Bandscheibenvorfall, Kraftsport?
Hallo Leute,
Ich habe mir letztes Jahr im Oktober 2020 beim Kreuzheben einen Bandscheibenvorfall in der LWS zugezogen. Als ich wegen starker Rückenschmerzen zum Arzt ging, wurde ich mit einer falschen Diagnose (die meinten ich hätte einen gleitwirbel) weggeschickt. Da die Schmerzen nicht aufgehört haben habe ich ich im Juni dieses Jahres erneut einen anderen Orthopäden aufgesucht. Nach Auswertung des MRTs kam raus, ich habe einen Bandscheibenvorfall, mir wurde Physiotherapie verschrieben( die nicht sonderlich geholfen hat) und ich wurde ohne große Aufklärung weggeschickt. Da ich nun zeitnah keinen Termin mehr bei einem Arzt bekomme, würde ich mich gerne von euch aufklären lassen falls ihr damit schonmal Erfahrungen gemacht habt oder in diesem Gebiet gelehrt seit. Schmerzen habe ich nur, wenn ich mich nach vorne Beuge( je mehr desto stärker) und manchmal beim sitzen, wenn ich nicht gerade sitze. Ich habe jetzt langsam wieder angefangen, Kraftsport zu betreiben(mit wenig Gewicht und keine horizontale Belastung). Ich bin 21 Jahre alt, 1,78m und wiege 71 KG.
Meine Fragen wären: Ist es möglich, dass die Bandscheibe wieder zurück rutscht oder ich Beschwerden frei leben kann? Wie wirkt sich das auf meine Zukunft aus ? Wie dramatisch ist der BSV? Kann ich jemals wieder mit voller Intensität trainieren gehen ?
ich habe ein Bild des MRTs eingefügt. Ich würde mich über jeden Rat/jede Antwort freuen!
LG
4 Antworten
Hallo Inigo,
bevor jemand diese Fragen, - so gut wie es online möglich ist -, beantworten kann, sind einige Gegenfragen nötig.
Du sprichst von starken Rückenschmerzen, - und sonst nichts? Keinerlei Schmerzen im Pobacken, im hinteren Oberschenkel? Keinerlei Schmerz im äußeren Schienbein? Keinerlei Schwäche (oder gar Lähmung) der Fußhebekraft? Keine unsensiblen Stellen am Fußrücken u. Schienbein? Keine unerklärlichen plötzlich auftretenden Hitzeempfindungen am Unterschenkel? Keine Krampfader, keine Hämorrhoidenbildung? Also ausschließlich Schmerz im untersten Teil der Wirbelsäule?
Eine Deiner Fragen kann ich aber auch so beantworten: Mit wieder zurückflutschen, das wird eher nichts werden. Denn wenn der Faserring einer Bandscheibe erst mal durchbrochen ist, dann wird aus dem Inneren der Bandscheibe die gelartige Füllung durch die gerissene Stelle der Faserhülle gedrückt, die dann mehr oder wenig "unglücklich" auf das Rückenmark (je nach Höhe des Prolaps) und/oder auf die seitlichen Zwischenwirbellöcher drückt. Im Laufe der Zeit sorgen knorpelfressende Zellen (Chondroklasten) dafür, dass dieses hervorgequollene Bandscheibenmaterial beseitigt wird, so dass der Druck auf Nerven/Rückenmark nachlässt. Und mit etwas Glück und guter Pflege der verletzten BS, sprosst der Körper sogar Blutgefäße in diese normalerweise nicht durchblutete Bandscheibe und er bringt so Reparaturmaterial an die defekte Stelle und versucht diesen Defekt zu reparieren.
Zur "guten Pflege" trägt erneuter allgemeiner Kraftsport jetzt ganz sicher nicht bei. Auch nicht bei sehr vorsichtiger Ausführung mit geringer Intensität. Damit wäre eine weitere Frage beantwortet.
Was Du jetzt dringend brauchst ist ein engagierter Orthopäden oder Neurochirurg, der noch etwas Budget frei hat, und Dir "vernünftige" Physiotherapie verordnet. Meine Favoriten in diesen Fällen war immer eine D1-Verordnung und/oder eine Verordnung für Rehasport. Aber da kommt es eben drauf an, wie Du meine o.a. Gegenfragen beantworten kannst.
Dann hast Du ein Riesenglück, dass der aus der BS ausgetretene Gallert offensichtlich keinerlei Nerven drückt, denn sonst müsstes Du eines der beschriebenen Symptome haben.
Dieses riesige Glück solltest Du kei-nes-falls durch Kraftsport strapazieren.
Achtung!: Die Schmerzen, die Du also nur im Rücken verspürst, die kommen nicht vom Bandscheibenprolaps! Denn der Prolaps an sich schmerzt nicht.
Für die Schmerzen sind in aller Regel Muskeln, Bänder und Faszien verantwortlich. Diese Gewebe-Strukturen neigen unter bestimmten Voraussetzungen/ Bedingungen zur Verkrampfung/Verkürzung. Und diese Bedingungen sind überwiegend auf der vorderen Seite des Körpers zu suchen.
