Privatekrankenversicherung ARAG MedBest?

RHWWW  20.11.2021, 17:55

Hallo,

als Arbeitnehmer oder als Selbstständiger?

Gruß

RHW

IchWeissNich373 
Beitragsersteller
 21.11.2021, 01:20

Selbstständiger

3 Antworten

Hallo,

der Wechsel in die private Krankenversicherung (PKV) ist oft eine lebenslange Entscheidung. Die Kriterien für eine Rückkehr in die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) sind im Laufe der Jahre immer wieder geändert worden (meist erschwert worden). Als Selbständiger kann man nicht zurück in die GKV.

Die Kosten einer Versicherung bestehen immer aus den monatlichen Beiträgen und den nicht versicherten Leistungen.

Entscheidend ist daher nicht, wo es im Moment am günstigsten ist, sondern wie man am besten lebenslang versichert ist. Das heißt, es ist erforderlich alle späteren möglichen Veränderungen mit in den Vergleich einzubeziehen, z.B. "Gründung einer Familie" und Verringerung/Wegfall der Einnahmen.

Auch bei folgenden Änderungen bleibt man in der PKV:

Insolvenz, wesentlich geringere Einnahmen (z.B. Wirtschaftskrise, Corona, Hochwasser, Großbaustelle vor dem Laden), Arbeitslosigkeit, späteres (Zweit-)Studium, Frührente wegen Erwerbsminderung, Altersrentner, Elternzeit/Hausmann, Auszeit wegen Kindererziehung, Scheidung, Todesfall des Ehegatten -> in diesen Fällen sind die PKV-Beiträge ohne Ermäßigung weiterzuzahlen (unabhängig von der Einnahmehöhe).

Man sollte alle gefragten Punkte zum Gesundheitszustand und zu bisherigen Krankheiten/Beschwerden im PKV-Antrag zu 100% korrekt beantworten. Migräne können z.B. auch Hinweise auf schwerwiegende Erkrankungen sein, die erst später erkannt werden. Vielleicht ist dieser Link hilfreich:

https://www.test.de/Versicherungsantrag-Mit-Gesundheitsfragen-optimal-umgehen-4648167-0/

Wer seit Jahren ein "Gesundheitstagebuch" führt, ist im Vorteil. Vergessene Kopfschmerzen, Rückenschmerzen, Husten etc. können fatal sein.

Bei den Leistungen sollte man neben vielen anderen besonders auf folgende Punkte achten:

  • Reha/Kur (z.B. nach Herzinfarkt, Schlaganfall, Krebs, Unfällen ...): Oft gibt es in PKV-Verträgen einen festen Euro-Tagessatz. Was bedeutet das dann in 30, 40 oder 50 Jahren bei der Erstattung eingereichter Rechnungen?
  • Hilfsmittel: Katalog der GKV:

https://www.gkv-spitzenverband.de/krankenversicherung/hilfsmittel/hilfsmittelverzeichnis/hilfsmittelverzeichnis.jsp

Hilfsmittel erreichen schnell 4- und teilweise 5-stellige Beträge.

  • Psychotherapie bei Burnout (Anzahl und Erstattungshöhe); es gibt auch zunehmend Psychotherapeuten, die bevorzugt GKV-Patienten statt PKV-Patienten behandeln.
  • Heilmittel (z.B. Krankengymnastik, Sprachtherapie, Ergotherapie), z.B. nach Schlaganfall -> Leistungsarten und Erstattungshöhe (die Formulierung "in ortsüblicher Höhe" gibt häufig Auseinandersetzungen)
  • Hebammenhilfe

Die Leistungen für spätere Kinder sind in der PKV oft auf die Tarife für die Eltern begrenzt. Hier sind unter dem Suchbegriff "PKV" viele Erfahrungen betroffener Eltern vermerkt:

https://www.rehakids.de/forum21.html

In der PKV werden Leistungen, soweit sie das medizinisch notwendige Maß nicht übersteigen, erstattet. Was notwendig ist, prüft die Versicherung, wenn man Rechnungen einreicht. Der Leistungserbringer hat aber trotzdem einen Anspruch auf Vergütung. Im Übrigen werden - je nach Tarif - oft nur anerkannte Methoden erstattet.

§5 Absatz 2 und § 4 Absatz 6 PKV-Musterbedingungen:

https://www.pkv.de/service/broschueren/musterbedingungen/

Wenn man im Krankheitsfall Probleme mit einem PKV-Unternehmen hat, kann man praktisch nicht mehr wechseln. Jede andere Versicherung wird einen voraussichtlich wegen der Erkrankung ablehnen (oder gravierende Risikozuschläge erheben). In der GKV sind die anderen Krankenkassen verpflichtet, einen aufzunehmen, und man hat ab dem 1. Tag den vollen Leistungsanspruch (ohne Zuschläge).

