Zudeckende oder aufdeckende Therapie
Ein Bekannter (45 Jahre), hat seinen Arbeitsplatz verloren. Kurze Zeit später wurde er depressiv, er leidet sehr unter negativen Gedanken. Er fühlt sich überflüssig, wenn er sich nicht durch Leistung und Aktivität beweisen kann, dass sein Leben sinnvoll ist. Um sein Leben wieder in Griff zu bekommen, geht er jetzt in Psychotherapie. Welches Therapieverfahren wäre in diesem Fall angezeift - zudeckende oder aufdeckende Therapie?
6 Antworten
Hallo csiemo, bei Depressionen ist die kognitive Verhaltenstherapie von A. T. Beck eine anerkannte und wirksame Methode. Sie hilft dem Patienten seine negativen Interpretationen zu entdecken, bewusst zu machen und zu verändern. So lernt er zu bewältigen und nicht Verlierer zu sein. Die Resourcen werden mobilisiert und neue Möglichkeiten tun sich auf. Wenn dein Freund derzeit arbeitslos ist, muss dies ja nicht zwingend ein Dauerzustand bleiben. Diese Situationen, also die Krise birgt ja auch neue Chancen. Ganz gleich ob eine Therapie zudeckend oder aufdeckend ist, (dies entscheidet der Therapeut in Zusammenarbeit mit dem Patienten, was im Moment dass Beste ist) sie wird in jedem Fall zum Ziel haben, das es dem Patient möglich ist seinen Selbstwert zu stärken und neue Perspektiven zu sehen. Alles Gute Petra31356
Es wiederholt sich in den Antworten ein Fehler, der durchaus Bedeutung hat: Es ist UNRICHTIG, dass der behandelnde Psychotherapeut wärend der Psychotherapie entscheiden würde, ob er ein zudeckendes oder aufdeckendes Verfahren wählt - das kann er in der Regel gar nicht, außer er hat eine Zulassung für mehrere Verfahren. Wenn der Bekannte zu einem Verhaltenstherapeuten geht, wird dieser ihm in der Regel sein Verfahren empfehlen. Geht er zum Psychoanalytiker, gilt das gleiche für ein analytisch begründetes Verfahren. Die Methoden und ihre Vertreter konkurrieren miteinander. Selten kommt es vor, dass ein Patient an einen Kollegen "von der anderen Baustelle" weiterempfohlen wird, das gibt's zwar, aber da muss schon eine klare Indikation für das andere Verfahren vorliegen. Meistens kommen beide große, von den Kassen bezahlte, Methoden infrage. Folgende Fragen sind vielleicht hilfreich: Gibt es WIRKLICH erst Selbstwertprobleme seit dem Arbeitsplatzverlust, oder war das der Auslöser für ein schwelendes, langjähriges Problem? Möchte der Patient auch die tieferen Ursachen aufdecken und verstehen, weshalb ihn ein Arbeitsplatzverlust so sehr in die Krise bringt? Oder möchte er einfach in möglichst kurzer Zeit wieder so "funktionieren", wie vor dem Arbeitsplatzverlust?
Welches oder welche Therapieverfahren zur Anwendung kommen, entscheidet der Psychotherapeut, nachdem er die Anamnese sowie die Diagnose durchgeführt und sich ein Bild vom Pat. gemacht hat.
Je nach Befindlichkeit und der psychischen Belastbarkeit des Pat. können im Laufe der Therapie die Verfahren oder Methoden auch einander auch abwechseln - wie z.B. auch zudeckende und aufdeckende Verfahren.
Zum besseren Verständnis für alle Leser - was damit gemeint ist:
- Zudeckende Psychotherapie: psychagogische, direkte, suggestive, ich-stärkende Verfahren, Hypnose
- Aufdeckende Psychotherapie: vertiefte Erhebung der Vorgeschichte, therapeutisches Gespräch, analytische Kurz- bzw. Fokaltherapie; Psychoanalyse und abgewandelte Verfahren wie Daseinsanalyse, Humanistische Psychotherapie, Logotherapie, Primärtherapie, Schicksalsanalyse usw.
Alles Gute!
Zudecken verschiebt unaufgearbeitet ins Unterbewusstsein, wo es weiter wühlt und irgendwann explodiert.
@mia68
du schreibst "Zu den sog. "zudeckenden" Verfahren gehört z.B. die Verhaltenstherapie; und die kann ja durchaus sinnvoll sein - auch wenn sie nichts "aufdeckt" im eigentlichen Sinne."
Das ist schlicht falsch und irrefuehrend. Eine ordentliche (horizontale und vertikale) Verhaltensanalyse beinhaltet immer die Lerngeschichte und eine ordentliche Verhaltenstherapie beinhaltet immer, dass die inneren Konflikte (Aengste vor ... ) zum Vorschein kommen und bearbeitet werden. Da wird nix zugedeckt.
Im uebrigen und im Sinne der Anfrage ist es sicherlich Aufgabe des Therapeuten ein Vorgehen zu waehlen, dass dem Klienten hilft. Grob gesagt, muss man erst mal gucken, was den beim Klienten fehlt (Skills und / oder dysfunktionale Glaubenssaetze), um zu entscheiden, was in der Therapie zu tun ist. In anderen Worten, man muss erstmal ein Stueck Therapie machen um diese Entscheidungen faellen zu koennen. Das steht nicht apriori fest !
Der Klient sucht sich am besten einen erfahrernen, kassenzugelassenen Therapeuten.
...ganz so simpel is´das dann wiederum auch alles nicht.
Zu den sog. "zudeckenden" Verfahren gehört z.B. die Verhaltenstherapie; und die kann ja durchaus sinnvoll sein - auch wenn sie nichts "aufdeckt" im eigentlichen Sinne.
Und angewandt wird ein "zudeckendes" Verfahren eben immer dann, wenn man davon ausgehen kann, dass ein "Aufdecken" (unbewusster Konflikte) dem Klienten entweder nicht zugemutet werden kann (auch das gibt´s ja durchaus...) oder einfach nicht zwingend notwendig ist.
Drüber hinaus gibt´s immer auch noch ´ne Kombination von beidem, wenn´s so sein soll.
Also - lieber dann doch ´nen Fachmann mal entscheiden lassen, ob, wo und wie was "expoldieren" könnte oder auch nich´...
...sollte an sich sein Problem nicht sein - zumal er mit allem andern doch wohl schon genug zu tun hat. ^^
Soll lediglich sagen: Sofern man denn einen guten Therapeuten gefunden hat (und das wiederum "darf" er sich zur Aufgabe machen, falls es den noch nicht geben sollte...), dürfte man sich schon getrost auch drauf verlassen können, dass der schon weiß, was hilfreich, gut und richtig ist, im Einzelfall.