Hast Du einen sitzenden Büro/-Job? Hast Du einen Handwerks-Beruf (wie z. B. Uhrmacher, Feinmechaniker) der überwiegend nur auf einer Werkbank und mit gebeugtem Oberkörper ausgeführt wird? Oder bist Du Trucker? Oder hast Du Dich beim Kraftsport primär auf Bauchmuskeln, Pectoralis, usw. konzentriert? Das alles wären denkbare Gründe für Dein Problem auf der Rückseite.
Ich suche Dir jetzt einen Link für ein erklärendes Video heraus, dann brauch ich nicht noch viel mehr zu schreiben. Die Übungsanleitungen führe bitte sehr vorsichtig aus, wenn es dann in ein paar Tagen/Wochen bereits weniger schmerzhaft ist, dann kannst Du auch weitere Übungen des Herrn Liebscher testen, - aber immer vorsichtig!. Gute Besserung
Hallo, Du bist jung und kannst mit Geduld auf Dauer wieder vieles machen!
Aber, die ersten 6 Monate solltest Du wirklich vorsichtig sein, keine Gewichte haben, sondern in erster Linie die kleine Rückenmuskulatur trainieren. Wackelbrett, Schwingstab, kleines Trampolin. Der Bandscheibenvorfall kann sich zurückbilden, indem er austrocknet. Hast Du dann eine gut trainierte kleine Rückenmuskulatur kannst Du wieder vorsichtig mit Krafttraining beginnen. Aber, eine Schwachstelle wird es immer bleiben, also nicht übertreiben.
Hallo Inigo,
so wie du das schilderst hast du keinen Dauerschmerz sondern
nur bei bestimmten Fehlhaltung. Also sollte man davon ausgehen
das es sich eher um eine Protrusion (Vorwölbung) handelt.
Also durch Fehlhaltungen verursacht, was beim Beugen ohnehin
der Fall ist. siehe Abb. rechts
Diese Vorwölbung bedrängt kurzzeitig die aus dem
Wirbelkanal austretenden Nervenbündel.
Das gleiche gilt beim langen Sitzen, da fällt man leicht
in eine ähnliche Fehlhaltung.
Da wären Entspannungspausen gut, denn danach setzt
man sich dann eher korrekt, eine zeitlang wieder ohne
Fehlhaltung hin. Leichte Übungen zwischdurch wären auch
von Nutzen. Gut wären auch Klimmzüge, durch Eigengewicht
werden die Bandscheiben auch tagsüber mal entlastet
und die entsprechenden Muskel stabilisiert.
Übungen die die Wirbelsäule durch Gewichte belasten,
also Kraftsport ist sicher Kontraproduktiv.
Vermeide also Fehlhaltungen, den die beste Therapie hilft
auf Dauer nicht - solange die Ursachen weiter bestehen.
Gute Besserung
Rucklas
Wenngleich ein Bild einer MRT-Untersuchung keine große Aussagekraft hat :
Du hast einen deutlichen Vorfall zwischen LWK5 und S1mit Einengung des Spinalkanals !
Wie dramatisch dieser ist besagen Deine Beschwerden. Mit diesem Vorfall und bestehenden Schmerzen betreibt man keinen Kraftsport !!
Du solltest durch Schonung und weiter Physiotherapie versuche schmerzfrei zu werden. Gelingt dies auf Dauer nicht, wird nur eine Operation Linderung bringen.
Vielen Dank für die Antwort. Ich werde erst einmal abwarten bis ich meinen nächsten Termin wahrnehmen kann bevor ich wieder Kraftsport betreibe.
Hallo Winherby,
zu erst einmal vielen Dank für die ausführliche Antwort. Ich habe ausschließlich Beschwerden beim nach vorne beugen, die deutlich stärker werden je weiter ich mich beuge. Diese habe ich aber auch nur, wenn ich nicht darauf achte, dass meine Wirbelsäule gerade ist. Gleiches gilt auch beim sitzen. Habe ich eine schlechte Haltung, also keine gerade sondern eine etwas runde Haltung, so bekomme ich auch stechende Schmerzen im unteren Rücken, wie sie beschrieben haben. Andere Symptome wie Taubheit oder Schmerzen die bis in den Fuß oder ins Bein ausstrahlen sind bisher noch nicht vorgekommen. Weder im Liegen oder beim laufen habe ich schmerzen. Der Schmerz ist ausschließlich am untersten Teil der Wirbelsäule. Ein gutes Beispiel wann ich Rückenschmerzen bekomme ist zum Beispiel wenn ich mich nach dem Zähneputzen zum Wasserhahn vorbeuge. Akute Schmerzen habe ich nur, wenn ich etwas falsch gehoben habe oder auf meinen Rücken gefallen bin( passierte alles vor der richtigen diagnose)
Der schmerz ist linksseitig auf jeden Fall stärker als rechts.