Vielleicht interessante Links:

https://www.focus.de/finanzen/versicherungen/krankenversicherung/tid-5429/krankenversicherung_aid_52165.html

https://www.bundderversicherten.de/publikationen/broschueren

http://www.pkv-ombudsmann.de/

(unter Tätigkeitsberichte sind häufige Beschwerden von PKV-Versicherten aufgelistet)

Man kann PKV-Experten auch eine Testfrage stellen: "Kann man nach der Selbständigkeit als Arbeitsloser wieder Mitglied in der GKV werden?" Wenn die Antwort "ja" lautet, hat der "Experte" noch den sehr alten Stand von 2008. Bereits seit 2009 gilt folgende Regelung:

www.gesetze-im-internet.de/sgb_5/__5.html-> Absatz 5a

Evtl. ist ein Wechsel zu einer anderen gesetzlichen Krankenkasse sinnvoll.

Wenn die Einnahmen unter 1097 Euro (2021) liegen, gilt der Mindestbeitrag von ca. 200 Euro. Angehörige sind nach den Voraussetzungen von § 10 SGB V kostenlos familienversichert. Die Beiträge werden aus den Einkünften laut Steuerbescheid berechnet (ggf. plus steuerfreie Einnahmen, z.B. Unterhalt vom Ex-Ehegatten)

Bei der Entscheidung Kranken(tage)geldversicherung bei der GKV oder Krankentagegeldversicherung bei der PKV sollte man auch folgende Punkte beachten:

- GKV: Arbeitsunfähigkeit (AU-RL): man kann seine aktuelle Tätigkeit nicht zu 100% ausüben (z.B. nur 6 Stunden statt 8 Stunden täglich) -> es wird das volle Krankengeld gezahlt (ggf. abzüglich der aktuell erzielten Einkünfte)

- PKV: in den Musterbedingungen für Krankentagegeld ist Arbeitsunfähigkeit so definiert, dass man sein Tätigkeit gar nicht ausüben kann. Danach bekommt z.B. ein Architekt, der noch eine Stunde am Tag Schreibarbeiten erledigen kann, kein Krankentagegeld. Also die genaue Definition von Arbeitsunfähigkeit bei dem ggf. ins Auge gefassten Tarif sehr genau durchlesen.

Die GKV-Beiträge werden (ggf. ohne den Krankengeldanteil) in voller Höhe bei der Steuererklärung berücksichtigt. Bei den PKV-Beiträgen wird aber nur ggf. der Anteil für die Basisleistungen steuermindernd berücksichtigt: https://www.lohnsteuer-kompakt.de/texte/2021/106/kranken-_und_pflegeversicherung

Viele gesetzliche Krankenkassen haben noch zusätzliche Wahltarife im Angebot.

Bei Links zu Internetseiten sollte man vorsichtig sein. Oft geht es dabei um die Sammlung von Kontaktdatemn von Interessenten von Privatversicherungen (besonders wenn es es kein Impressum gibt, sollte man skeptisch sein).

Die Entscheidung GKV oder PKV hat vermutlich lebenslange Auswirkungen und sollte daher genauso gründlich wie z.B. ein Hauskauf angegangen werden. Ausführliche Gespräche mit Experten der PKV (Versicherungskaufleute oder Kaufleute für Versicherungen und Finanzen) und Experten der GKV (Sozialversicherungsfachangestellte) sind sinnvoll. Punkte, die für die Entscheidung wesentlich sind, sollte man sich immer schriftlich geben lassen.

Viel Erfolg bei den richtigen Entscheidungen!

Gruß

RHW

Woher ich das weiß:Berufserfahrung
IchWeissNich373 
Beitragsersteller
 22.11.2021, 20:29

Ich bin total schockiert wie Sie hier alles so detalliert und hilfreich erklärt haben. Sie haben mir 10x mehr als PKV-Experten geholfen und mich schlauer gemacht. Danke mehrmals!

RHWWW  22.11.2021, 20:30
@IchWeissNich373

Sehr gern! Danke fürs Feedback!

Wenn noch Fragen auftauchen, einfach melden!

Das besagt gar nichts. Da müsste man dein Alter kennen und deinen Gesundheitszustand.

Aber genau dafür gibt es schließlich Versicherungsmakler, die dir deine optimale Lösung anbieten können.

Hallo, grundsätzlich würde ich eine Versicherung empfehlen, der seine DNA auch in der Krankenversicherung hat wie z.B. die Continentale, HanseMerkur, Signal Iduna (früher Deutscher Ring) oder DKV (Ergo). Am besten noch ein Verein auf Gegenseitigkeit - hier wirst Du ein gutes Preis- und Leistungsverhältnis erhalten und die Beiträge sind langfristig stabil. Für nähere Informationen: www.dpvk.de Private Krankenversicherung oder 0221-4069535 // info@dpvk.de

Woher ich das weiß:Berufserfahrung
IchWeissNich373 
Beitragsersteller
 22.11.2021, 20:31

Was ist DNA bitte?