Psychotherapie - Entbindung der Schweigepflicht?
Hallo zusammen,
ich habe (unter dem Vorwand der neuen Datenschutzregeln) vom meinem Psychotherapeuten einen Zettel zum Unterschreiben bekommen, in dem es um eine Entbindung seiner Schweigepflicht geht.
Verhindern die neuen Datenschutzregeln tatsächlich deren Schweigepflicht?
Irgendwie wird mir mulmig, das zu unterschreiben.
4 Antworten
Die Schweigepflicht (2018) kann unter anderem aufgehoben werden,
- zum Schutz des Patienten
Denkbar sind hier Fälle wie die Benachrichtigung der Polizei bei Kindesmissbrauch oder die Unterbringung in einer psychiatrischen Klinik bei Selbsttötungsabsichten des Patienten.
- bei rechtfertigenden Notstand gem. § 34 StGB
Zum Beispiel: Bei der Informierung eines Lebenspartners eines HIV Patienten über dessen Erkrankung, da der Schutz der Gesundheit und des Lebens des Partners vorgeht.
- bei schwerwiegende Straftat(en) gem. §§ 138, 139 Abs. 3 StGb StGB
- bei Gesetzliche Auskunft
Zum Beispiel: Bei einem Fall des Infektionsschutzgesetzes (§§ 6 – 12 InfektionsschutzG) oder in § 7 des TransplantationsG
Hier wäre nun abzuwägen bzw. wichtig zu wissen, aus welchen Grund der Psychotherapeut die Schweigepflicht aufheben will.
Die Schweigepflicht gilt grundsätzlich auch gegenüber der Krankenkasse. Die kann aber ein berechtigtes Interesse haben. Das nützt aber nichts. Der Arzt oder das Krankenhaus müssen gleichwohl erst entbunden werden.
Die Krankenkasse kann unter Umständen einen berechtigten Anspruch auf eine Schweigepflichtsentbindung haben: Wenn sie nämlich zum Beispiel Krankengeld zahlt und überprüfen will, ob die Voraussetzungen dafür tatsächlich gegeben sind.
Derjenige, der Leistungen möchte – also in diesem Fall der Versicherte, ist mitwirkungspflichtig. Ist der Auskunftsanspruch er Kasse berechtigt und man kommt seiner Pflicht nicht nach, kann das dazu führen, dass die Krankenkasse ihre Leistung verweigert, also nicht zahlt. Und das zu Recht, weil man seiner gesetzlichen Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen ist.
Oh okay, also kann es doch wegen finanzieller Gründe der Krankenkasse sein :/
Ich hab halt Angst, dass die Aufhebung der Schweigepflicht dazu führen kann, dass in der Sitzung besprochene Informationen an Familienangehörige oder Andere gelangen kann.
Nein, die Angehörigen dürfen nicht darüber informiert werden, sofern du kein Einverständnis erteilst. Die Schweigepflicht ist übertragbar und besitzt somit auch die Krankenkasse und alle anderen involvierten Organe (Ärzte etc.).
Okay gut zu wissen <3
Unter "Entbindung" hab ich eher eine Aufhebung der Schweigepflicht verstanden.
Eine Entbindung ist eine Aufhebung der Schweigepflicht in bestimmten, wie oben beschriebenen, Fällen. Die Schweigepflicht kann nicht komplett aufgehoben werden. (§ 203 Verletzung von Privatgeheimnissen, StGB)
Mit welchem Grund hat er um die Entbindung gebeten? In der Regel geht es nur darum, dass der Therapeut deine Daten an die Krankenkasse zwecks Abrechnung weitergeben darf
Die Therapeutin meinte nur ich müsse es aufgrund der neuen Datenschutzregelung unterschreiben. Für mich persönlich sind allerdings Datenschutz und Schweigepflicht zwei unterschiedliche Schuhe.
Du solltest keine Blankoschweigepflichtsentbindung geben. Genauso wenig wie man einen Blankoscheck ausfüllt.
Wenn der Therapeut eine Schweigepflichtsentbindung will, dann muss darin stehen, gegenüber wem diese Entbindung gilt. Wenn du also z.b. die Schweigepflichtsentbindung gegenüber einem namentlich genannten Arzt gibst, besteht weiterhin die Schweigepflicht gegenüber einem anderen Arzt, gegenüber allen anderen Menschen und Institutionen.
In diesem Formular müsste also stehen:
Ich Klarabella Duck entbinde Frau Dr. Ulrike Düsentrieb gegenüber Herrn Dr. med. Meier Lüdenscheidt von der Schweigepflicht.
Für ALLE anderen gilt die Schweigepflicht nach wie vor.
Natürlich braucht letztlich der Therapeut, wenn er deinen Therapie bei der Krankenkasse beantragt, gegenüber dieser auch die Entbindung der Schweigepflicht.
Da stimmt was nicht ...
Das Gefühl habe ich leider irgendwie auch.
Vielen Dank für die ausführliche Antwort!
Anders gesagt: Weder Datenschutz, noch Abrechnung der Krankenkasse sind eine mögliche Begründung für die Entbindung der Schweigepflicht?