Umarmung von Therapeut - ein Tabu? Ein No-Go? Unprofessionell? oder ganz gut?
Hallo :)
Ich befinde mich seit einem Jahr in Mototherapie (begleitende Form der Thera ergänzend zur Psychotherapie). Nur zum Verständnis: In der Mototherapie lerne ich meinen Körper wieder mehr achten, z.B. durch Atemübungen, Entspannung, Tanz ... Grund meiner Therapie ist eine Essstörung seit nunmehr 5 Jahren (bin 17) und Selbstverletzung sowie große Probleme in meiner Familie.
Ich habe ein sehr gutes Verhältnis zu meiner Mototherapeutin. Ich gehe sehr gerne hin und habe das Gefühl, dass sie sich auch freut, mich zu sehen, und alleine das schon gibt mir ein Stückchen Selbstvertrauen. Gestern wurde es für mich sehr emotional und meine so mühsam erarbeitete Fassung ging mir flöten und ich habe angefangen, zu weinen (ich hasse das!) Sie fragte, ob sie mich einmal umarmen dürfte und ich nickte. Es tat einfach nur wahnsinnig gut, weil ich zu Hause keine Mutter habe, die mich in den Arm nimmt (bei mir ist das umgekehrt, iwie bin ich immer diejenige, die die anderen tröstet.)
Meine Frage: Darf eine Therapeutin das überhaupt? Ist das nicht ein Tabu? Ich meine, es gibt doch sicherlich Leute, denen es dann total schwer fällt, wenn die Therapie ausläuft, weil sie sich von der Thera total abhängig gemacht haben?
Für mich persönlich war das gestern gut in dem Moment, zu wissen, dass sie da ist, solange, bis ich wieder auf eigenen Beinen stehen kann. Ich würde auch nicht sagen, dass ich mich deshalb mehr von ihr abhängig mache. Ich bin ein Patient, und sie verdient damit ihr Geld, ich steiger mich da auch nicht rein oder fange an zu überlegen, ob sie meine Ersatzmutter sein könnte oder so... aber ich weiß halt, dass andere das tun. Auf der anderen Seite stärkt es das Selbstbewusstsein, gerade bei Essgestörten, die ihren Körper ablehnen sind Berührungen vielleicht auch wichtig?
Was ist eure Meinung/Erfahrung? Was bekommt man als Therapeut in der Ausbildung dazu gesagt?
lG Ascala
9 Antworten
Ein Therapeut darf das schon, trotzdem wird es aus Vorsicht sehr selten gemacht, in deinem Fall war das ja hilfreich und angebracht.
Heyhey :)
Ich danke euch für eure Antworten!
Vielleicht sollte ich noch hinzufügen, dass ich bei der Mototherapie so schon allgemein viel "Körperkontakt" zu ihr habe. Ab und zu krieg ich ne Massage und auch so arbeitet man in der Mototherapie oft im Team zu zweit und ist sich viel näher als bei der Gesprächstherapie, sodass sich die ein oder andere Berührung gar nicht vermeiden lässt. Außerdem ist ja das Ziel, dass man mehr Vertrauen in seinen Körper bekommt und ich denke, das hat schon mit Berührungen zu tun.
Zu meiner Psychotherapeutin hab ich nicht so ein enges Verhältnis, ich glaube, von ihr würd ich mich nicht umarmen lassen (sie legt mir zum Abschied manchmal die Hand auf die Schulter und wenn's mir besonders bescheiden ging, hat sie auch schon mal meine Hand genommen.) Das ist ok, aber weiter würde ich nicht gehen wollen.
Ich für mich bin soeben zu dem Entschluss gekommen, dass es für mich ganz gut war am Donnerstag und auch angemessen. Ich glaube nicht, dass meine Motothera durch die Welt rennt und alle ihre Patienten umarmt^^ Ich glaube, dass sie sich das schon überlegt und ich denke, sie kennt mich gut genug, um zu wissen, dass ich nicht anfange, mir da was drauf einzubilden, da könnte mehr draus werden wie Freundschaft oder so. Es war einfach eine Geste und vielleicht auch die Belohnung dafür, dass ich endlich mal nicht versuche, meine Gefühle zurückzuhalten (hab dann einfach weitergeheult und es nicht mehr zurückgehalten. :D )
Habe soeben die Nachricht bekommen, dass die Therapie verlängert wird bis zum April und freue mich auf die vielen Sitzungen, die noch vor mir liegen. :)
lG Ascala
Hallo,
ich habe den Eindruck, Du bist bei Deiner Therapeutin gut aufgehoben auf dem Weg sich wieder anzunehmen. Soviel Glück hat nicht jeder.
Das ist allein eine Frage des Nutzens. In Deinem Fall vermutlich eher positiv besetzt. Ich kann darin kein Fehlverhalten entdecken. Natürlich wird das gerne tabuisiert. Aber da müssen sich die Menschen erst einmal selber die Frage stellen, mit welchen Hintergedanken sie das betrachten. Zuneigung, Liebe (nicht körperliche!) oder Halt und Bindung sind Dinge, die in unserer Gesellschaft und im menschlichen Zusammenleben immer mehr in den Hintergrund gedrängt werden. Wenn der Therapeut in der Umarmung einen positiven Effekt sieht, dann finde ich das gut!
Ich finde deine Antwort ist super ... (DHs habe ich schon alle "verbraten" ... gibts morgen)
Natürlich darf sie das.. Du hast zugestimmt...
Unprofessionell würde ich das auch nicht nennen. Das ist auch nur ein Mensch.
Und wen. Sowie den ganzen Tag traurige Geschichten hört und was dagegen TU. Soll muss sie ihr Mitleid auch mal teilen.
Hallo,
da Deine Therapeutin gefragt hat,ob sie dich umarmen DARF und du das auch wolltest,ist dies absolut ok.
Und hab keine Angst,zum Ende der Therapie wird sie dich ganz sicher drauf vorbereiten,dass du Sie und Deine Therapie auch loslassen kannst-sie selbst muss sich darauf auch einstimmen,denn auch Therapeuten sind "nur" Menschen mit Gefühlen!
In der Ausbildung wird dazu geraten,körperl.Kontakt zu vermeiden-ABER es wird noch viel mehr dazu geraten,dass Therapeuten authentisch sein sollen und ihrem eigenen Stil treu bleiben.
Freu Dich darüber,dass du einen so guten Draht zu Deiner Therapeutin gefunden hast,denn dies ist die Voraussetzung schlechthin,dass eine Therapie überhaupt erst klappen kann.
Alles Liebe Dir!