Belastungen bei der Steuer absetzen.

"Finanziell interessant" wird es erst bei Schwerbehinderung - GdB über 50 %.

Die BG hat bis zu 9 Monate Zeit.

BluePapillion  01.12.2013, 14:52

Eine Klage wegen untätigkeit ist per Gesetz erst nach 9 Monaten zulässig, deine vier Wochen beziehen sich immer nur auf die Frist, einem Bescheid widersprechen zu können, haben aber nichts mit der Dauer eines Antragsverfahren zu tun, da du jederzeit deine Begründung an die BG (innerhalb eines Jahres, wenn es durch die Umstände so lange dauert) nachliefern kannst.

Ich führe seit 5 Jahren (ebenfalls 2008) ein Rentenverfahren gegen die BG, du glaubst nicht was die alles an Tricks anzuwenden veruchen.

;-)))

Lokicorax  02.12.2013, 13:47
@BluePapillion

Hoi.

Nicht ganz:

"Erst sechs Monate nach der Antragstellung kann der Hilfesuchende den Anspruch gerichtlich geltend machen, wenn die Behörde nicht entscheidet, § 88 Abs. 1 S. 1 SGG (zuvor kann eine Entscheidung nur unter zusätzlichen besonderen Bedingungen im Wege des Eilrechtsschutzes erzwungen werden). Liegt ein zureichender Grund dafür vor, dass der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist aus, die verlängert werden kann, § 88 Abs. 1 S. 2 SGG. Der Antragteller hat also einen Anspruch auf eine Entscheidung binnen sechs Monaten. Die Vorschrift des § 88 Abs. 1 SGG zwingt die Behörde, binnen sechs Monaten zu entscheiden!

Wird über einen Widerspruch innerhalb von drei Monaten nicht rechtzeitig entschieden, so kann schon mit Ablauf der 3-Monats-Frist eine Untätigkeitsklage erhoben werden, § 88 Abs. 2 SGG."

Ciao Loki

http://rechtsanwalt-und-sozialrecht.de/untaetigkeitsklage-sozialrecht-kostentragung/

BluePapillion  02.12.2013, 18:37
@Lokicorax

Okay, danke für die Info.

Die 3 Monatsfrist war mir bekannt, war auch mein Argument als ich meine Untätigkeitsklage eingereicht habe, meine Richterin meinte allerdings mich belehren zu müssen und erwähnte mir gegenüber "um eine Entscheidungsklage" die sich ja auf Untätigkeit bezieht, einreichen zu können, muss ich der BG 9 Monate zeitlassen.